Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)
Neckereien, mit denen er sie immer wieder zum Lachen brachte.
»Dieses Brot bringt Ihr ihnen?«, fragte er grinsend am ersten Morgen, als sie zurückkam. »Das werden sie nicht essen. Niemand isst es!«
Sie runzelte die Stirn. »Sie werden es essen, weil es so salzig ist. Pferde mögen Salz.« Sie hielt ihnen das Brot hin, in jeder Hand ein Stück. Die beiden Percherons schnüffelten daran, dann nahmen sie – erstaunlich sanft für so große Tiere – ihr das Brot aus der Hand und kauten es, wobei sie so ausgiebig mit dem Kopf nickten und so erstaunt aussahen, dass Lenobia und Martin gemeinsam loslachten.
»Ihr hattet recht, ma belle !«, rief er. »Eine Dame wie Ihr, woher weiß sie, was Pferde mögen?«
»Mein Vater hat viele Pferde. Ich habe dir schon gesagt, dass ich sie mag. Also war ich oft im Stall«, wich sie aus.
»Und votre père , er hatte nichts dagegen, dass seine Tochter im Stall ist?«
»Mein Vater hat sich nicht darum gekümmert, wo ich war.« Wenigstens das stimmte, dachte sie. »Und du? Woher kennst du dich mit Pferden aus?«, lenkte sie die Unterhaltung in eine andere Richtung.
»Von der Plantage. Rillieux. Bei Nouvelle-Orléans.«
»Ja, du sagtest schon, dass so der Mann heißt, der die Pferde gekauft hat. Monsieur Rillieux muss dir sehr vertrauen, wenn er dich den ganzen Weg nach Frankreich und zurück schickt, um zwei Pferde zu kaufen.«
»Sollte mir vertrauen. Ist mein Vater.«
»Dein Vater? Aber – ich dachte –« Sie fand keine Worte mehr. Ihre Wangen wurden heiß.
»Du dachtest, weil ich braune Haut habe, kann mein père nicht weiß sein?«
Lenobia hatte den Eindruck, dass er eher amüsiert als gekränkt klang, daher wagte sie auszusprechen, was sie dachte. »Nein, ich wusste schon, dass einer deiner Eltern weiß sein muss. Der Commodore hat dich als Mulatten bezeichnet, und deine Haut ist nicht eigentlich braun. Eher hellbraun. Wie Sahne mit ein ganz klein bisschen Schokolade darin.« Bei sich dachte sie: Seine Haut ist viel schöner, als gewöhnliche weiße Haut jemals sein könnte , und wieder flammten ihre Wangen auf.
Martin lächelte sie an. »Quarteron, ma belle.«
»Quarteron?«
» Oui , das bin ich. Meine Maman war Rillieux’ erste placée . War Mulattin.«
» Placée? Ich verstehe nicht.«
»Eine plaçage , das ist, wenn reiche weiße Männer eine mariage de la main gauche mit farbigen Frauen haben.«
»Eine Ehe zur linken Hand?«
»Das heißt, ist nicht gültig vor dem Gesetz, aber gültig in Nouvelle-Orléans. Das war meine Maman, aber ist bald nach meiner Geburt gestorben. Rillieux hat mich behalten und von seinen Sklaven aufziehen lassen.« »Bist du ein Sklave?«
»Nein. Kreole. Freier Farbiger. Ich arbeite für Rillieux.« Als Lenobia ihn wortlos anstarrte und zu erfassen versuchte, was sie soeben erfahren hatte, lächelte er wieder. »Wenn Ihr schon hier seid, könnt Ihr mir helfen, die Pferde striegeln, oder zurück in Zimmer gehen wie anständige Dame.«
Lenobia hob das Kinn. »Ich bin hier, und ich bleibe. Ich helfe dir.«
Die nächste Stunde verging wie im Fluge. Die Percherons boten eine Menge Striegelfläche. Lenobia arbeitete geschäftig an Martins Seite, wobei sie ihre Unterhaltung auf Pferde und die Vor- und Nachteile des Kupierens von Schweifen beschränkten. Doch die ganze Zeit konnte sie an nichts anderes denken als an plaçages und mariages de la main gauche .
Erst als sie gehen musste, brachte sie den Mut auf, Martin die Frage zu stellen, die ihr im Kopf herumgegangen war. »Diese plaçages – haben die Frauen dabei die Wahl, oder müssen sie den nehmen, der sie will?«
»Gibt viele verschiedene Leute, ma belle , und viele Arten von arrangements , aber bei allen, die ich kenne, ist meistens Liebe und freie Wahl dabei.«
»Gut«, sagte sie. »Das freut mich für sie.«
Martin sah ihr in die Augen. »Ihr hattet keine Wahl, nicht, ma belle ?«
»Ich tat, was meine Mutter wollte«, sagte sie wahrheitsgemäß, verließ den Frachtraum und nahm den Geruch nach Pferden und die Erinnerung an olivgrüne Augen mit in den langen, quälenden Tag.
Was als Zufall begonnen hatte, wurde zur Gewohnheit, und etwas, wovon sie sich einredete, sie tue es nur der Pferde wegen, wurde zu ihrem größten Vergnügen – zu etwas, ohne das sie die nicht enden wollende Reise niemals überstanden hätte. Sie konnte es nicht erwarten, Martin zu sehen – zu hören, was er zu sagen hatte –, mit ihm über ihre Träume und selbst ihre Ängste zu
Weitere Kostenlose Bücher