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Lenas Tagebuch

Lenas Tagebuch

Titel: Lenas Tagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Muchina
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sprechen, und schlug Lena vor, in der Kantine der Choreografieschule zu essen, aber Lena lehnte ab. Sie verstand nun endlich, dass es die Frau des Inspektors dieser Schule war 125 , dass sie vorübergehend dort wohnten, weil sie ausgebombt waren, dass die ganze Schule evakuiert werde, sobald die Evakuierung beginne, weshalb ihr Mann sicher erfahre, wann sie beginnen werde, und dass am 10. noch keine Evakuierung stattfinde.
    Dann äußerte sie, sie könne es vielleicht mit ihrem Mann so arrangieren, dass Lena mit der Schule eva­kuiert werde, was für sie besser sei. Überhaupt versprach sie sehr viel, sodass Lena von ihr große Hilfe erwar­ten kann.
    Sie verabredeten, dass sie alles, was sie für Lena in Erfahrung bringen oder einrichten könne, Wera sagen werde. Nachdem sie gegangen war, ging Lena ins Geschäft, erhielt für ihre letzte Marke 50 g Zucker und kaufte Brot. Sie kehrte nach Hause zurück, kochte auf dem Ofen auf einem Feuer aus Sperrholz Tee und trank fünf Tassen süßen, heißen Tee mit Brot dazu. Danach begann sie zu lesen, und nun gelang ihr das Lesen, das Buch erschien ihr hochinteressant. Lena las und aß dabei in kleinen Stückchen Brot, das sie in Zucker tunkte. Als das Brot aufgegessen war, aß Lena auch den restlichen Zucker auf und fühlte sich ihrer Zufriedenheit richtig »satt«!
    Lena machte sich nun daran, ihr Kapital zu zählen. Es erwies sich, dass sie 250 Rubel besaß. Lena überlegte, dass sie morgen für das Zimmer für den Monat Mai bezahlen müsse und dass sie bei Sofija vorbeischauen, nach Kefir fragen und, falls möglich, eine Flasche erwerben könne. Danach beschäftigte sie sich noch mit diesem und jenem und erkundigte sich dann nach der Uhrzeit. Lena hatte sich zum zweiten Mal geirrt. Sie hatte geglaubt, dass es mindestens sechs Uhr sein müsste, aber es war noch vor vier.
    Lena war müde, sie beschloss erst, sich schlafen zu legen, entschied aber dann anders. Sie wickelte ihre Beine in eine Decke und begann nachzudenken. Lange schaute sie eine Karte an, studierte die bevorstehende Reiseroute in allen Einzelheiten, dachte darüber nach, wie alles wohl gelingen werde, und dass es wirklich das Beste wäre, mit den Balletttänzerinnen zu fahren. Vielleicht würde sie Gelegenheit haben, Galja Tschernojarowa zu treffen.
    Wenn der Ehemann dieser Frau so eine wichtige Person ist, könnte er Lena so gut unterbringen wie kein anderer. Wahrscheinlich werden ihnen ein oder mehrere spezielle Eisenbahnwaggons zugeteilt, um das Gepäck wird man sich keine Sorgen machen müssen, das Essen wird einfacher zu bekommen sein, und vor allem wird es mehr Spaß machen, zusammen mit Al­ters­genos­sin­nen zu fahren. Die Sorge um das Gepäck und das Essen könnte sonst tatsächlich diese besondere Reise überschatten.
    Lena war froh, als sie begriff, dass es jetzt nur noch eine Frage der Zeit war. Alle anderen Hindernisse lagen hinter ihr, sie war frei wie ein Vogel. Sie war an nichts mehr gebunden, sie hatte keinerlei Verpflichtungen, sie schuldete niemandem etwas.
    Es tut gut zu begreifen, dass man frei ist. Mach den ganzen Tag, was du willst, und warte auf den Tag deiner Abfahrt. Und warten musste sie nicht mehr lange. Auf keinen Fall länger als bis zum 20. Wahrscheinlich bis zum 15. oder 16. Und in diesen letzten Tagen ist sie nicht allein, sie hat Freunde: Wera, Kissa, bei ihnen gehört sie dazu. Nur nicht den Kopf hängen lassen, munter in die Zukunft schauen, und alles wird wunderschön.
    10. Mai 42
    Gestern zog sich Lena um Punkt sieben Uhr abends an, setzte sich in die Straßenbahn und fuhr zu Wera. Lena fand ihre Wohnung ohne Probleme. Dort nahm man sie sehr herzlich auf und ließ sie neben dem Kanonenofen Platz nehmen. Lena gefiel es bei Wera sehr. Wera lebte mit dem alten Onkel Serjoscha und Kissa in einem zweistöckigen Holzhaus in zwei Eckzimmern im Erd­geschoss. Ein Zimmer hat ein Fenster, das andere zwei. Vor den Fenstern wachsen Bäume und Büsche. Das Haus, in dem Wera wohnt, bildet gemeinsam mit weiteren solchen Häusern einen kleinen Hof, durch den ein kleiner Weg führt, an den Seiten befinden sich Rasenflächen mit Bäumen und Büschen. Hier ist es sehr schön, das passt gar nicht zu den Ruinen der steinernen Häuser ringsum. Wera wohnt nämlich ganz nah beim Finnischen Bahnhof. Die Eisenbahngleise befinden sich gleich hinter dem gegenüberliegenden Haus. Deshalb wurde dieser Ort besonders stark von den Bomben getroffen. Sie galten dem Bahnhof und schlugen rings um ihn

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