Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)
ma chérie . Ich werde kommen und dich holen.« Lenobia klammerte sich an seine Hand, solange sie es wagte, dann nahm sie die der Nonne. Sie sah ihn nicht noch einmal an. Sie versuchte nur, ihren Husten zu unterdrücken und sich unter die Schar der Mädchen zu mischen.
Als alle auf dem sicheren Ufer standen, neigte die Äbtissin den Kopf leicht vor dem Bischof und dem Commodore. » Merci beaucoup , dass Ihr mir meine Schäfchen unversehrt übergeben habt. Von hier an werde ich sie unter meinen Schutz nehmen und in Kürze wohlbehütet an ihre Ehemänner übergeben.«
»Nicht alle von ihnen.« Die Stimme des Bischofs war so scharf wie eine Peitschenschnur, doch die Äbtissin hob kaum eine Augenbraue. »Doch, Euer Exzellenz, alle. Der Commodore hat mich bereits über den unglücklichen Irrtum informiert, was die Identität eines der Mädchen angeht. Doch das bedeutet nicht, dass ich auch nur einen Deut weniger für sie verantwortlich wäre – es bedeutet nur einen anderen Ehemann.«
Es gelang Lenobia nicht, das nächste rasselnde Husten zu ersticken. Der Bischof musterte sie durchdringend, sagte jedoch in mildem, liebenswürdigem Ton mit einer Miene, die weder Zorn noch Drohung verriet – nur Besorgnis: »Ich fürchte, die Sünden ihrer Mutter sind nicht das Einzige, was das gestrauchelte Kind mit sich herumträgt. Seid Ihr sicher, dass Ihr ihre Krankheit in Eurem Konvent haben wollt?«
Die Äbtissin trat neben Lenobia, musterte sie genau, hob ihr Kinn an und sah ihr in die Augen. Lenobia versuchte sie anzulächeln, fühlte sich jedoch zu krank, zu überwältigt von der Situation. Und sie bemühte sich verzweifelt, aber erfolglos, den Husten zu bändigen. Die Nonne strich ihr das feuchte silberblonde Haar aus der Stirn. »Die Reise war gewiss eine schwere Zeit für dich, nicht wahr?« Dann drehte sie sich zum Bischof um. »Und was soll ich Eurer Meinung nach tun, Euer Exzellenz? Ihr die christliche Nächstenliebe verweigern und sie auf dem Kai stehen lassen?«
Lenobia sah, wie in seinen Augen Zorn aufflammte, doch er bezähmte ihn. »Natürlich nicht, Hochwürdige Frau Äbtissin. Natürlich nicht. Ich bin nur um den Konvent als Ganzes bemüht.«
»Das ist sehr freundlich von Euch, Euer Exzellenz. Da der Commodore auf sein Schiff zurückkehren muss, würde ich es sehr schätzen, wenn Ihr Euch weiter um uns bemüht zeigtet, indem Ihr uns zum Konvent begleitet. Ich würde gern behaupten, die Straßen unserer schönen Stadt seien völlig sicher, doch wäre das nicht ganz aufrichtig von mir.«
Der Bischof neigte den Kopf. »Es wäre mir eine große Ehre, Euch zu begleiten.«
» Merci beaucoup , Euer Exzellenz.« Die Äbtissin winkte den Mädchen. »Kommt, Kinder. Allons-y. «
Lenobia versuchte, sich in der Mitte der kleinen Schar zu halten, dennoch fühlte sie den Blick des Bischofs auf sich haften – beobachtend, verlangend. Sie hätte sich gern nach Martin umgesehen, hatte aber Angst, Aufmerksamkeit auf diesen zu lenken. Während sie den Kai verließen, hörte sie das Geräusch der eintauchenden Ruder und wusste, dass er auf dem Rückweg zur Minerva sein musste.
Bitte komm bald, Martin! Bitte! , sandte sie ein stummes Gebet in die Nacht. Und dann konzentrierte sie sich mit ganzer Kraft darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen und zwischen den Hustenanfällen noch Luft zu bekommen.
Die Wanderung zum Konvent wurde zu etwas Unwirklichem, das seltsam an die Kutschfahrt vom Château nach Le Havre erinnerte. Nebel gab es zwar keinen, dafür die Dunkelheit sowie Geräusche, Anblicke und Gerüche, die erstaunlich vertraut schienen – französische Satzfetzen, von wunderschön filigranen schmiedeeisernen Gittern gesäumte Balkone, dahinter in den Fenstern fließende Vorhänge und blitzende Kronleuchter – dazwischen der ungewohnte Klang der englischen Sprache, gesprochen in einem Singsang, der sie an Martins melodischen Akzent erinnerte. Unter den Geruch fremder Gewürze und schwerer Erde mischte sich der süße, heimelige Duft frisch ausgebackener Beignets.
Mit jedem Schritt fühlte Lenobia sich schwächer.
»Lenobia, komm doch, bleib bei uns!«
Sie blinzelte den Schweiß aus den Augen und sah, dass Simonette hinter der Gruppe stehen geblieben war, um auf sie zu warten.
Wie bin ich nur so weit zurückgefallen? Sie versuchte, sich zu beeilen, die anderen einzuholen, doch etwas geriet zwischen ihre Beine – etwas Kleines, Pelziges –, und sie stolperte und wäre fast auf das Kopfsteinpflaster
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