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Lenz, Siegfried

Lenz, Siegfried

Titel: Lenz, Siegfried Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Exerzierplatz
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schwebten Federchen zu Boden. Auf einmal stoben sie davon; auf den Warnruf einer Meise stoben sie alle davon, und als ich den Blick hob, erkannte ich auch schon Duus. Komm mal her, Bruno, sagte er und schlenkerte mit unserem Kanister.
    Weil ich gleich alles zugab, mußte ich ihn zum Revier begleiten, wir blieben nur einmal unterwegs stehen, auf dem Platz, vor der Brandstelle, er zeigte auf das von Wasser und Asche geschwärzte Pflaster und auf die angekohlten Strünke und schüttelte den Kopf, gesagt hat er nichts. Außer Duus war noch ein zweiter Polizist auf dem Revier, der setzte sich an eine Schreibmaschine und sah mich immer nur bedauernd an, mitunter riskierte er es auch, mir zuzulächeln, ich weiß nicht, warum. Ich nahm alles auf mich. Als ich gefragt wurde, ob ich es war, der eine Fuhre junger Bäume abgeladen und in Brand gesetzt hätte, sagte ich ja. Als ich gefragt wurde, ob ich alles allein getan hätte, sagte ich ja. Als ich gefragt wurde, ob ich wüßte, daß das, was ich getan hätte, gesetzwidrig sei, sagte ich ja. Und als ich gefragt wurde, warum ich diese Tat begangen hatte, sagte ich: wegen der Verfügung, nach der Verfügung sollte unser ganzer Eichenbestand vernichtet werden.
    Das sagte ich, aber ich merkte schon, daß Duus mir nicht glaubte; mehrmals wollte er wissen, ob ich wirklich allein und wirklich ohne Auftrag, ob denn Herr Zeller nichts davon, und wie ich unbemerkt mit dem Traktor, und woher ich das Benzin – an seinen Fragen erkannte ich bereits, daß er nicht zufrieden war mit meinem Geständnis. Als ich vorschlug, das Ganze noch einmal zu machen, ihnen alles vorzuführen, da lachte der junge Polizist auf, Duus aber sah mich ernst an und fragte, ob ich mir überhaupt im klaren darüber sei, welche Folgen mein Feuer hätte haben können, durch Funkenflug und so weiter, worauf ich ihm sagte, daß es bei lebendem Holz und feuchtem Blattwerk keinen Funkenflug gibt, oder doch nur wenig, wenn der Stoß schon niedergebrannt ist. Solch eine Antwort mochte er gar nicht hören, er wurde ziemlich streng mit mir und drohte mir eine Strafe an, da bekam ich es auf einmal mit der Angst und versicherte ihm, daß ich alles zum ersten und zum letzten Mal getan hatte. Dann flüsterten die beiden, ohne mich aus den Augen zu lassen, und meine Angst wuchs.
    Den Chef erkannte ich schon an seinen Schritten, er klopfte nur einmal und riß auch gleich die Tür auf, einen Augenblick stand er an der Schwelle und schnaufte vom schnellen Gang, dann nickte er den Polizisten einen Gruß zu und kam herein und sagte: Hier bist du, Bruno. Erstaunt war er nicht. Wie Duus sich da beeilte, den Chef wegzuziehen und ihm leise Erklärungen zu geben, mir den Rücken zukehrend, ließ er ihn auch das Papier lesen und sagte auf Zwischenfragen nur: Gewiß, Herr Zeller, ist uns bekannt, Herr Zeller – das jedenfalls bekam ich mit. Und wie Duus gleich zustimmte, als der Chef ihn auf die Festung bestellte: Sagen wir um zwei, Herr Duus, ich stehe Ihnen dann zur Verfügung. Mir plinkerte er so zu, daß keiner es sehen konnte, und so, daß jeder es hören konnte, forderte er mich barsch auf, mitzukommen; er sagte: Es gibt viel zu tun, und das war schon alles, und wir gingen nebeneinander hinaus und stiegen draußen in den Geländewagen. Viel hätte nicht gefehlt, und der Chef hätte einen der Arbeiter angefahren, die mit Harken und Besen den gepflasterten Platz säuberten und uns nur gereizt nachguckten, nachdem wir einfach über den Brandfleck gerollt waren.
    Mitten in den Obstquartieren, auf einem Arbeitsweg hielt er plötzlich, und ich dachte, daß er mir eine Anweisung geben werde, doch er blickte nur geradeaus, und nach einer Weile, nie würde ich es vergessen, sagte er unvermutet: Danke, Bruno. Und fuhr wieder an. Und summte vor sich hin. Und schien selbstgewiß und einverstanden mit sich und redete in die Luft: Weißt du, Bruno, ich fühl mich einfach besser, es wird nicht billig abgehen, aber ich fühle mich sehr viel besser; ich hoffe nur, daß es dir genauso geht. Und dann zwinkerte er mir zu, und ich spürte nichts als den Wunsch, für immer mit ihm zusammenzubleiben.

Sie hat geweint, bestimmt hat Dorothea ein wenig geweint. Na, Bruno? Schneller als du kann hier wohl keiner topfen; das sagt sie und nickt mir zu mit ihrer alten Freundlichkeit und kommt ganz dicht an mich heran, um mir zuzusehen. Sie trägt etwas, sie drückt da etwas gegen den Körper, als wollte sie es wärmen, aber ich darf nicht hingucken, und fragen

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