Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
wir raus und machen einen Ausflug. Du und ich.« Plötzlich schien der Mann gute Laune zu haben. Er hielt einen Pass in der Hand. Seinen Pass. Mit der anderen Hand umklammerte er die Zange aus dem Werkzeugkoffer.
    »Mach den Mund auf.«
    Er schluckte. Mein Gott, erbarme dich.
    »Den Mund auf, habe ich gesagt!«
    »Gnade. Ich schwöre, ich habe alles gesagt …« Er bekam kein Wort mehr heraus, denn die Hand hatte sich um seinen Hals gelegt und stoppte jegliche Luftzufuhr. Eine Weile kämpfte er dagegen an. Dann öffnete er den Mund.
KAPITEL 57
    Donner
    B jörn Holm und Beate Lonn standen vor der großen Stahlbank im Labor und starrten auf die marineblaue Skihose im grellen Licht der Lampe. »Das da ist definitiv ein Spermafleck«, sagte Beate.
    »Eher ein Spermastreifen«, sagte Björn Holm. »Guck mal auf den Gummizug.«
    »Zu wenig für eine Ejakulation. Sieht nach einem erigierten, feuchten Penis aus, der sich am Hinterteil desjenigen gerieben hat, der die Hose anhatte. Hast du nicht gesagt, Bruun wäre homosexuell?«
    »Ja, aber er sagt, er hätte die Hose nicht mehr angehabt, seit er sie Adele geliehen hatte.«
    »Dann würde ich sagen, dass wir es mit Spermaspuren zu tun haben, die typisch für eine Vergewaltigung sind. Ab damit zur DNA-Analyse, Björn.«
    »Einverstanden. Was hältst du davon?« Holm zeigte auf die blaue Krankenhaushose, auf der unter den Gesäßtaschen zwei verriebene Flecken zu erkennen waren.
    »Was ist das?«
    »Das ist beim Waschen nicht rausgegangen. Ich habe es schon überprüft. Das ist ein auf Nonylphenol basierender Stoff, auch PSG genannt. Wird unter anderem in Autopflegemitteln verwendet.«
    »Sie hat offenbar darauf gesessen.«
    »Nicht nur gesessen, das Zeug ist tief in die Fasern eingedrungen, als hätte sie es regelrecht eingerieben. Fest. So.« Er schwang die Hüfte vor und zurück. »Ah ja. Eine Vermutung, wobei?«
    Sie nahm ihre Brille ab und sah Holm an, während sein Mund verschiedene Anläufe machte, die Worte zu formen, die sein Gehirn auswarf und genauso schnell wieder verwarf. »Trocken nibbeln?«, fragte Beate. »Ja«, sagte Holm erleichtert.
    »Ah ja. Und wo und bei welcher Gelegenheit hockt eine Frau, die nicht im Krankenhaus arbeitet, in Krankenhausklamotten und rubbelt sich einen auf PSG ab?«
    »Einfach«, sagte Björn Holm. »Bei einem nächtlichen Stelldichein in einer stillgelegten PSG-Fabrik.«
    Als die Wolken aufrissen, badete alles in einem blauen, magischen Licht, in dem selbst die Schatten phosphoreszierten, ein gefroren wie auf einem Stillleben.
    Kolkka hatte sich hingelegt, aber Harry ging davon aus, dass der Finne mit offenen Augen und hellwachen Sinnen auf seinem Bett lag.
    Kaja saß mit aufgestütztem Kinn vor dem Fenster und schaute nach draußen. Sie hatte ihren weißen Rollkragenpullover angezogen, da sie sich darauf geeinigt hatten, den Ofen und Kamin ausgehen zu lassen, weil es womöglich verdächtig aussah, wenn der Schornstein vierundzwanzig Stunden rauchte, wenn sich nur zwei Personen in der Hütte aufhielten.
    »Falls du den Sternenhimmel über Hongkong vermisst, solltest du jetzt mal rausgucken«, sagte Kaja.
    »Ich kann mich an keinen Sternenhimmel erinnern«, sagte Harry und zündete sich eine Zigarette an. »Gibt es nichts, was du an Hongkong vermisst?«
    »Li Yuans Glasnudeln«, sagte Harry. »Jeden Tag.«
    »Bist du in mich verliebt?« Sie hatte die Stimme nur leicht gedämpft und sah ihn aufmerksam an, während sie die Haare mit einem Gummiband zusammenfasste. Harry spürte nach. »Jetzt nicht.«
    Sie lachte und sah ihn überrascht an. »Nicht? Was heißt das?«
    »Dass dieser Teil von mir abgeschaltet ist, solange wir in der Hütte sind.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Du hast einen Schaden, Hole.«
    »Darüber«, sagte Harry mit einem schiefen Grinsen, »herrscht nun wirklich kein Zweifel.«
    »Und wie sieht es aus, wenn der Job hier erledigt ist …« Sie sah auf die Uhr. »In ungefähr zehn Stunden?«
    »Dann bin ich vielleicht wieder in dich verliebt«, sagte Harry und legte seine Hand neben ihre auf den Tisch. »Wenn nicht früher.«
    Sie sah ihre Hand an. Wie viel größer seine war. Wie viel delikater geformt ihre. Wie viel blasser und knotiger seine mit den dicken Adern, die sich über den Handrücken schlängelten.
    »Dann könntest du dich doch wieder in mich verlieben, bevor der Job erledigt ist?« Sie legte ihre Hand auf seine.
    »Damit meinte ich, dass der Job vielleicht vor Ablauf der zehn Stunden …« Sie zog die Hand

Weitere Kostenlose Bücher