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Léonide (German Edition)

Léonide (German Edition)

Titel: Léonide (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Schaefer
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mich. Als er meinen Blick bemerkt, stößt er sich vom Türrahmen ab und kommt herüber.
    »Ich mag Chopins Nocturnes «, sagt er, ehe er mit einem iron i schen Lächeln hinzufügt: »Sie sind gut bei Melancholie.«
    »Sind sie oft melancholisch?«, gebe ich zurück und stehe auf. Vor meinem inneren Auge erscheint ein Bild von Frédéric, der an mir vorbei ins Feuer blickt, tänzelnde Flammen in den A u gen.
    Ich habe gehofft, Frédéric aus der Reserve locken zu kö n nen, doch sein feines Lächeln bleibt bestehen. Offenbar ist er nicht in der Stimmung, sich von mir die Laune verderben zu lassen – ganz im Gegensatz zum gestrigen Tag. Warum , frage ich mich, habe ich es überhaupt darauf angelegt?
    »Hätten Sie Lust, einen Spaziergang zu machen?«, fragt Frédéric. »Ich wollte gerade gehen, um mir die Burg Beaucaire anzusehen.«
    Er streckt mir seinen Arm entgegen, und nach einem kurzen Augenblick des Zögerns hake ich mich bei ihm unter und wir verlassen das Haus in Richtung Château .
     
    »Sie sind heute so schweigsam. Warum?«
    Frédéric hat die Stufen zur Burg Beaucaire bereits erklo m men und wartet oben auf mich.
    Tatsächlich haben wir den Spaziergang zur Burg hauptsäc h lich schweigend zugebracht, doch den Grund dafür kann ich Frédéric nicht nennen. Wie auch? Ich verstehe ja selbst nicht, was in mir vorgeht – meine Gedanken sind wirr und unz u sammenhängend und ermüden mich. Früher hat es mir geho l fen, allein zu sein, wenn ich durcheinander war, doch nun ist es sinnlos, denn wenn ich mich in mich selbst zurückziehe, werde ich erst recht von meinen Gefühlen überwältigt.
    »Léonide, hören Sie mir überhaupt zu? Woran denken Sie?«
    Frédéric nimmt meine Hand und führt mich den Weg hi n auf. Ich gebe vor, auf meine Schritte achten zu mü s sen, sodass mir die Antwort auf seine Frage erspart bleibt. Ich bin noch nie gut im Lügen gewesen und auch nicht in Diplomatie.
    »Es ist wegen gestern Abend, nicht wahr?«, sagt Frédéric plötzlich.
    Ich nicke langsam.
    »Es tut mir leid, dass ich die Fassung verloren habe … und auch alles andere.«
    Was er mit ›allem anderen‹ meint, wird wohl sein Geheimnis bleiben.
    »Das muss es nicht. Ich war es, die Sie provoziert hat, dabei hatte ich keinen Grund dazu – außer vielleicht Enttäuschung.«
    Ein kleines Lächeln schleicht sich in Frédérics Miene. »Sie waren enttäuscht? Warum?«
    »Weil Sie mir nicht ohne Weiteres geglaubt haben. Sie haben Ihren eigenen Kopf, lassen sich das Denken nicht abnehmen.« Wie gesagt, ich bin unfähig, zu lügen oder diplomatisch zu sein.
    »Genauso wenig wie Sie Sturkopf«, erwidert Frédéric. »N a hezu jedes Hilfsangebot erscheint Ihnen als persönliche Bele i digung, und Sie reagieren empfindlich, wenn man sich Sorgen um Sie macht.«
    »Ich kann auf mich selbst aufpassen.« Ich stolpere beinahe über eine aus dem Boden ragende Wurzel. »Das ist nicht die Aufgabe eines Mannes.«
    Frédérics Mund formt wieder jenes selbstgefällige Grinsen, das mir noch so fremd ist. »Was ist denn Ihrer Meinung nach die Aufgabe eines Mannes?«
    Mir schießt das Blut in den Kopf, doch ich halte seinem Blick stand. »Ich weiß nichts von Männern und Ihren Aufg a ben.«
    Er lacht. »Entschuldigung, ich wollte mich nicht über Sie lu s tig machen.«
    Wollten Sie sehr wohl, Ihrem Grinsen nach zu urteilen. »Warum kann man als Frau kein selbstbestimmtes Leben führen?«, fr a ge ich, mehr an mich als an ihn gewandt. »Warum ist man überall von Männern umgeben, die sich in Dinge einm i schen, die Sie nichts angehen?«
    Frédérics Miene wird wieder ernster. »Sie sprechen nicht mehr von mir, oder?«
    Ich antworte nicht.
    »Wissen Sie«, sagt er, »Sie haben r echt . Warum sollte eine Frau nicht ein selbstbestimmtes Leben fü h ren dürfen wie ein Mann? Sie müssen Geduld haben. Sobald Sie Ihr Elter n haus verlassen haben, werden Sie leben können, wie Sie es sich vo r stellen.«
    Ich schüttle den Kopf. »Dazu müsste ich heiraten. Mich e i nem Mann unterordnen. Was sollte daran besser sein?«
    Frédéric streicht mit dem Daumen über meine Hand. »Wäre es so schrecklich, zu heiraten? Wenn Sie diesen J e mand lieben würden, meine ich?«
    Ich kaue auf meiner Unterlippe. »Diesen Jemand gibt es nicht. Ich werde in der Obhut meines Vaters bleiben und das Leben leben, das er sich für mich vorstellt.«
    Frédéric stößt den Atem aus, sagt aber nichts, nun wieder von Schweigsamkeit ergriffen. Als sich unsere Blicke tre f

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