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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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dass ihr ständig auf die Füße getrampelt werde und dass sie lieber einen Spaziergang mit mir machen wolle. Sie ging voraus. Es war ein warmer Augustabend, und wie du siehst, gibt es ringsherum nur Wald. Mit dichtem Laub und vielen kleinen Pfaden und lauschigen Plätzen. Ich war betrunken, aber so erregt, dass ich mir sicher war, meine Stimme würde zittern, wenn ich ihr eine Antwort gab. Deshalb schwieg ich. Und das war in Ordnung, denn das Reden übernahm sie. Und den Rest auch. Anschließend fragte sie, ob ich mit ihr nach Hause wollte.«
    Kaja kicherte. »Uih. Und wie ging’s weiter?«
    »Den Rest erzähle ich dir beim Essen, wenn wir da sind.«
    Sie fuhren auf den Parkplatz, stiegen aus und gingen die Treppe zum Restaurant hoch. Der Oberkellner begrüßte sie am Eingang des Speisesaals und fragte nach ihrem Namen. Als Harry ihm sagte, dass sie nicht reserviert hätten, konnte der Kellner nur knapp den Impuls unterdrücken, die Augen zu verdrehen.
    »Ausgebucht für die nächsten zwei Monate«, schnaubte Harry, als sie nach draußen gingen, nachdem er sich an der Bar Zigaretten geholt hatte. »Das Lokal hat mir eindeutig besser gefallen, als das Wasser noch in den Speisesaal tropfte und die Ratten dich aus der Wand hinter dem Klo angeschrien haben. Damals sind wir wenigstens reingekommen.«
    »Lass uns eine rauchen«, schlug Kaja vor.
    Sie traten an die niedrige Mauer, hinter der der Wald zur Stadt hin abfiel. Die Wolken im Westen waren orangerot, und die Lichter der Autos auf der Autobahn huschten wie Irrlichter durch das Dunkel der Stadt. Oslo lag wie abwartend unter ihnen, als läge es auf der Lauer, dachte Harry. Ein getarntes Raubtier. Er schnippte zwei Zigaretten aus der Packung, zündete sie an und reichte eine an Kaja weiter.
    »Der Rest der Geschichte«, sagte Kaja und inhalierte.
    »Wo waren wir?«
    »Die Killer Queen hat dich mit nach Hause genommen.«
    »Nein, sie hat gefragt. Und ich habe höflich abgelehnt.«
    »Du machst Witze. Warum das denn?«
    »Das haben Øystein und Holzschuh auch gefragt, als ich zurückkam. Ich habe ihnen gesagt, ich könne doch nicht einfach abhauen, wenn zwei Freunde mit einem Gratis-Whiskey auf mich warteten.«
    Kaja lachte laut und blies den Rauch in Richtung Stadt.
    »Aber das war natürlich eine Lüge«, sagte Harry. »Dass ich nicht mitgegangen bin, hatte nichts mit Loyalität zu tun. Freundschaft hat für einen Mann keine Bedeutung, wenn du ihm ein entsprechend verlockendes Angebot machst. Absolut keine. Die Wahrheit ist, dass ich mich ganz einfach nicht getraut habe. Die Killer Queen hat mir eine Heidenangst eingejagt.«
    Sie saßen eine Weile schweigend nebeneinander. Lauschten dem Brummen der Stadt und blickten dem Rauch nach, der sich in Wirbeln auflöste.
    »Du denkst nach«, sagte Kaja.
    »Hm. Ich denke an Bellman. Wie gut er informiert war. Er wusste nicht nur, dass ich zurück nach Norwegen komme, sondern sogar, mit welchem Flieger.«
    »Vielleicht hat er Kontakte im Präsidium.«
    »Hm. Und heute am Lyseren hat Skai gesagt, dass Bellman ihn am Abend des Tages angerufen hat, an dem wir zum ersten Mal in der Seilerei waren.«
    »Ja, und?«
    »Beate hat mir erzählt, dass sie Bellman erst am Morgen danach über das Seil informiert hat.« Harry sah einem glühenden Tabaksfaden nach, der den Abhang hinuntersegelte.
    »Und Bjørn ist zum Koordinator für Technik und Taktik befördert worden.«
    Kaja starrte ihn entgeistert an. »Das ist doch nicht möglich, Harry.«
    Er antwortete nicht.
    »Bjørn Holm! Er soll Bellman über unsere Arbeit informiert haben? Ihr habt doch schon so oft zusammengearbeitet, ihr seid doch … Freunde!«
    Harry zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, wie gesagt …«, er ließ die Zigarette zu Boden fallen und drückte sie mit dem Absatz aus, »dass Freundschaft keine Bedeutung hat, wenn das Angebot gut genug ist. Kommst du auch mit ins Schrøders?«
     
    Ich träume inzwischen fast ständig. Es war Sommer, und ich liebte sie. War so jung und glaubte wirklich, dass etwas in Erfüllung geht, wenn man es sich nur fest genug wünscht.
    Adele, du hattest ihr Lächeln, ihre Haare und ihr verräterisches Herz. Und nun steht in der Onlineausgabe der Aftenposten , dass sie dich gefunden haben. Ich hoffe, du warst äußerlich so hässlich, wie du es in deinem Inneren schon immer gewesen bist.
    Auf der Onlineseite steht auch, dass Hauptkommissar Hole die Ermittlungen leitet. Das ist der, der den Schneemann gefasst hat: Vielleicht gibt es

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