Lensmen 10 - Z-Lensmen
Entsetzen den schmalen Drachenkopf. »Sie gelten als Teufel, der vor nichts zurückschreckt, der ein scharfes Auge und gute Körperbeherrschung besitzt. Und da können Sie nicht mal ein paar Meter gehen, um ein bißchen mit einem alten Freund zu plaudern? Die Stange ist doch breit genug, daß ein Elefant mit geschlossenen Augen darauf langgehen könnte! Wovor haben Sie Angst? Meinen Sie nicht, daß ich losbrausen und Sie auffangen würde, ehe Sie in den Büschen landen? Trauen Sie dem alten Worsel nicht mehr?«
Der Velantier hatte die schmalen Zehen um die Sitzstange gekrallt und stützte sich mit seinem drei Meter langen, scharfen Schwanz am anderen Ende zusätzlich ab. Den Kopf hatte er am Ende des langen Halses keck auf die Seite gelegt. Ein halbes Dutzend Augen, auf ihren Stengeln ausgefahren, schauten vorwiegend auf das Gesicht des Menschen.
Normalerweise kannte Cloudd keine Angst; aber die ungeheure Tiefe, die wenige Schritte vor ihm begann, machte seinem Magen zu schaffen. Er war zum erstenmal auf Velantia III und fühlte sich verunsichert durch das ungewöhnlich unbeständige Licht, den schweren Moschusgeruch und die abwechselnd heißen und kalten Winde. Und daß er nicht mehr der tollkühne, Gefahren nicht achtende Draufgänger seiner Jugend war, gab er selbst offen zu.
Das Gebäude, auf dessen Dach Cloudd stand, bildete den Mittelpunkt des Worsel-Instituts. Der Tellurier hatte mit einer Ansammlung beeindruckender Bauten gerechnet, wahrscheinlich aus Stein und Dureum, Anlagen mit hohen, gewölbten Türen und Fenstern, die für die riesigen reptilienhaften Velantier besonders geeignet waren. Die Labors hatte er sich als blinkende weiße Säle vorgestellt, angefüllt mit den neuesten technischen Geräten, die ein vernünftiges Arbeiten ermöglichten. Und überall Velantier, viele in langen weißen Kitteln, die an den dünnen Körpern schlotterten, um die schimmernden Schuppen zu schützen – um vielleicht aber auch zu verhindern, daß das Öl dieser Schuppen an die Geräte kam.
Zu seiner Überraschung war das Worsel-Institut aber ganz anders. Die Gebäude entpuppten sich als Ansammlung hoher Zylinder, nach einem obskuren Muster aufgestellt, um die Luftströmungen oder Böen zu verstärken. Durch die Mitte jedes Zylinders führte ein Versorgungskern mit einem Frachtfahrstuhl. Alle sechs Meter säumte ein Balkon das Bauwerk. Von jedem Rand ragte eine halbkreisförmige Plattform vor, die gegenüber den darunter- und darüberliegenden Vorsprüngen um fünf Grad verschoben war. Auf diese Weise hatte sich eine Wendeltreppe aus Plattformen gebildet, die wie ein Korkenzieher zwischen den Ebenen aussah.
Jedes Stockwerk enthielt eine Abteilung und war nach außen hin offen, abgegrenzt nur durch ein etwa dreißig Zentimeter hohes Geländer. So vermochten die Velantier bei widrigem Wetter stets unter einem Dachschutz im Kreis aufwärts zu fliegen. Ein rundes Dach bildete den Abschluß – wie ein Regenschirm oder die Kappe eines Pilzes.
Cloudd vermochte zahlreiche Velantier auszumachen, die dort draußen auf und nieder flogen und ab und zu auch zwischen den Gebäuden hin und her sirrten. Das Arrangement erschien ihm wirkungsvoll, gesund und angenehm fürs Auge. Für einen Erdenmenschen war es zudem besonders gefährlich.
Worsel hatte die obersten fünf Stockwerke des höchsten Turms mit Beschlag belegt, die Etagen 159 bis 164. Dort fand die Konferenz statt, die Strategiediskussion des Bevollmächtigten Subkomitees des Galaktischen Rates, angeführt von Präsident Haynes und den vier Lens-Trägern Zweiter Ordnung. Worsel war derzeit Vorsitzender und unterhielt sich persönlich mit den Lens-Trägern Chon, Kallatra und Yadsue und ihrem derzeitigen velantischen Stab und konsultierte auf gleichberechtigter Ebene durch die Lens Kinnison, Tregonsee und Nadreck. Nadreck hätte sich im Worsel-Institut in einen der speziellen Z-Räume zurückziehen oder in seiner Atmokapsel an der Konferenz teilnehmen können. Der speziell für ihn gestaltete Anzug glich eher einem tragbaren Miniaturraum und war sogar mit einem Labor ausgestattet. Nadreck aber blieb lieber an Bord des palainianischen Super-Zerstörers, wo es für ihn gemütlicher war, und nahm an den stündlichen Lens-Lens-Kontakten teil.
Während Cloudd noch immer gegen den natürlichen Impuls ankämpfte, noch weiter vom Abgrund zurückzutreten, huschte ein kleines Pelzwesen über die Tragstange, stieg über Worsels muskulösen Schenkel und hängte sich an den Ledergurt
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