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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Er hielt sich das Fernglas vor die Augen. Sah den nackten, schwarzverbrannten Arm unter dem Scooter herausragen und murmelte: »Scheiße. Endlich. Oder beides.«
     
    Die Frühstücksgäste verließen nach und nach das Stopp Pressen!, als Bent Nordbø ein Räuspern vernahm, von der New York Times aufsah, die Brille abnahm, blinzelte und seinen Mund zu etwas verzog, was seiner Empfindung nach einem Lächeln am nächsten kam.
    »Gunnar.«
    »Bent.«
    Dieses aus der Loge übernommene Begrüßungsritual, bei dem sie nur den Vornamen des anderen nannten, erinnerte Gunnar Hagen immer an Ameisen, die Duftstoffe austauschten, wenn sie sich begegneten. Der Dezernatsleiter setzte sich, ohne seinen Mantel abzulegen. »Du hast am Telefon gesagt, du wärst auf etwas gestoßen?«
    »Einer meiner Journalisten hat das hier ausgegraben.« Nordbø schob einen braunen Umschlag über den Tisch. »Sieht aus, als hätte Mikael Bellman seine Frau in einer Drogensache gedeckt. Der Fall ist alt, juristisch werden sie wahrscheinlich nicht mehr belangt werden können, aber in der Presse …«
    »… kriegen sie einen immer ran«, sagte Hagen und nahm den Umschlag.
    »Ich denke, mit diesem Material kannst du Mikael Bellman als Widersacher abhaken.«
    »Zumindest wäre damit ein nukleares Patt erreicht. Er hat auch gegen mich etwas in der Hand. Außerdem bin ich nicht mal sicher, ob ich das hier tatsächlich brauche. Er wurde gerade von einem einfachen Polizisten aus Ytre Enebakk vorgeführt.«
    »Ich hab’s gelesen. Und das Justizministerium auch, oder?«
    »Die da oben lesen Zeitung und haben ihr Ohr an der Basis. Trotzdem, danke.«
    »Selbstverständlich, wir helfen uns doch gegenseitig.«
    »Wer weiß, vielleicht ist es mir irgendwann anders von Nutzen.« Gunnar Hagen nahm den Umschlag und steckte ihn in die Innentasche seines Mantels.
    Er bekam keine Antwort mehr, da Bent Nordbø sich bereits wieder der Lektüre eines Artikels über einen jungen schwarzen Senator mit Namen Barack Obama widmete, dessen Verfasser ernsthaft behauptete, dieser Mann könne eines Tages Präsident der Vereinigten Staaten werden.
     
    Als Krongli die Geröllhalde erreichte, rief er nach oben, dass er unten angekommen war, und hakte sich vom Kletterseil los.
    Der Scooter der Marke Arctic Cat lag mit den Kufen nach oben vor ihm. Krongli kraxelte vorsichtig die drei Meter zu dem Wrack hinunter und achtete automatisch darauf, wo er seine Hände und Füße aufsetzte. Wie an einem Tatort. Er ging in die Hocke. Unter dem Scooter ragte ein Arm hervor. Er legte seine Hand an den Scooter. Er kippelte auf zwei Steinen. Er holte Luft. Und kippte den Scooter auf die Seite.
    Der Tote lag auf dem Rücken. Kronglis erster Gedanke war, dass es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um einen Mann handelte. Schädel und Gesicht waren zwischen dem Scooter und den Steinen zertrümmert worden. Das Resultat erinnerte an die Überreste eines Krebsfestes. Krongli brauchte den zerschlagenen Körper nicht abzutasten, um zu wissen, dass er sich wie Gallertmasse anfühlte, wie ein mürbes Stück Fleisch, aus dem alle Knochen entfernt worden waren. Der Torso war platt gequetscht, und Hüfte und Knie waren pulverisiert. Krongli hätte die Leiche wohl kaum identifizieren können, hätte sie nicht das rote Flanellhemd getragen und diesen einen maroden braunen Zahnstumpf im Unterkiefer gehabt.

KAPITEL 76
     
    Neudefinition
     
    W as sagen Sie?« Harry presste den Telefonhörer fester ans Ohr, als ob irgendwo dort der Fehler liegen würde.
    »Ich sage, dass die Leiche unter dem Scooter nicht Tony Leike ist«, wiederholte Krongli.
    »Sondern?«
    »Odd Utmo. Ein Sonderling und Ortskundiger. Er trägt immer dasselbe rote Flanellhemd. Und der Scooter, der da im Abgrund liegt, gehört ihm. Aber letzte Sicherheit hat mir sein Gebiss verschafft. Ein einziger fauler Zahnstumpf. Weiß Gott, was mit den übrigen Zähnen und der Klammer passiert ist.«
    Utmo. Zahnklammer. Harry erinnerte sich, dass Kaja ihm von dem ortskundigen Sonderling erzählt hatte, der sie zur Håvasshütte gefahren hatte.
    »Aber die Finger«, sagte Harry. »Die waren doch verkrümmt?«
    »Doch, sicher. Utmo war stark gichtgeplagt, der Arme. Bellman hat mich gebeten, die Information so schnell wie möglich an Sie weiterzugeben. Das war nicht ganz das, was Sie sich erhofft hatten, nicht wahr, Hole?«
    Harry schob den Stuhl vom Schreibtisch weg. »Jedenfalls nicht das, was ich erwartet habe. Könnte es ein Unfall gewesen sein,

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