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Lennox 03 - Der dunkle Schlaf

Lennox 03 - Der dunkle Schlaf

Titel: Lennox 03 - Der dunkle Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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die Hand. Danach sind Sie zwei Riesen reicher.«
    »Und Willie Sneddon spielt nicht mit?«
    »Soll ich Ihnen was sagen? Sneddon hat schon immer am meisten zu verlieren gehabt. Aber er gibt einen Scheiß drauf. Er ist zu sehr beschäftigt, von der Scheißhandelskammer zum Geschäftsmann des Monats ernannt zu werden.«
    Wenn irgendeine Stadt so eine Handelskammer hätte, müsste es Glasgow sein, überlegte ich.
    Ich zuckte mit den Achseln. »Mir soll’s recht sein, den Kerl zu identifizieren, egal, wer er ist, aber ich glaube nicht, dass ich auch nur auf eine Meile an ihn drankomme.« Ich hielt kurz inne.
    »Was ist?«, fragte Cohen.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein … nichts. Nur hatte ich am Morgen, nachdem ich angefangen hatte, mich nach Strachan umzuhören, im Nebel einen kurzen Zusammenstoß mit einem harten Burschen und einer Achtunddreißiger. Und der Kerl war gut. Ein Profi. Er wollte mich davon abbringen, Strachans Verschwinden weiter zu untersuchen.«
    »Und wieso kann es nicht Strachans Junge gewesen sein?«
    »Wegen des Alters. Ich meine, möglich wäre es, aber dann wäre er zurzeit der Raubüberfälle erst siebzehn oder achtzehn gewesen. Ein bisschen zu viel Junge. Besonders dann, wenn er als Vollstrecker gearbeitet hat.«
    »Als ich achtzehn war, konnte ich jeden Scheißer fertigmachen, der mir in die Quere kam.« Aus Murphys Stimme sprach der Stolz.
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte ich. »Aber ich weiß es nicht – mir kommt es vor, als könnte es nicht sein.«
    »Aber Sie sagen, der Kerl wollte Ihnen Angst einjagen, damit Sie die Strachan-Sache fallen lassen?«, fragte Cohen.
    Ich überlegte einen Augenblick. Mit dem Alter ist es so eine Sache. Ich hatte den Kerl nicht sehr gut erkennen können. Vielleicht war er fünf Jahre älter, als ich dachte. Oder drei. Das hätte gereicht.
    »Ich sage Ihnen etwas«, verkündete ich. »Wenn er ›Der Junge‹ ist, serviere ich Ihnen mit dem größten Vergnügen seinen Kopf auf dem Silbertablett.« Dann fügte ich, nur um der Klarheit willen, hinzu: »Aber die zweitausend nehme ich trotzdem.«

9
    Wer Glasgow als Stadt der Paradoxe bezeichnet, schreckt wahrscheinlich auch nicht davor zurück, den Nordpol ›kühl‹ zu nennen. Wohin man auch blickte, in dieser Stadt schien alles sich selbst und außerdem noch allem anderen zu widersprechen. Sie war eine wimmelnde, dicht bevölkerte, qualmende, laute, grelle Industriestadt, aber fuhr man fünfzehn Minuten lang in egal welche Richtung, sah man sich in weite, leere Landschaften aus Moor, Berg und Tal versetzt. Glasgow wurde von seinen Bewohnern definiert, die Bewohner hingegen von der Stadt, und dennoch wich in nur so kurzer Entfernung die Glasgower Identität einem ganz anderen Schottentum. In der Richtung, in die Archie und ich fuhren, nahm es immer mehr eine Highland-Identität an.
    Der Landsitz, auf dem Dunbar arbeitete, war abgelegen und weit und umfasste Berge, Weiden und etliche Lochs voller Lachse. Ich genoss es immer, die Stadt zu verlassen und in diese Landschaft zu kommen, und fuhr oft am Ufer von Loch Lomond entlang und hielt dann und wann an, um irgendwo am Wasser einen Tee zu trinken. Ja, auch ich hatte meine nachdenklichen Momente, wenn ich untreuen Gattinnen und Gatten nachschnüffelte, Leute zusammenschlug oder mit Gangstern über alte Zeiten plauderte.
    Während ich fuhr, dachte ich über mein Treffen mit dem Schönen Jonny und Hammer Murphy nach. Ehe ich gegangen war, hatte ich Murphy nach der kurzen Episode seines Lebens gefragt, in der er mit Gentleman Joe Strachan zusammengearbeitet hatte. Viel hatte er mir nicht sagen können, aber wenn er »Scheiße«, »Arsch« und alle sinnverwandten Wörter weggelassen hätte, wäre er mit der halben Zeit ausgekommen. Das Bild, das Murphy zeichnete, zeigte einen Joe Strachan, den Murphy weder damals noch heute begriff, als existierte er auf einer völlig anderen Ebene des Verbrechens. Murphy hatte Strachan ein paar Mal zugearbeitet, aber was er für ihn tat, stand immer in Zusammenhang mit etwas anderem, wovon Murphy nichts wusste, so als wäre er angewiesen worden, die Ecke einer Leinwand zu bemalen, ohne je das gesamte Gemälde zu Gesicht zu bekommen. Dieser Vergleich stammt natürlich von mir. Murphy hatte es beschrieben als »im Scheißdunkel gehalten zu werden und keinen Scheiß darüber zu wissen, was für eine Scheiße da los war«.
    Archie und ich mussten an mehreren abgelegenen Tankstellen und Postämtern halten, ehe wir den Weg zur

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