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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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… na ja, sie musste auch mehr Schmerzen aushalten, als nötig gewesen wäre.«
    »Hm. Rauchen Sie, Altman?«
    An der schuldbewussten Reaktion des Pflegers erkannte Harry, dass das der Fall war, und so lud er Altman ein, auf eine Zigarette mit nach draußen zu kommen. Während beide Männer rauchten, erzählte Altman, mit Vornamen Sigurd, dass er sich wegen seiner Mutter auf Anästhesie spezialisiert hatte.
    »Als Sie meinem Vater die Spritze gegeben haben, war das also …«
    »Sagen wir, es war ein Dienst, den ein Sohn einem anderen erweist.« Altman lächelte. »Mal im Ernst, das ist vom Stationsarzt abgesegnet. Ich möchte meinen Job schließlich behalten.«
    »Klug«, sagte Harry. »Ich wünschte, ich wäre auch so schlau.«
    Sie traten die Zigaretten aus. Als Altman gehen wollte, hielt Harry ihn mit einer Frage zurück. »Sie kennen sich doch in der Anästhesie aus. Können Sie mir sagen, wie man als Normalsterblicher an Ketanomin rankommt?«
    »Oh«, sagte Altman. »Darauf sollte ich wohl besser nicht antworten.«
    »Schon gut«, sagte Harry mit einem schiefen Lächeln. »Es geht um den Mordfall, an dem ich gerade arbeite.«
    »Aha. Na dann. Es ist schwierig, in Norwegen an Ketanomin zu kommen, sogar für die, die im Bereich der Anästhesie arbeiten. Das Zeug wirkt wie eine Kugel, haut den Patienten buchstäblich aus den Latschen. Eine weniger schöne Nebenwirkung ist das Risiko von Magengeschwüren. Außerdem besteht bei einer Überdosierung die Gefahr von Herzstillstand. Wird unter anderem auch gern für Selbstmorde verwendet. Aber jetzt nicht mehr, Ketanomin ist seit einigen Jahren in Norwegen und der EU verboten.«
    »Das weiß ich. Aber an wen würden Sie sich wenden, wollten Sie es sich beschaffen?«
    »Hm. Die ehemaligen Sowjetstaaten. Oder Afrika.«
    »Kongo, zum Beispiel?«
    »Ganz sicher. Seit dem Verbot in Europa verkaufen die Produzenten es zu Dumpingpreisen, und so landet es wie seit eh und je in den armen Ländern.«
     
    Harry saß am Bett seines Vaters und beobachtete sein Atmen. Der knochige Brustkasten hob und senkte sich unter dem Pyjama. Nach einer Stunde stand er auf und ging.
    Harry schaltete das Telefon erst wieder ein, als er im Haus war, legte Don’t Get Around Much Anymore auf, eine der alten Duke Ellington-Platten seines Vaters, und packte den braunen Klum pen aus. Gunnar Hagen hatte ihm eine Sprachnachricht hinterlassen, aber Harry hörte sie nicht ab. Er glaubte auch so zu wissen, worum es ging. Darum, dass Bellman Hagen schon wieder im Nacken saß und sie sich ab sofort nicht mehr in der Nähe des Mordfalles blicken lassen sollten, egal was für Trumpfkarten sie noch in der Hinterhand hatten. Und dass Harry sich zum normalen Dienst melden sollte, wenn ihm daran lag, weiter bei der Polizei zu arbeiten. Na ja, Letzteres wohl kaum. Es war Zeit, sich auf den Weg zu machen. Und seine Reise würde hier und jetzt, an diesem Abend beginnen. Er nahm das Feuerzeug aus der Tasche, während er sich mit der anderen zu den SMS durchtippte. Die erste war von Øystein. Er schlug einen »Herrenabend« in nicht allzu ferner Zukunft vor und dass sie Holzschuh einladen müssten, der von ihnen offenbar am wenigsten flüssig war. Die andere Nummer kannte Harry nicht. Er öffnete die Mitteilung.
     
    Lese auf der Internetseite der Aftenposten , dass Sie die Ermittlungen leiten . Ich kann Ihnen weiterhelfen. Elias Skog hat geplaudert, ehe e r in der Badewanne festgeleimt wurde .
    C.
     
    Das Feuerzeug landete mit einem lauten Knall auf dem Glastisch. Harrys Herz schlug schneller. Bei Mordfällen gingen immer jede Menge Tipps, Ratschläge und Vermutungen ein. Viele Menschen waren bereit, unter Eid auszusagen, dass sie etwas gesehen, gehört oder von anderen erfahren hatten, Hauptsache, die Polizei nahm sich ein wenig Zeit, ihnen zuzuhören. Es waren in der Regel immer dieselben, die sich meldeten, aber ab und zu tauchte auch mal ein neuer verwirrter Schwätzer auf. Harry war augenblicklich klar, dass der Mensch, der diese SMS geschickt hatte, nicht zu dieser Kategorie gehörte. Die Medien hatten ausgiebig über den Fall berichtet, die Öffentlichkeit war gut informiert. Trotzdem war niemandem da draußen bekannt, dass Elias Skog in seiner Badewanne festgeleimt worden war. Und auch Harrys Telefonnummer war geheim.

KAPITEL 38
     
    Dauerschaden
     
    H arry hatte Duke Ellington leiser gestellt und saß mit dem Handy in der Hand da. Die Person wusste von dem Superkleber. Und kannte Harrys Geheimnummer.

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