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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Antwort erhalten, nicht wahr?«
    Es knisterte und knackte im Ofen.
    »Aber warum in aller Welt sollte sich Tony Leike den Mittelfinger abhacken?«, fragte Björn Holm.
    Er hatte sich auf den Diwan gesetzt, während Harry das Medikamentenkästchen durchsuchte, das er ganz hinten in der Küchenschublade gefunden hatte. Es enthielt weitere Rollen Mullbinden und eine Salbe, die die Blutgerinnung beschleunigte. Das Herstellungsdatum auf der Tube zeigte, dass sie erst zwei Monate alt war.
    »Altman hat ihn dazu gezwungen«, sagte Harry und drehte eine kleine braune Flasche ohne Etikett um. »Er wollte Leike demütigen.«
    »Du klingst nicht, als würdest du daran glauben.«
    »Verdammt, Mann, klar glaube ich das«, sagte Harry, drehte den Deckel ab und schnupperte an der Flasche.
    »Ach? Es gibt hier nicht einen Fingerabdruck, der nicht von Leike stammt, nicht ein Haar, das nicht rabenschwarz ist wie seins, und nicht einen Schuhabdruck, der nicht seine Größe hat. 45. Sigurd Altman ist aschblond und hat Schuhgröße 42, Harry.«
    »Er hat gut aufgeräumt und alle Spuren beseitigt. Erinnere mich dran, dass wir das hier analysieren lassen.« Harry ließ das braune Fläschchen in seine Tasche gleiten.
    »Soso, gut aufgeräumt? An einem Ort, bei dem es sich allem Anschein nach noch nicht einmal um einen Tatort handelt? Derselbe Mann, dem es egal war, dass er auf Leikes Schreibtisch im Holmenveien einen dicken, fetten Fingerabdruck hinterlassen hat? Und der, wie du selbst gesagt hast, diese Touristenhütte nur notdürftig aufgeräumt hat, nachdem er Utmo getötet hat. Ich glaube das nicht, Harry. Und, verdammt noch mal: du auch nicht!«
    »Scheiße!«, rief Harry. »Scheiße, Scheiße, Scheiße.« Er legte die Stirn in die Hände und starrte auf die Tischplatte.
    Björn Holm hielt eines der kleinen Drahtstücke aus dem Abfluss vor sich in die Höhe und kratzte mit dem Fingernagel einen gelblichen Belag ab. »He, ich glaube, ich weiß, was das ist.«
    »Was?«, fragte Harry, ohne den Kopf zu heben.
    »Eisen, Chrom, Nickel und Titan.«
    »Was?«
    »Als Kind hatte ich eine Klammer. Wenn die angepasst wurde, musste sie immer zurechtgebogen und der überstehende Draht abgeschnitten werden.«
    Harry hob abrupt den Kopf und starrte auf die Afrikakarte. Die Länder fügten sich wie Puzzleteilchen ineinander. Nur Madagaskar nicht, das ganz für sich allein lag, wie ein Stück, das nicht passte.
    »Beim Zahnarzt …«
    »Psst!«, sagte Harry und hob eine Hand. Ihm war gerade etwas aufgegangen. Nur das Knistern des Ofens und der Wind waren zu hören, der immer heftiger um die Wände der Hütte blies. Zwei Puzzleteilchen, die weit voneinander entfernt gelegen hatten, auf unterschiedlichen Seiten der Tischplatte, hatten zusammengefunden. Ein Großvater am Lyseren. Der Vater seiner Mutter. Und die Fotografie in der Schublade der Touristenhütte. Das Familienfoto. Das war nicht Tony Leikes Bild, sondern das von Odd Utmo. Gicht. Was hatte Tony gesagt? Nicht ansteckend, aber erblich. Der Junge mit den großen, gefletschten Zähnen. Und der erwachsene Mann mit den festgeschlossenen Lippen, als versteckte er ein finsteres Geheimnis.
    Der Stein. Der schwarzbraune Stein, den er auf dem Badezimmerboden der Touristenhütte gefunden hatte. Er steckte die Hand in die Tasche. Er war noch da. Er warf ihn zu Björn hinüber.
    »Sag mal«, sagte er und schluckte. »Könnte das ein Zahn sein?« Björn hielt ihn ins Licht. Kratzte mit dem Nagel daran. »Gut möglich.«
    »Wir müssen zurück«, sagte Harry und spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. »Sofort. Verdammte Scheiße, nicht Altman hat sie alle getötet.«
    »Ach?«
    »Das war Tony Leike.«
    »Sie haben natürlich gelesen, dass Tony Leike wieder freigelassen wurde, kurz nachdem wir ihn verhaftet hatten«, sagte Bellman. »Er hatte nämlich eine feine, kleine Sache, die man Alibi nennt, und konnte beweisen, dass er sich an einem anderen Ort aufgehalten hat, als Borgny und Charlotte starben.«
    »Davon weiß ich nichts«, sagte Sigurd Altman und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich weiß nur, dass ich gesehen habe, wie er Adele das Messer in den Hals gestoßen hat.
    Und dass die Briefe, die ich geschickt habe, zur Folge hatten, dass der vermeintliche Absender kurz darauf ermordet wurde.«
    »Sie wissen aber schon, dass Sie dadurch eine Mitschuld an diesen Morden haben?«
    Johan Krohn räusperte sich. »Und Sie wissen, dass Sie einen Handel eingegangen sind, durch den Sie und das

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