Lennox 02 - Lennox Rückkehr
Danke, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben, Lennox. Das nächste Mal gehen die Drinks auf mich«, sagte er mit seinem gewohnten gutmütigen Grinsen. Es lag an diesem Grinsen, dass ich nicht sagen konnte, wieso sein letzter Satz für mich wie eine Drohung klang.
***
Zehn Minuten, nachdem sie gegangen waren, klopfte es wieder an der Tür. Als ich öffnete, stand Fiona White vor mir. Sie trug ein blassrosa Hemdblusenkostüm mit umgelegten Manschetten und eine missbilligende Miene. Das Ensemble war mir mittlerweile vertraut.
»Bitte kommen Sie herein, Mrs. White«, sagte ich, obwohl ich wusste, dass sie ablehnen würde. Sie betrat niemals meine Wohnung. Ihre hellgrünen Augen glänzten kalt, aber ich bemerkte, dass sie Lippenstift aufgetragen hatte.
»Mr. Lennox, ich habe Ihnen gesagt, was ich davon halte, wenn die Polizei bei mir klingelt. Nach Ihrer letzten Verhaftung ...«
Ich bremste sie mit erhobener Hand, als regelte ich den Verkehr. »Sie haben recht, Mrs. White. Einer der Herren, die mich besucht haben, ist tatsächlich Polizist. Aber Sie haben bestimmt auch bemerkt, dass der andere Mann Amerikaner war. Er ist in dem gleichen Beruf tätig wie ich.« Ich machte eine kurze Pause, damit diese beeindruckende Tatsache einsickerte: Ich war auf der internationalen Bühne tätig. Ich blickte erwartungsvoll in ihr Gesicht: Sie zeigte sich kein bisschen beeindruckt. »Die Männer waren nicht hier, um mich festzunehmen oder zu verhören, Mrs. White. Sie kamen als Kollegen, um bei einem Fall meine Meinung einzuholen. Und was den letzten Vorfall betrifft – ich dachte, die Sache wäre geklärt. Es war ein Missverständnis, zu dessen Klärung Sie selbst entscheidend beigetragen haben.«
Sie blickte mich kalt an. Ich wünschte mir von Herzen, ich könnte sie erwärmen, den letzten schwachen Funken von Weiblichkeit in ihr finden und ihn anhauchen, bis er wieder aufloderte. Und ich glaube, das wusste sie.
»Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihr Geschäft nicht von diesem Haus aus führten.«
»Detective Inspector Ferguson ist ein Freund von mir, Mrs. White. Seine Besuche bei mir sind ebenso privater wie beruflicher Natur. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, ist es nicht meine Gewohnheit, Gäste hierher zu bringen, gleich welcher Art.« Das war die Wahrheit. Ich brachte nie Frauen mit ins Haus, und ich hatte getan, was ich konnte, um es von meinem restlichen Leben getrennt zu halten. Fast war es eine Zuflucht. Ich seufzte. »Bitte kommen Sie herein und setzen Sie sich, Mrs. White. Ich würde gern ein paar Dinge mit Ihnen bereden.«
»So?« Etwas noch Kälteres, Härteres fiel vor ihren Augen herunter wie ein Rollladen.
Ich mischte ein wenig Ungeduld in mein Lächeln und wies auf das Sofa. Fiona White gelang es irgendwie, ihr Nachgeben randvoll mit Unwillen zu übergießen, als sie an mir vorbeistolzierte. Sie setzte sich nicht aufs Sofa, sondern in den Sessel. Dann hockte sie in einer kerzengeraden, steifschultrigen Haltung auf der Kante, die keinerlei Behagen ausdrückte, nur Ungeduld.
»Was möchten Sie mit mir besprechen?«
»Ich wohne hier nun schon zwei Jahre, Mrs. White, und ich habe regelmäßig und pünktlich die Miete bezahlt, auch die sechs Monate im vergangenen Jahr, die ich außer Landes war. Ich mache keinen Lärm, betrinke mich nicht bis zur Besinnungslosigkeit, und singe am frühen Morgen keine Loblieder auf das schöne Irland. Ich bringe auch keine jungen Damen mit und zeige ihnen meine Briefmarkensammlung. Alles in allem betrachte ich mich als Idealbild des angenehmen Mieters.«
Fiona White sah mich schweigend an und bot mir unverändert ihren steinharten Widerstand. Wenn ich erwartet hatte, dass sie meinen Leumund als Mieter bestätigte, wurde ich enttäuscht.
»Ich habe den Eindruck, dass Sie mit mir als Mieter nicht zufrieden sind«, fuhr ich fort. »Wäre es Ihnen lieber, Sie hätten mich nicht als Mieter ins Haus geholt? Wenn das so ist, Mrs. White, dann sagen Sie es mir, und ich betrachte es als Kündigung.«
»Ob Sie bleiben oder nicht, ist allein Ihre Entscheidung, Mr. Lennox«, erwiderte sie, und hinter dem Eis zeigte sich ein Hauch von Feuer. »Ich weiß wirklich nicht, was Sie von mir hören möchten. Mir kommt es eher so vor, als wären Sie mit mir als Vermieterin unzufrieden. Wenn mein Verhalten Sie kränkt, entschuldige ich mich dafür. Sollte das der Fall sein, steht es Ihnen selbstverständlich frei zu gehen.«
»Ich möchte nicht gehen, Mrs. White, aber ich möchte ungezwungen
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