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Lena Christ - die Glueckssucherin

Lena Christ - die Glueckssucherin

Titel: Lena Christ - die Glueckssucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunna Wendt
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die im Kloster herrschende Bigotterie und verachtet den Opportunismus ihrer Kolleginnen angesichts der Macht der Präfektin. Sie hatte früh erkannt, dass ein Hauptziel der klösterlichen Erziehung darin bestand, die Individualität zu brechen – mithilfe der Einforderung von blindem Gehorsam. Dagegen setzte sie sich erfolgreich zur Wehr, indem sie die Konsequenzen zog und das Kloster verließ.
    Bis zu diesem Zeitpunkt stimmen Romanhandlung und Leben weitgehend überein. Doch die beiden Briefe im Klosterarchiv belegen, dass es ein Nachspiel gab: Sie bat die Frau, unter deren Handlungsweise sie gelitten hatte, anschließend um Zuwendung. Also fühlte sie sich selbst schuldig und hoffte auf Vergebung. Dafür, dass Lena Christ sich später an christlichen Werten orientiert hat, gibt es keine Belege. Zwar blieb sie im katholischen Glauben verwurzelt, doch er bedeutete nicht viel mehr als Brauchtum. In Krisensituationen bot die Kirche keinen Halt und keine Hilfe – weder für sie im Leben noch für ihre Protagonisten in der Literatur.

10
Das Bachstelzerl
    »War mir doch im Kloster die ganze Welt samt ihren Wesen so fremd geworden, dass ich mich nur ganz langsam, wie im Dunkeln tappend, wieder unter den Menschen zurechtfand«, beschreibt Lena Christ ihre Gemütsverfassung nach dem Verlassen des Klosters. Bereits während der Rückreise von Ursberg nach München wurde sie mit dem »öffentlichen und lauten Leben« konfrontiert. Im Zug saßen ihr zwei elegant gekleidete Herren gegenüber und erzählten einander lautstark und provozierend ihre letzten erotischen Abenteuer. Dann wandten sie sich Lena zu und machten sich über ihre offensichtliche Verlegenheit lustig. Doch am anderen Ende des Waggons ging es noch wesentlich derber zu: Soldaten, die gerade auf Urlaub waren, belästigten eine junge Mitreisende. Lena war drauf und dran, sich einzumischen und ihr zu helfen, aber da hatte der Zug schon Augsburg erreicht, wo sie umsteigen musste. Im nächsten Zug setzte sie sich ins Frauenabteil.
    Auf dem Münchner Hauptbahnhof wurde ihr angesichts der Menschenmassen angst und bange, doch Rettung nahte in Gestalt ihres ältesten Bruders, der sie abholte und staunte, wie groß und stark sie geworden sei. Er habe sie beinahe nicht wiedererkannt. Auf dem Heimweg begegneten ihnen weitere Bekannte, die Umgebung wurde immer vertrauter, je näher sie der Gastwirtschaft kamen. Die Stammgäste freuten sich: »Jessas, unser Lenerl ist wieder da! Juhe!« Der Vater gab ihr zur Begrüßung einen Kuss.
    Einzig die Mutter beteiligte sich nicht an dem freundlichen Empfang. Sie bereitete in der Küche das Mittagessen für die Gäste. »Ah, bist scho da, grüß Gott!«, bemerkte sie beiläufig, während sie in einem Topf rührte. »Tu nur glei dein’n Hut und dös Klosterkragerl weg und ziag an Schurz oo, na kannst glei d’Supp’n und ’n Salat für d’Leut hergebn!«
    Mit den Worten »Also begann ich wieder die Wirtsleni zu sein« leitet die Autorin den nächsten Abschnitt ihrer Erinnerungen ein. In der Gastwirtschaft gebe es viel zu tun, erklärte die Mutter den neugierigen Gästen. Es wäre daher eine Schande, »wenn dös Mordsmadl im Kloster rumfaulenzen tät und d’Muatta dahoam fremde Leut zahln müsst für d’Arbeit«. Lena Christ schildert ihren Arbeitsalltag genau: Um fünf Uhr stand sie auf, um halb sieben bereitete sie das Frühstück, dann holte sie die Würste aus dem Schlachthaus, wo ihr Vater schon seit fünf mit dem Zerteilen der geschlachteten Tiere und dem Wurstmachen beschäftigt war. Dann wurden das Bier und die Backwaren im Gasthaus angeliefert.
    Lena erscheint nun zum ersten Mal als junge Frau, die von Männern umworben, ja regelrecht umschwärmt wird. Die Autorin wählt einen amüsiert-bagatellisierenden Ton, um die Bemühungen der Verehrer zu schildern, und lässt sie gleich im Dreierpack auftreten: Drei Bäckerburschen konkurrierten Tag für Tag um die schöne junge Wirtstochter. Alle drei seien leidenschaftlich in sie verliebt gewesen, versichert Lena Christ. Vom ersten erhielt sie täglich einen Blumenstrauß, vom zweiten eine Zuckerbrezel und vom dritten eine Ansichtskarte, die er allerdings nicht mitbrachte, sondern schon am Vorabend bei der Post aufgab. Morgens wartete er immer den Postboten ab und kommentierte die jeweilige Karte: »Heute kriagn S’a Prachtstück von a ra Künstlerkartn!«
    Um acht Uhr bereitete Lena die Schenke vor und zapfte an. Die Mutter kam aus der Wohnung, der Vater aus dem Schlachthaus,

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