Lennox 02 - Lennox Rückkehr
über den Weg gelaufen?«
»Nicht dass ich wüsste. Kann sein. Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts und so ’ne Scheiße. Ich stempel denen doch nicht ihre beschissenen Versicherungskarten. Wie auch immer, dieser ganze Scheiß hat einen Scheiß mit der ganzen Scheiße zu tun. Haben Sie irgendwas über Bobby Kirkcaldy?«
Ich schwieg einen Augenblick, um mir den Ausdrucksreichtum des Englischen, wie es nur im britischen Mutterland gesprochen wurde, auf der Zunge zergehen zu lassen.
»Nein. Ich habe den Tag damit verbracht, mich bei Buchmachern umzuhören, wer gegen Bobby wettet.«
»Sagen die Ihnen denn so was?«, fragte Sneddon.
»Ich habe Ihren Namen benutzt. Hat aber nichts gebracht. Niemand scheint von irgendwelchen großen Wetten zu wissen.«
»Das heißt einen Scheiß«, sagte Sneddon. »Die richtig großen Wetten laufen nicht über diese beschissenen Straßenläden. Reden Sie mit Polen-Tony.«
»Grabowski?«, fragte ich, doch der Apparat forderte mich auf, mehr Geld in das Münztelefon zu stecken. Gleichzeitig fiel mir ein, dass man vorsichtig sein sollte mit dem, was man von einer öffentlichen Fernsprechzelle aus sagte. Ich schob zwei Dreipencestücke nach und drückte die A-Taste.
»Grabowski?«, fragte ich noch einmal. »Ich dachte, Tony hätte das Buchmachen genauso aufgegeben wie das Türenöffnen.«
»Von wegen. Er hat zwar genug verdient, um sich zur Ruhe zu setzen, aber er nimmt noch immer die eine oder andere Wette an. Wenn irgendjemand in der Stadt eine große Summe setzt, dann weiß es Polen-Tony.«
»Ich kümmere mich darum. Kann ich Twinkletoes weiter Kirkcaldys Haus bewachen lassen? Mein Mann kommt am frühen Abend.«
»Denke schon. War’s das?«
»Nein, da wäre noch etwas ...« Ich war mir nicht sicher, ob ich meinen Verdacht aussprechen sollte, aber ich fand, dass Sneddon als mein Klient das Recht hatte zu erfahren, was mir durch den Kopf ging.
»Was denn?«
»Vielleicht muss man sich darüber Gedanken machen, vielleicht auch nicht. Sie erinnern sich, wie ich Sie nach einem John Largo gefragt habe?«
»Ja. Was ist mit ihm?«
»Ich bekam gestern Abend Besuch von jemandem, den ich bei der Polizei kenne. Dieser Jemand brachte jemanden mit, einen Yank, der behauptet, Privatdetektiv aus Vermont zu sein.«
»Und?«
»Wenn der Bursche ein Privatdetektiv war, bin ich Grace Kelly. Er sagt der Polizei, wo es langgeht, nicht umgekehrt.«
»Warum erzählen Sie das mir?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, ob es für irgendwen wichtig ist, aber es bedeutet zweierlei: Irgendeine einflussreiche amerikanische Strafermittlungsbehörde ist in der Stadt – und wer immer John Largo ist, er ist ein großer, ein sehr großer Fisch. Und Glasgow ist ein kleiner Teich. Ihr Teich.«
»Ich verstehe. Gut, ich höre mich um. Haben Sie es Cohen und Murphy schon gesagt?«
»Nein, das mache ich noch. Und ich würde nicht allzu laut herumfragen. Was mir das eingebracht hat, wissen Sie: die Aufmerksamkeit von Elliot Ness.«
***
Nachdem ich aufgelegt hatte, fuhr ich ins East End, überquerte den Fluss und hielt mich südlich in allgemeiner Richtung von Cathcart und Newton Mearns.
An Glasgow und Schottland war eine Menge, das mich juckte wie Nesselfieber, aber die Schotten hatten auch vieles an sich, was ich mochte. Eine ihrer versöhnlichsten Eigenschaften war die Art und Weise, wie sie unterschiedliche Schattierungen des Schottentums akzeptierten. So wie es möglich war, sich irisch-amerikanisch zu nennen, gab es innerhalb Schottlands Identitäten, die einzigartig waren, aber trotzdem als Teil der schottischen Identität aufgefasst wurden: italo-schottisch oder jüdisch-schottisch, die Variante, die das absolut einzigartige kulturelle Phänomen des Bar-Mitzwa-Ceilidhs hervorgebracht hatte, wo Kippa-und-Kilt-Zwang herrschte. Nach Ende des Krieges war eine neue kaledonische Zucht entstanden: die polnischen Schotten.
Polen-Tony Grabowski war einer der Tausende polnischer Soldaten gewesen, die an der Seite der British Army oder am Himmel über England gekämpft hatten. Viele waren bei der Verteidigung eines Landes gefallen, das sie nur wenige Monate gekannt hatten. Die große Mehrheit der polnischen Streitkräfte auf den Britischen Inseln war in Schottland stationiert gewesen. Ich hatte ein Faible für die Polen: die 1. Polnische Panzerdivision war der 1. Kanadischen Armee unterstellt gewesen, und ich hatte sie im Kampf erlebt. Seitdem habe ich mich immer sehr glücklich geschätzt, auf der
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