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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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durch die Tür kamen. Bjørn Holm ging den Wagen holen, während Gunnar Hagen am Kiosk etwas zu trinken kaufte.
    »Wirst du oft gefilzt?«, fragte Kaja.
    »Jedes Mal«, antwortete Harry.
    »Ich glaube, ich bin noch nie vom Zoll gestoppt worden.«
    »Ich weiß.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Weil es tausend kleine Kennzeichen gibt, nach denen sie Ausschau halten, und du hast nicht eines davon. Ich hingegen mindestens die Hälfte.«
    »Meinst du wirklich, die Zöllner sind so voreingenommen?«
    »Nun, hast du jemals etwas geschmuggelt?«
    »Nein.« Sie lachte. »Okay, eins zu null für dich. Und ich dachte immer, uns würde man auch als Polizisten erkennen. Das war wohl nicht der Fall.«
    »Doch. Einen gefallenen Polizisten.«
    »Jetzt komm schon, das gibt’s doch bloß im Film, dass man erkennt, wer Polizist ist und wer nicht.«
    »Ach ja?«, antwortete Harry und fummelte an seinem Zigarettenpäckchen herum. »Guck dir die Leute an, die da drüben auf ein Taxi warten. Siehst du den Typen mit den schmalen, leicht schräg stehenden Augen?«
    Sie nickte.
    »Seit wir rausgekommen sind, hat er zweimal den Gürtel hochgezogen. Als hinge etwas Schweres daran. Handschellen oder ein Schlagstock. Diese Bewegung wird zur Gewohnheit, wenn man ein paar Jahre Streife gefahren ist oder in der U-Haft gearbeitet hat.«
    »Ich bin Streife gefahren und habe nie …«
    »Er arbeitet jetzt im Drogendezernat und hält nach Leuten Ausschau, die etwas zu erleichtert aussehen, wenn sie den Zoll hinter sich gebracht haben. Oder die direkt das Klo ansteuern, um sich die Ware aus dem Enddarm zu holen. Er achtet auf Koffer, die ihren Besitzer wechseln, von einem naiven, hilfsbereiten Passagier zum Schmuggler, der den Idioten vorher dazu gebracht hat, sein Gepäck mit dem Dope den kurzen Weg durch den Zoll zu bringen.«
    Sie legte den Kopf zur Seite und sah Harry an. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. »Aber vielleicht ist er auch ein ganz normaler Typ mit einer rutschenden Hose, der auf seine Mama wartet. Und du irrst dich.«
    »Natürlich«, sagte Harry, warf einen Blick auf seine Uhr und verglich die Zeit mit der, die die Uhr an der Wand zeigte. »Das kommt immer vor. Ist es wirklich Mittag?«
     
    Als der Volvo Amazon auf die Autobahn fuhr, gingen die Straßenlaternen an.
    Vorne redeten Holm und Kaja Solness entspannt miteinander, während Townes Van Zandt beherrscht aus den Lautsprechern schluchzte. Gunnar Hagen, der im Fond des Wagens saß, strich nachdenklich über das glatte Leder der Tasche auf seinem Schoß.
    »Ich würde ja gerne sagen, dass du gut aussiehst«, sagte er leise.
    »Jetlag, Chef«, sagte Harry, der mehr auf der Rückbank lag als saß.
    »Was ist mit deinem Kiefer passiert?«
    »Das ist eine lange, langweilige Geschichte.«
    »Wie auch immer, Harry, willkommen daheim. Auch wenn ich die Umstände bedauere.«
    »Ich dachte, ich hätte gekündigt.«
    »Das hast du schon öfter.«
    »Und wie viele Kündigungen brauchst du?«
    Gunnar Hagen betrachtete seinen früheren Hauptkommissar und senkte seine Augenbrauen und seine Stimme beträchtlich: »Wie gesagt, ich bedauere die Umstände. Und ich verstehe gut, dass dir der letzte Fall an die Nieren gegangen ist. Dass nicht nur du selbst, sondern auch Menschen, die dir nahestehen, derart in den Fall hineingezogen wurden … das kann einen schon dazu bringen, sich ein anderes Leben zu wünschen. Aber das ist deine Arbeit, Harry, das ist es, was du kannst.«
    Harry schniefte, als hätte er sich bereits die klassische Heimkehrer-Erkältung geholt.
    »Zwei Morde, Harry. Von denen wir bisher nicht einmal wissen, wie sie ausgeführt wurden. Aber sie sind identisch. Und mit unserer teuer erkauften Erfahrung aus dem letzten Fall wissen wir, womit wir es zu tun haben.« Der Oberkommissar hielt inne.
    »Es ist nicht gefährlich, das Wort auszusprechen, Chef.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    Harry starrte nach draußen auf die welligen braunen, schneefreien Felder. »Es ist schon ein paarmal Alarm geschlagen worden, aber Serienmörder sind ziemlich selten.«
    »Ich weiß«, sagte Hagen und nickte. »Der Schneemann ist der einzige, den wir in meiner Dienstzeit hierzulande hatten, aber dieses Mal sind wir uns wirklich ziemlich sicher. Die Opfer haben nichts miteinander zu tun, aber in ihrem Blut haben wir ein identisches Betäubungsmittel gefunden.«
    »Das ist doch schon etwas, gratuliere!«
    »Harry …«
    »Setz einen geeigneten Mann auf den Fall an, Chef.«
    »Du bist

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