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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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menschenfeindlich und manipulativ. Es bringe Unschuldige dazu, Taten zu gestehen, die sie nicht begangen hatten, und sei damit eine durch und durch kontraproduktive Vorgehensweise. Sieben, acht, neun. Okay, es konnte schon mal vorkommen, dass der eine oder andere leicht beeinflussbare Grünschnabel eingebuchtet wurde, aber was bedeutete das im Vergleich zu all den schadenfrohen Drecksäcken, die wieder gehen durften und sich kaputtlachten über »Offenheit, Dialog und Vertrauen«?
    Zehn.
    Bellman legte die Fingerkuppen aneinander und hob den Blick.
    »Wir wissen, dass Sie Elias Skog aus Oslo angerufen haben und dann zwei Tage später in Stavanger waren. Sie haben ihn getötet. Das sind die Fakten, die uns vorliegen, ich frage mich aber, warum Sie das getan haben? Oder hatten Sie gar kein Motiv, Leike?«
    Der erste Schritt des neunstufigen FBI -Modells von Inbaud, Reid und Buckley: die Konfrontation, der Versuch, das Überraschungsmoment zu nutzen und den Gegner sofort k. o. zu schlagen, indem man vorgab, alles zu wissen, und ihm deutlich zeigte, dass Leugnen keinen Sinn hatte und nur ein Geständnis noch etwas bewirken konnte. In diesem Fall kombinierte Bellman Schritt eins mit einer anderen Taktik, nämlich eine Tatsache mit einer oder mehreren noch nicht bewiesenen Annahmen zu verknüpfen, also das über jeden Zweifel erhabene Datum des Telefonanrufs mit der Behauptung, dass Leike in Stavanger gewesen war und dort den Mord begangen hatte. Durch die Beweisführung im Zusammenhang mit der ersten Behauptung sollte Leike automatisch glauben, dass ihm auch die anderen Anschuldigungen nachgewiesen werden konnten. Ja, dass die Beweise so einfach und unwiderruflich waren, dass sie gleich zur nächsten Frage kommen konnten, dem Warum.
    Bellman sah Leike schlucken und in einem unsicheren Lächeln die weißen, kachelgroßen Zähne entblößen. Er sah den verwirrten Blick seines Gegenübers und war sich seines Sieges sicher.
    »Ich habe keinen Elias Skog angerufen«, sagte Leike.
    Bellman seufzte: »Soll ich Ihnen das Protokoll der Betriebszentrale von Telenor zeigen?«
    Leike zuckte mit den Schultern. »Ich habe nicht angerufen. Ich habe vor einiger Zeit ein Handy verloren. Vielleicht wurde dieser Skog ja von dem aus angerufen.«
    »Versuchen Sie nicht, smart zu sein, Leike. Wir reden von Ihrem Festnetzanschluss.«
    »Ich sage Ihnen doch, ich habe ihn nicht angerufen.«
    »Das höre ich. Laut Adressregister wohnen Sie allein?«
    »Ja. Das heißt …«
    »Ihre Verlobte übernachtet hin und wieder bei Ihnen. Und manchmal stehen Sie vor ihr auf und fahren zur Arbeit, während sie noch in der Wohnung ist.«
    »Das kommt vor. Aber ich bin öfter bei ihr.«
    »Ach nein, hat Reeder Galtungs Tochter ein schickeres Nest als Sie, Leike?«
    »Mag sein, auf jeden Fall gemütlicher.«
    Bellman verschränkte die Arme vor der Brust und lächelte. »Wie dem auch sei, wenn nicht Sie aus Ihrem Haus Skog angerufen haben, muss sie es gewesen sein. Ich gebe Ihnen fünf Sekunden, endlich Vernunft anzunehmen, Leike. Danach gebe ich den Befehl, mit Blaulicht und Sirenen zu Ihrem gemütlichen Nestchen zu fahren, Ihre Verlobte in Handschellen hierherzuholen, um ihr die Möglichkeit zu geben, ihren Vater anzurufen und ihm zu erzählen, dass Sie ihr die Schuld in die Schuhe schieben, Skog angerufen zu haben. Die Folge wird sein, dass Anders Galtung eine ganze Herde der gefürchtetsten Anwälte Norwegens für seine Tochter engagiert und Sie sich einen wirklichen Feind gemacht haben. Vier, drei.«
    Leike zuckte mit den Schultern. »Wenn Sie der Meinung sind, dass das reicht, um ein bislang ganz und gar unbescholtenes Mädchen verhaften zu können, bitte sehr. Ich habe nur das Gefühl, dass nicht ich mir damit Feinde mache.«
    Bellman betrachtete Leike. Hatte er ihn doch unterschätzt? Er war jetzt schwieriger zu bewerten, aber mit Schritt eins waren sie ohnehin fertig. Ohne Geständnis. Egal, ihm blieben ja noch acht weitere. Schritt zwei des neunstufigen Modells zielte darauf ab, mit dem Verdächtigen zu sympathisieren, indem man seine Tat bagatellisierte. Doch um die Tat bagatellisieren zu können, musste man das Motiv kennen, das ihr zugrunde lag. Und das Motiv für die Morde an sämtlichen Gästen, die rein zufällig in derselben Nacht in einer Berghütte übernachtet hatten, war nicht offensichtlich. Da half auch die Tatsache nicht, dass die meisten Serienmörder Motive hatten, die in den Tiefen ihrer Seele verborgen lagen, wohin die wenigsten von

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