Leon, Der Slalomdribbler
wie am Schnürchen durch unsere Reihen hindurch. Wir konnten es gar nicht fassen, da waren wir schon bei ,Sieben‘ und ,Acht‘.
Da zog sich Willi zurück. Er sagte nichts mehr und setzte sich auf die Wiese. Doch seine Augen leuchteten, so begeistert war er von unserem Spiel.
Wir schafften die ,Neun‘ und die ,Zehn‘ und spielten trotzdem noch weiter. Socke rannte vergeblich zwischen uns her. Schließlich jaulte er vor Wut auf und bei ,Siebzehn‘ gab er sich letztendlich geschlagen. Er stand hechelnd vor uns, bellte noch einmal, lief winselnd zum Baum mit der Leine, legte sich dort auf den Bauch und versteckte seine Augen so lange beschämt unter den Pfoten, bis ich ihn angeleint hatte. Für diesen Tag hatte Socke vom Fußball wirklich genug. Wir aber liefen zusammen, umarmten uns, umarmten dann Willi und bildeten zum ersten Mal unseren Kreis.
Willi zählte bis drei, und zum ersten Mal und ohne vorher darüber zu reden, schrieen wir das, was ab jetzt unser Schlachtruf sein sollte. Alle zusammen schrien wir einfach nur: „RRRAAAAAA!”
Doch als der Schlachtruf verhallt war, antwortete ihm ein spöttisches „Wuff!”
Wir schreckten herum. So hatte Socke noch niemals gebellt. So bellte höchstens der Dicke Michi, und der kam jetzt auch auf uns zu. Unwillkürlich wichen wir ein Stück zurück, bis wir erkannten, dass wir längst umstellt waren. Von allen Seiten sahen wir sie auf uns zukommen: Fettauge, Mähdrescher, Dampfwalze, Krake, Sense und Kong.
Socke knurrte die Mistkerle an. Er klang wie ein Wolf und das so überzeugend und wild, dass selbst der Dicke Michi nervös wurde. Mindestens dreimal schaute er nach, ob Socke wirklich angeleint war. Erst dann bellte er wieder sein „Wuff!” und blieb vor Willi stehen.
„So trainiert man also als Profi! Wow ...”
Willi wurde verlegen.
„Ich verstehe. Dabei hab ich fast schon gedacht, dass das hier ’ne Hundeschule ist.”
Auf sein Kommando lachten die Mistkerle um uns herum. Der Dicke Michi ließ Willi stehen und kam auf uns zu.
„Hat er euch nur solche Tricks beigebracht? Ich meine so abgefahrene, die man nur unter Profis so kennt?“
Wir wurden alle stinksauer.
„Na und!“, zischte ich. „Was geht dich das denn an?“
„Mich?“, fragte der Dicke Michi und hob seine Arme, als wär er die Unschuld vom Lande. „Oh, mich geht das gar nichts an.”
„Und? Wieso biste dann hier?“, zischte ich. „Haste dich verlaufen?“
„Hoho und hoppla!”, lachte der Dicke Michi. „Du bist der mutige Zwerg, hab ich Recht?”
Er beugte sich über mich, sein rasselnder Atem ließ mich ersticken und seine Kohleaugen glühten Löcher in mein Gesicht.
„Aber keine Angst, Liliput. Heute tu ich dir nichts. Heute mein ich’s echt gut mit euch. Immerhin haben wir morgen ein Match und das soll doch so richtig gut werden, hab ich nicht Recht?“
„Worauf du Gift nehmen kannst!”, zischte ich.
„Genau. Ganz genau!”, hauchte der Dicke Michi mir ins Gesicht, dass ich fast kotzen musste. Dann wurde seine Stimme wieder ganz laut.
„Und aus diesem Grund bin ich hier. Ihr müsst nämlich wissen, dass euer ,Weißbier-Willi‘ da nie ein Profi gewesen ist. Oder behauptest du, dass ich lüg, Hinkefuß?“
Die Frage war an Willi gerichtet, doch der schwieg und schaute stattdessen nervös und verlegen zu uns.
„Los, sag es ihm!”, rief ich ihm zu.
„Sag ihm, dass er lügt!”, forderte Fabi.
„Du hast es uns allen gesagt!”, flehte Marlon. Und Juli machte ihm Mut: „Du bist doch der beste Trainer der Welt!”
Doch Willi schaute beschämt auf den Boden
„Seht ihr, was hab ich gesagt?”, tönte der Dicke Michi. „Der Hinkefuß lügt. Er hat euch einen Bären aufgebunden und – oh, wie tut mir das Leid! – Ihr habt euch zehn Tage umsonst gequält! Oder seh ich etwa aus wie ein Hund?“
Wieder lachten die Mistkerle auf sein Kommando.
„Wuff! Wuff!”, bellte Michi und er lachte dabei so laut, dass die Speckschwarten unter seinem Darth-Vader-T-Shirt einen Tanzwettbewerb aufführten.
„Wuff! Wuff!”, bellte er noch einmal. „Gegen was für Tiere habt ihr denn sonst noch Fußball gespielt? Gegen die Grillen im Wald und gegen die Kaulquappen hier in den Pfützen? Oh, verflucht! Ich lach mich gleich tot. Quak, quak quak!”
Der Dicke Michi und seine Unbesiegbaren Sieger schüttelten sich vor Lachen, und uns blieb nichts anderes übrig, als das zu ertragen. Endlich berappelte sich der Dicke Michi wieder und wischte sich die Tränen aus seinem
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