Leopard
starrte nachdenklich vor sich hin.
»Und?«, fragte Kaja nach einer Weile.
»Ich wollte nur hören, wie diese Theorie klingt, wenn man sie laut ausspricht«, sagte Harry. »Und?«
Er stand auf. »Hört sich ziemlich verrückt an. Aber ich werde trotzdem Kronglis Alibi für die Morde überprüfen. Wir sehen uns.«
»Truls Berntsen?«
»Ja.«
»Roger Gjendem von der
Aftenposten.
Haben Sie Zeit, mir ein paar kurze Fragen zu beantworten?«
»Kommt darauf an. Wenn Sie was über Jussi wissen wollen, müssen Sie mit …«
»Es geht nicht um Jussi Kolkka. Mein Beileid übrigens.«
»Okay.«
Roger hatte die Beine auf den Tisch in seinem Büro im Postgirobau gelegt und blickte über die Gebäude des Osloer Hauptbahnhofs zum Rohbau der Oper, die bald fertig sein sollte. Seit dem Gespräch mit Bent Nordbo im Stopp Pressen! hatte er sich den ganzen Tag – und auch noch Teile der Nacht – auf Mikael Bellman konzentriert. Abgesehen von dem Gerücht über den verprügelten Polizeianwärter in der Dienststelle in Stovner, schien er vollkommen sauber zu sein. Aber als Kriminaljournalist hatte Roger Gjendem über die Jahre hinweg ein festes Rudel unzuverlässiger Informanten um sich geschart, die für eine Flasche Schnaps oder einen Schuss Heroin ihre Großmutter angezeigt hätten. Und drei davon wohnten in Manglerud. Im Laufe von ein paar Telefonaten stellte sich heraus, dass alle drei auch dort aufgewachsen waren. Vielleicht stimmte, was er gehört hatte: Einmal in Manglerud, zog man dort nicht mehr weg, aber neu zog dorthin auch niemand.
Das Milieu schien übersichtlich zu sein, denn alle drei erinnerten sich an Mikael Bellman. Zum einen, weil er in Stovner ein echter Polizistenarsch gewesen war, in erster Linie aber, weil er sich an Julies Freundin rangemacht hatte, als der wegen Drogen für ein Jahr im Knast saß. Eigentlich war die Strafe auf Bewährung ausgesetzt, aber das war vom Tisch, als jemand ausplauderte, dass er unten in Mortensrud Benzin geklaut hatte. Seine Freundin, Ulla Swart, war das hübscheste Mädchen von ganz Manglerud und ein Jahr älter als Bellman. Als Julie seine Strafe abgesessen hatte und mit dem festen Vorsatz das Gefängnis verließ, mit Bellman abzurechnen, warteten bereits, als er seine Kawa holen wollte, zwei Kerle in der Garage auf ihn. Sie trugen Masken, schlugen ihn mit Eisenstangen grün und blau und versprachen ihm Nachschlag, wenn er Bellman oder Ulla zu nahe käme. Den Gerüchten nach war keiner der beiden Bellman. Einer von ihnen sollte ein gewisser Beavis gewesen sein, Bellmans persönlicher Lakei. Roger hatte diesen einen Trumpf in der Hand, als er Truls »Beavis« Berntsen anrief. Warum also nicht so tun, als hätte er die Hand voller Asse?
»Ich will nur wissen, ob es korrekt ist, dass Sie seinerzeit Stanislav Hesse verprügelt haben. Einen Polizeianwärter der Polizeidienststelle von Stovner. Im Auftrag von Mikael Bellman.«
Totenstille am anderen Ende.
Roger räusperte sich: »Nun?«
»Das ist eine verdammte Lüge.«
»Was genau?«
»Dass ich von Mikael so einen Auftrag bekommen habe. Das hat doch jeder mitbekommen, dass dieser Polacke sich an Bellmans Frau rangemacht hat, da hätte jedem die Hutschnur platzen können.«
Roger Gjendem glaubte ihm Ersteres, das mit dem Auftrag. Nicht aber, dass jeder so hätte reagieren können. Keiner der anderen früheren Kollegen aus Stovner, mit denen Roger gesprochen hatte, hatte sich direkt negativ über Bellman geäußert. Trotzdem war irgendwie herauszuhören gewesen, dass Bellman nicht gerade beliebt gewesen war und sicher niemand für ihn in den Krieg gezogen wäre. Außer einem.
»Danke, das war alles«, sagte Roger Gjendem.
Während Roger Gjendem sein Telefon in die Jackentasche gleiten ließ, griff Harry in seine, dann hielt er sich das Handy ans Ohr:
»Ja?«
»Hier ist Björn Holm.«
»Das sehe ich.«
»Uih, hätte nicht gedacht, dass du dir eine Telefonliste einrichtest.«
»Klar doch. Du kannst dich im Übrigen geehrt fühlen, du bist einer von vieren auf dieser Liste.«
»Was ist das für ein Lärm im Hintergrund? Wo bist du eigentlich?«
»Gambler,
die grölen, weil sie glauben, dass sie gewinnen. Ich bin auf der Pferderennbahn.«
»Was?«
»Bombay Garden.«
»Ist das nicht … Wie bist du denn da reingekommen?«
»Ich bin Mitglied. Um was geht's?«
»Verdammt, wettest du auf Pferde, Harry? Hast du in Hongkong denn gar nichts gelernt?«
»Beruhig dich, ich bin hier, um Aslak Krongli als Täter
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