Leopard
dann nicht Fingerabdrücke aus dem Holmenveien haben, die möglicherweise zu unserem … Kavalier gehören?«
Plötzlich schien wieder die Sonne in den Raum. Blicke wurden ausgetauscht. Beinahe beschämt. So einfach. So einleuchtend. Und sie waren nicht darauf gekommen …
»Das war eine lange Besprechung mit reichlich neuem Input«, sagte Bellman. »Das Denken scheint uns allen etwas schwerzufallen, aber was meinen Sie, Holm?«
Björn Holm schlug sich mit der Hand gegen die Stirn: »Klar haben wir Fingerabdrücke. Wir haben das Haus untersucht, weil wir Leike für den Täter hielten und sein Haus ein möglicher Tatort sein konnte. Wir haben gehofft. Fingerabdrücke der Opfer zu finden.«
»Gibt es viele Abdrücke, die nicht identifiziert werden konnten?«, fragte Bellman.
»Das ist eben das Problem«, sagte Björn Holm, er hatte noch immer ein Lachen im Gesicht. »Leike hat zwei polnische Putzfrauen, die einmal pro Woche zu ihm kommen. Sie waren sechs Tage zuvor da und haben gründliche Arbeit geleistet, so dass wir nur Abdrücke von Leike, Lene Galtung, den Polinnen und von einem Unbekannten haben, bei dem es sich allerdings nicht um eines der Opfer handelt. Wir haben aufgehört, nach einer Übereinstimmung zu suchen, als Leike uns sein Alibi aufgetischt hat und wieder entlassen werden musste. Ich erinnere mich im Moment nicht mehr, wo wir den unbekannten Abdruck gefunden haben.«
»Ich aber!«, sagte Beate Lonn. »Ich habe den Bericht mit Skizze und Fotografien erhalten. Die Abdrücke der Hand von Mister X waren auf der Tischplatte des pompösen und ziemlich hässlichen Schreibtisches. So.« Sie stand auf und stützte sich auf ihre linke Hand. »Wenn ich mich nicht irre, steht da auch Leikes Telefon.« Mit ihrer rechten Hand machte sie das internationale Telefonzeichen mit dem Daumen am Ohr und dem kleinen Finger vor dem Mund.
»Meine Damen und Herren«, sagte Bellman lächelnd und breitete die Arme aus. »Ich glaube, jetzt haben wir wirklich eine heiße Spur. Suchen Sie weiter nach einer Übereinstimmung, Holm. Aber versprechen Sie mir, dass der Fingerabdruck nicht von dem Mann einer Putzfrau stammt, der die günstige Gelegenheit nutzt, um gratis in Polen anzurufen, okay?«
Auf dem Weg nach draußen schob sich der Pelikan neben Harry. Sie warf ihre frischgeflochtenen Rastazöpfe in den Nacken: »Sie sind vielleicht doch besser, als ich gedacht habe, Harry. Aber wenn Sie Ihre Theorien vortragen, könnten Sie ruhig mal sagen,
ich glaube
dies oder das.« Sie grinste und stieß ihn spielerisch mit der Hüfte an.
Harry mochte das Lächeln, die Hüfte dagegen weniger … Das Telefon vibrierte in seiner Tasche. Er holte es hervor. Nicht das Krankenhaus.
»Er nennt sich Nashville«, sagte Katrine Bratt. »Wie die Stadt in Amerika?«
»Genau. Er war auf den Websites aller großen Zeitungen und hat jedes Wort gelesen, das über die Morde geschrieben worden ist. Die schlechte Nachricht ist allerdings, dass das absolut alles ist, was ich habe. Nashville ist nämlich ein Computer, der erst seit ein paar Monaten im Netz aktiv ist und sich ausschließlich für Dinge interessiert hat, die mit den Morden in Verbindung stehen. Man könnte fast meinen, Nashville habe damit gerechnet, untersucht zu werden.«
»Hört sich wie unser Mann an«, sagte Harry.
»Gut«, erwiderte Katrine. »Dann solltest du jetzt nach einem Mann mit Cowboyhut suchen.«
»Was?«
»Nashville. Das Mekka der Countrymusic.« Pause.
»Hallo? Harry?«
»Ich bin noch hier. Ja klar. Danke, Katrine.«
»Küsschen?«
»Wohin du willst.«
»Dann lieber nicht.«
Sie legten auf.
Harry hatte ein Büro mit Aussicht über Bryn bekommen und betrachtete die unschönen Details der Gegend, als jemand an den Türrahmen klopfte. Es war Beate Lonn.
»Na, wie ist es, mit dem Feind ins Bett zu gehen?« Harry zuckte mit den Schultern: »Der Feind ist der Kavalier.«
»Gut. Wollte nur sagen, dass wir den Fingerabdruck vom Schreibtisch durch den Computer gejagt haben. Wir haben ihn nicht in der Datei.«
»Das habe ich auch nicht erwartet.«
»Wie geht es deinem Vater?«
»Tage.«
»Das tut mir leid.«
»Danke.«
Sie sahen einander an. Und plötzlich wusste er, dass er dieses Gesicht auf der Beerdigung sehen würde. Ein kleines, blasses Gesicht, das er schon auf anderen Beerdigungen gesehen hatte, verweint, mit großen, tragischen Augen. Ein Gesicht, das wie geschaffen war für Beerdigungen.
»Woran denkst du?«, fragte sie.
»Dass ich nur einen Mörder
Weitere Kostenlose Bücher