Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lenke meine Fuesse Herr

Lenke meine Fuesse Herr

Titel: Lenke meine Fuesse Herr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Wittenberg
Vom Netzwerk:
und ein herrliches Schild: „Sei willkommen in der Kirche! Tritt ein, aber mach dein Handy aus! Um mit Gott zu sprechen, brauchst du es nicht und die Gemeinde stört es! Danke für dein Entgegenkommen!“ Herrlich — das sollte man an jeden Kircheneingang hängen! Im „Bruder-Klaus-von-der-Flüe“-Albergue lasse ich meinen Credential abstempeln und noch einmal in der Pilgerberatungsstelle an der Burg. Doch sonst sagt mir Ponferrada nicht viel — vielleicht sollte ich mir auch hier mehr Zeit nehmen — wie überall. Doch langsam habe ich nur noch den Wunsch, endlich nach Santiago zu kommen.
    Der Weg aus der Stadt ist endlos. Es geht entlang weitläufiger Schlackenhalden, dann durch das Gelände eines früheren Sanatoriums — die Architektur erinnert stark an die Bauten der dreißiger Jahre in Deutschland. Eine kleine Kirche in einem Vorort lädt zur Einkehr — bevor ich sie verlasse, singe ich mein Lied und ernte dafür einen dankbaren Händedruck des Priesters. Ich bleibe zur Messe. Weiter durch Gärten und Maisfelder nach Fuentes Nueva.
    Ein hübscher Ort mit malerischen, allerdings oft sehr renovierungsbedürftigen alten Häusern. Ziemlich am Ortsende eine Pinte, der Fliegenvorhang an der Tür ist aus lauter alten Kronkorken zusammengebastelt. Ich bestelle mir ein Bocadillo — dabei macht mir die Wirtin den Unterschied zwischen „bien“ und „bueno“ klar — und ein Bier, und als sie mir das nach draußen bringt, zusammen mit dem Gästebuch, tut sie das mit einem freundlichen „Bitte sehr!“ Tja, die Frau ist Deutschschweizerin und mit einem Einheimischen verheiratet. Und ich hatte mir solche Mühe gegeben mit meinem spanischen Gestopsel! Ich blättere ein bisschen im Gästebuch, und als ich aufblicke, wer kommt da die Straße herunter? Angelika! Sie hat alle Polster, die die Blasen entlasten sollten, abgemacht, nur Pflaster drüber, jetzt stimmt die Geometrie ihrer Füße wieder und sie kann fast schmerzfrei laufen!
    Der krummbeinige Deutsche aus El Acebo kommt, doch als wir aufbrechen, möchte er noch ein bisschen bleiben. Angelika und ich gehen nun wie selbstverständlich zusammen weiter. Es ist heiß, wir haben ja auch schon ein ganzes Stück hinter uns — endlich Camponayara. Vor der Glasfabrik am Ortsausgang steht ein Riesenlaster aus dem Landkreis Ansbach mit laufendem Motor — der Fahrer scheint in der Pforte zu sein, aber da hat er heute Pech: In Spanien ist Feiertag — St. Jakobus, der Nationalheilige! Da hat man wohl in seiner Brauerei nicht dran gedacht, als man ihn losschickte!
    Über die Autobahn, den Berg hinauf durch Weinberge, ein Wäldchen, wieder Weinberge — drei nur minimal bekleidete Französinnen überholen uns auf Fahrrädern und ich stimme Angelika zu, dass zumindest zwei von denen heute Abend einen grausamen Sonnenbrand haben werden, sie sind jetzt schon feuerrot! Wir überholen sie wieder, als sie am Wegrand Birnen klauen — das ist schon kurz vor Cacabelos und wir sehnen uns nach dem Albergue!
    Es geht endlos durch den Ort. Endlich die alte Abtei am Fluss: Hier ist das Refugio. Entlang der alten Klostermauern hat man Doppelkabinen aufgeschlagen, im Hof große Tische und Bänke: eine wunderschöne Herberge! Wir beziehen eine Kabine, duschen, waschen Wäsche und haben keine Lust mehr, irgendwohin essen zu gehen. So begnügen wir uns mit dem, was die Automaten hier hergeben, und jeder verbringt den Abend für sich mit schreiben oder telefonieren — um halb elf liege ich im Bett und kriege es kaum mit, als meine Zimmergenossin kommt.

Dienstag, 26. Juli 2005
Cacabelos – O Cebreiro 37 km

    Halb sechs geht Angelikas Wecker, um sechs verabschiede ich mich endgültig von ihr und marschiere die nächtliche Straße entlang Richtung Villafranca del Bierzo. Der Weg führt meist parallel zur Straße die Felder entlang, in Pieros fülle ich meine Wasserflaschen, was ich vorhin vergessen habe. Beim Hellwerden erreiche ich Villafranca. Eine trutzige Burg bewacht den Ortseingang. Ich folge dem Camino durch die Wohnsiedlung — ein Riesenhund im Vorgarten seiner Familie regt sich lauthals und endlos über meine Stöcke auf. Am Rande der Altstadt trennen sich Rad- und Fußweg: Für Fußgänger geht es die Treppen hinab, der Radweg folgt dem weiten Bogen der Straße. Zwei Engländerinnen fragen mich nach dem Weg und können sich gar nicht beruhigen über den Lavendel und die Federn, die echte und die silberne Jakobsmuschel an meinem Hut, das Santiagokreuz an meiner Brusttasche und das

Weitere Kostenlose Bücher