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Lennox 01 - Lennox

Titel: Lennox 01 - Lennox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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schob mich behutsam an das Ende. Diesmal sah ich kein Abflussrohr und keinen Vorsprung an der Wand, den ich als Tritt benutzen konnte. Ich drehte dem Fenster den Rücken zu, blieb regungslos stehen und hoffte, dass niemand dem Fenster Beachtung schenkte. Ich hörte Stimmen in der Toilette. Dann war es wieder still.
    Ich blickte hinunter auf den Parkplatz. Es wurde schon dunkel, aber ich erkannte die Polizeiautos und einen Transporter. Noch immer wimmelten ein paar Wetter hin und her. Ich spürte, wie es mir im Magen wieder hochstieg. Diesmal kam es vom Anblick einer Gestalt, die an dem Transporter lehnte und rauchte. Sie trug eine Fahrerschirmmütze mit dem karierten Band der Glasgower Polizei darum.
    Sieh nicht hoch, flehte ich stumm. Was immer du tust, sieh nicht hoch.
    Ich wusste, dass die Polizei bald mit ihren Gefangenen herauskäme; dann würde sich die Gefahr, dass man mich entdeckte, zur Beinahe-Gewissheit steigern. Da ich für einen Fensterputzer zu gut gekleidet war, beschloss ich, wieder in den Waschraum zurückzuklettern. Ich bewegte mich so leise ich konnte und glitt durch das Fenster hinein. Noch immer hörte ich aus dem großen Raum Stimmen, aber nachdem die Toilette nun überprüft worden war, käme wohl niemand ein zweites Mal nachsehen.
    Nicht so clever, Lennox: Zwar war mein Versteck schon überprüft worden, aber es blieb nichtsdestotrotz eine Toilette. Ich schaffte es gerade noch, mich hinter die Tür zu quetschen, als sie aufschwang und eine große Gestalt in Uniform hereinkam und zur Toilettenkabine ging. Sie stellte sich mit dem Rücken zu mir hin und knöpfte eindeutig den Hosenschlitz auf. Ein Mann ist am verwundbarsten, wenn er gerade sein Ding in der Hand hat, und ich wusste, was ich zu tun hatte. Er durfte mich nicht sehen, und ich durfte nicht festgenommen werden. Innerlich fluchend zog ich den Totschläger aus der Tasche und knallte ihn dem Bullen auf den Hinterkopf. Er taumelte nach vorn, stützte sich jedoch mit einer Hand an der Wand ab. Er war nicht bewusstlos. Ich schlug noch einmal zu, fester, und versuchte nicht daran zu denken, dass man mir den Hals langziehen würde, wenn ich einen Polizisten tötete. Der Mann ging zu Boden. Sein Gesicht knallte auf die Klosettschüssel und bespritzte sie mit Blut.
    Es war leise vonstatten gegangen. Unsauber, aber leise. Doch auch leise genug? Ich stand stocksteif da und horchte, ob jemand kam. Nichts. Ich trat hinaus auf den Gang. Die Tür am Ende stand offen, der Raum war leer. Der Bulle, den ich ins Reich der Träume geschickt hatte, hatte offensichtlich nur austreten wollen. Aber man würde ihn vermissen.
    Ich durchquerte rasch den Raum und ging zur Treppe. Ich vergewisserte mich, dass der letzte Polizist unten zur Tür hinausging; dann rannte ich leise die Stufen hinunter und beobachtete durch einen Spalt in der Tür, wie die Bullen die Drei Könige und deren Leibwächter in den Transporter verfrachteten. Die Tablette, die ich genommen hatte, wirkte nun, und ich war wieder in der Welt des Technicolor. Ich sah mehrere Gesichter voller Blut, das im Flutlicht des Stadions glänzte. Die Lampen versprühten grelle Funken in die Finsternis.
    Eine kleine Zuschauermenge hatte sich auf dem Parkplatz zusammengeschart und beobachtete das Geschehen. Als sich eine Gruppe aus der Menge löste und am Eingang vorbeizog, schlüpfte ich hinaus, schloss mich ihr an und ging mit ihr auf die Rennbahn.
    Ich schaute mir drei Rennen an, ehe ich es wagte, auf den Parkplatz zurückzukehren. Als ich dort ankam, waren die Polizeifahrzeuge verschwunden. Ich nahm an, der fehlende Kollege wurde noch nicht vermisst. Ich suchte mir ein Münztelefon, machte einen nachdrücklichen Anruf bei Greasy George und sagte ihm, er solle seinen Bentley und seinen Hintern in Bewegung setzen. Dann ging ich zu meinem Atlantic und fuhr weg. Ich wusste, wenn der Polizist mit dem Gesicht in der Kloschüssel zu sich kam oder entdeckt wurde, bekämen die Drei Könige eine Sonderbehandlung, damit sie ausspuckten, wer im Waschraum gewesen war. Ich wusste aber, dass sie mich nicht verraten würden. Nicht aus einem Kameradschaftsgefühl oder aus Loyalität, sondern weil ich ihre einzige Hoffnung war, heil aus dem Schlamassel herauszukommen.
    Schöne Hoffnung, dachte ich, als ich im Innenspiegel mein Gesicht betrachtete.

30
     
    Ich habe mich immer als raffinierten Hund betrachtet. Wenn man Verstand hat, wird man leicht selbstgefällig. Im Allgemeinen hielt ich mich für einen Menschen, der auf

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