Leopard
ausschließen zu können. Nach Auskunft seiner Dienststelle war er auf einer Dienstreise in Oslo, als Charlotte und Borgny getötet wurden. Nichts Außergewöhnliches, da er ziemlich oft in Oslo zu sein scheint. Und gerade habe ich auch den Grund dafür herausgefunden.«
»Bombay Garden?«
»Yes!
Aslak Krongli hat ein nicht unerhebliches Glücksspielproblem. Faktum ist, dass ich seine Kreditkartenauszüge habe, die haben sie hier abgespeichert. Mit Uhrzeit und allem.
Krongli hat seine Karte gleich mehrmals belastet, und die Uhrzeiten geben ihm ein Alibi. Leider.«
»Tja. Und die haben den PC mit den Rechnungsdaten im selben Raum wie die Rennbahn?«
»Häh? Hier ist gerade der Zieleinlauf, kannst du lauter sprechen?«
»Haben die … Ach, vergiss es. Ich wollte dir nur sagen, dass wir Spermaspuren auf der Skihose gefunden haben, die Adele Vetlesen in der Hävasshütte getragen hat.«
»Was? Willst du mich verarschen? Das heißt doch, dass …«
»Dass wir möglicherweise bald die DNA des siebten Mannes haben. Falls es denn sein Sperma ist. Sicherheit haben wir erst, wenn wir die anderen Männer, die auf der Hütte waren, ausschließen können.«
»Das heißt, wir brauchen deren DNA.«
»Ja«, sagte Björn Holm. »Elias Skog ist ja kein Problem, seine DNA haben wir. Im Fall von Tony Leike wird es schon schwieriger. Bei ihm zu Hause würden wir sicher etwas finden, aber dafür brauchten wir eine richterliche Verfügung. Und nach allem, was neulich vorgefallen ist, müsste schon ein Wunder geschehen, damit wir die kriegen.«
»Überlass das mir«, sagte Harry. »Wir sollten auch Kronglis DNA überprüfen. Auch wenn er Charlotte und Borgny nicht getötet hat, könnte er trotzdem Adele vergewaltigt haben.«
»Okay, wie kriegen wir die?«
»Als Polizist war er sicher irgendwann mal an einem Tatort«, sagte Harry und brauchte seine Schlussfolgerung nicht zu Ende zu führen. Björn Holm hatte bereits verstanden. Um Fehlschlüsse und Verwechslungen auszuschließen, wurden immer von allen Polizisten an einem Tatort Fingerabdrücke und die DNA genommen.
»Ich überprüfe das Register.«
»Gute Arbeit, Björn.«
»Warte, ich hab noch mehr. Du hast uns gebeten, noch mal genauer die Schwesternkleidung zu untersuchen. Und wir haben tatsächlich was gefunden. PSG-Spuren. Ich habe das gecheckt, es gibt tatsächlich eine stillgelegte PSG-Fabrik in Oslo, oben in Nydalen. Wenn die leer steht und der siebte Mann dort Sex mit Adele gehabt hat, finden wir da vielleicht auch noch Sperma.«
»Hm. Frisch genagelt in Nydalen. Der siebte Mann scheint nicht mehr nur im Verborgenen zu vögeln. PSG, sagst du. Ist das aus der Kadokfabrik?«
»Ja, wie …«
»Der Vater von einem Freund hat da gearbeitet.«
»Wiederhol das noch mal, es ist verdammt laut bei dir.«
»Zieldurchlauf. Bis bald.«
Harry steckte das Handy in seine Jackentasche und schwang den Stuhl halb herum, damit er die finsteren Verlierermienen rund um die Filzbahn nicht sehen musste, und freute sich stattdessen an dem breiten Grinsen des Croupiers: »Glattuliele Wiedel, Hally!«
Harry stand auf, zog seine Jacke an und blickte auf den Schein, den der Vietnamese ihm entgegenstreckte. Er zeigte das Porträt von Edvard Münch. Ein Tausender.
»Sehr glatt«, sagte Harry. »Setz den im kommenden Lauf auf das grüne Pferd. Ich kassiere dann beim nächsten Mal, Duc.«
Lene Galtung saß im Wohnzimmer und starrte in die Doppelfenster, in denen ihr Spiegelbild gleich zweimal zu sehen war. Ihr iPod spielte Tracy Chapman.
Fast Car.
Sie konnte den Song immer wieder hören und wurde ihn nie leid. Es ging darin um ein armes Mädchen, das davon träumt, von allem wegzulaufen, alle Brücken abzubrechen und sich einfach in das schnelle Auto ihres Freundes zu setzen und aus ihrem Leben wegzufahren, weg von dem Job an der Kasse des Supermarktes, weg von ihrem betrunkenen Vater. Der Text des Liedes hätte nicht weiter von Lene Galtungs Leben entfernt sein können, aber trotzdem hatte sie das Gefühl, dass Tracy Chapman von ihr sang. Auf jeden Fall von der Lene, die sie hätte sein können. Die sie eigentlich war. Die eine der beiden in dem doppelten Spiegelbild. Die gewöhnliche, graue Lene. Ihre gesamte Schulzeit hatte sie eine Heidenangst davor gehabt, dass die Tür des Klassenzimmers plötzlich aufflog, jemand eintrat, den Zeigefinger auf sie richtete und rief: »Haben wir dich endlich! Zieh auf der Stelle die schönen Kleider aus.« Dann würden sie ihr ein paar Lumpen zuwerfen
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