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Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)

Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)

Titel: Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast , Kristin Cast
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holte sie tief Luft. »Martin, ich muss dich etwas fragen.«
    »Was, ma belle ?«, antwortete er abwesend, während er die Bürsten und Lumpen zusammenklaubte, die sie zum Putzen der Pferde benutzten.
    »Du hast mir all diese Geschichten erzählt, von Frauen wie deiner Maman – farbigen Frauen, die als placée mit einem weißen Mann als Mann und Frau leben. Aber was ist mit farbigen Männern, die mit weißen Frauen zusammen sind? Gibt es plaçage auch bei Männern?«
    Er blickte sie an, wie sie da in dem Verschlag stand, und sie sah seine Überraschung und dann die Belustigung und wusste, jetzt würde er sie auslachen. Doch dann sah er ihr genauer in die Augen, und aus seiner heiteren Antwort wurde Ernst. Seine breiten Schultern schienen nach vorn zu sacken, und seine Stimme klang müde. »Nein, ma belle . Kein plaçage für Männer. Einziger Weg, wie farbiger Mann mit weißer Frau zusammen sein kann, ist, er verlässt Nouvelle-France und gibt sich als weiß aus.«
    »Gibt sich als weiß aus?« Lenobia stockte der Atem vor Kühnheit. »Du meinst, du müsstest behaupten, du wärst ein Weißer?«
    » Oui , aber nicht ich, ma belle .« Er streckte den Arm aus, der lang und muskulös und in dem Morgenlicht, das vom Deck herabsickerte, eher bronzefarben als braun war. »Zu dunkle Haut. Und außerdem, ich glaube nicht, dass ich mehr – oder weniger – sein will, als ich bin. Non, ma belle. Ist gut so, wie es ist.« Noch hielten ihre Blicke einander fest, und Lenobia versuchte, ihm auf stumme Art mitzuteilen, was sie sich zu wünschen begann – was sie zu ersehnen begann.
    »Da zieht Sturm auf in Euren grauen Augen, ma belle . Lasst ihn gehen, den Sturm. Ihr seid stark. Aber nicht stark genug. Ihr könnt nicht ändern, was die Welt denkt … oder glaubt.«
    Lenobia antwortete erst, als sie die kleine halbhohe Tür geöffnet und den improvisierten Stall verlassen hatte. Sie trat zu Martin, glättete ihren Rock, sah ihm in die Augen und fragte so leise, dass es fast nur ein Flüstern war: »Nicht einmal die Neue Welt?«
    » Ma belle , haben wir nie davon gesprochen, aber ich weiß, Ihr seid eine fille à la cassette . Ihr seid einem großen Herrn versprochen. Nicht, ma belle ?«
    »Doch. Thinton de Silègne heißt er. Ein Name ohne Gesicht – ohne Körper – ohne Herz.«
    »Ein Name mit Land, ma belle . Ich kenne Namen und Land. Seine Plantage, Houmas, ist wie Paradies.«
    »Ich will kein Paradies, Martin. Ich will nur d-«
    »Non!« Er legte ihr einen Finger auf die Lippen. »Sagt es nicht. Mein Herz, es ist stark, aber nicht so stark, dass es gegen Eure Worte kämpfen kann.«
    Lenobia nahm seine Hand von ihren Lippen und umschloss sie mit der ihren. Sie war warm und rau, als gäbe es nichts, was er damit nicht bekämpfen oder beschützen könnte. »Ich bitte dein Herz nur zuzuhören.«
    »Oh, ma belle . Mein Herz, es hat deine Worte schon gehört. Dein Herz hat sie ihm gesagt. Aber mehr geht nicht – nur stille Worte in unseren Herzen.«
    »Aber … ich will mehr.«
    » Oui, ma chérie , ich auch. Aber geht nicht. Geht nicht für uns, Cécile.«
    Es war das erste Mal, dass er sie bei ihren morgendlichen Treffen bei diesem Namen nannte. Der Klang erschreckte sie so sehr, dass sie seine Hand losließ und einen Schritt zurücktrat.
    Er glaubt, ich sei Cécile, die legitime Tochter eines Herzogs. Soll ich es ihm sagen? Würde es einen Unterschied machen? »Ich – ich sollte gehen.« Die Erkenntnis, aus welch widerstreitenden Ebenen ihr Leben bestand, verwirrte sie so, dass sie über die Worte stolperte. Sie machte sich auf den Weg zum Hauptausgang. Hinter ihr sagte Martin: »Du kommst nicht wieder, ma belle .«
    Lenobia wandte den Kopf und sah ihn an. »Meinst du damit, du willst nicht, dass ich wiederkomme?«
    »Diese Lüge könnte mein Mund niemals sagen.«
    Lenobia stieß einen langen, zitternden Seufzer der Erleichterung aus. »Dann war es also eine Frage. Meine Antwort ist: Doch. Ich werde morgen wieder hier sein. Bei Sonnenaufgang. Es hat sich nichts geändert.«
    Während sie weiterging, hörte sie seine Stimme hinter sich im Frachtraum widerhallen. »Es hat sich geändert. Alles, ma chérie … «
    Ihre Gedanken schwirrten. Hatte sich wirklich alles geändert?
    Ja. Martin hat gesagt, sein Herz habe meine Worte gehört. Was bedeutet das? Sie stieg die enge Treppe hinauf und betrat den Gang, der an den Mannschaftsquartieren und dem Zugang zum Deck vorbei zu den Kabinen der weiblichen Passagiere führte.

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