Lemberger Leiche
geringste Spur von ihr gefunden wurde. Die Öffentlichkeit hatte die Leiche am Lemberg längst vergessen, und im Präsidium erinnerten nur noch die Macken auf dem Tisch im Vernehmungsraum an Frau Kurtz.
In Stuttgart gab es andere Sorgen. Der Streit, ob die Züge künftig unter oder weiterhin über der Erde in den Hauptbahnhof fahren sollten, entzweite Familien, Arbeitskollegen, Vereinsbrüder und Freundschaften. Während im goldenen Oktober in Stuttgarts Talkessel heftiger denn je gegen das Milliardenprojekt Stuttgart 21 demonstriert wurde, begann mit dem gleichen enthusiastischen Einsatz auf dem Lemberg die Weinlese der spät reifenden Sorten.
Als die letzten Trauben eingebracht waren, zog endgültig der Herbst ins Land. Die Weinhänge des Lembergs, die vor ein paar Tagen noch goldgelb ins Tal geleuchtet hatten, lagen braun und wehmütig im Nebel.
Und als das Laub, das die Herbststürme aus dem naturgeschützten Urwald ins Kotzenloch geweht hatte, heruntergesackt war, guckten eines Morgens zwei gegrätschte Beine daraus hervor. Von Weitem sah das aus wie zwei Finger, die zum Siegeszeichen ausgestreckt waren.
Einen Tag später hatte der Wind eine Leiche freigelegt, die kopfüber im Gebüsch hing. Daneben fanden die Spurensucher einen Gefrierbeutel, gut verschlossen, aber von außen verdreckt, als habe er in einem Erdloch gelegen. Der eingeschweißte Inhalt, 5000 Euro in Hunderterscheinen, war unversehrt. Der Leiche hingegen fehlte ziemlich viel Fleisch. Ob das ein großer Hund oder ein Fuchs erledigt hatte, konnte nicht festgestellt werden.
Wenngleich das Gardemaß der Toten auf Brünnhilde Kurtz hinwies, ließ Schmoll zur Sicherheit einen DNA-Abgleich fertigen, der den Verdacht bestätigte.
Das Einzige, was an Brünnhilde Kurtz noch intakt zu sein schien, war ein MP3-Player, der an einem Lederbändchen um ihren Hals hing. Nur einer der kleinen Kopfhörer steckte noch dort, wo er hingehörte. Das andere Ohr fehlte.
Doktor Bockstein bescheinigte: »Seit mindestens zwei Monaten tot. Keine Anzeichen auf Fremdeinwirkung.«
Schmoll schloss den Fall mit drei Sätzen endgültig ab: »Jeden Mörder zieht es an den Ort seiner Tat zurück. In diesem Fall ist Frau Kurtz zurückgekommen, um Geld auszugraben. Ob sie sich freiwillig ins Kotzenloch gestürzt hat oder versehentlich reingerutscht ist, wird ihr letztes Geheimnis bleiben.«
Herzlichen Dank
meinen Testlesern: Jun.-Prof. Dr. Daniela Nicklas; Diplom-Bibliothekarin Gabi Stelter; Flughafenseelsorger Peter Völkel und der vielsprachigen Weltensammlerin Nika Schmalz für konstruktive Kritik, wertvolle Tipps und Ansporn;
Conrad Jelden , Stuttgarter Polizeipräsident i. R. und ausgezeichneter Weinkenner, den mir Rudolf Knoll , Redakteur des Württemberger Weinkulturmagazins, als »persönlichen Berater« zugeteilt hat. Da blieb keine Frage offen;
Britt Reißmann , Krimiautorin und Mitarbeiterin im Polizeipräsidium Stuttgart, die mir meine Rätsel über die Arbeit der Kriminalpolizei gelöst hat;
Simone und Wolfgang Ulmer für schöne Stunden beim Weinblütenfest und ihre Auskünfte über Traditionen des Weinanbaues auf dem Lemberg;
meiner Tochter Katharina , die mich auf Mallorca in Leos Fiat 500 zu allen Orten kutschiert hat, die im Buch vorkommen;
dem Team des Silberburg-Verlages für die gute Zusammenarbeit, besonders Bettina Kimpel für ihr einfühlsames, hilfreiches Lektorat.
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