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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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bestimmte Dinge angeht. Als ich Sie erst in Verdacht hatte, fielen mir gleich noch ein paar andere Dinge ein. So haben Sie zum Beispiel gesagt, dass man schon in der Anästhesie arbeiten müsse, um hier in Norwegen an Ketanomin heranzukommen. Ein Freund hat mir mal gesagt: Man begehrt das, was man jeden Tag sieht, was in Ihrem Fall dann wohl bedeutet, dass derjenige, der in seiner sexuellen Phantasie eine Frau in Schwesternkleidern sieht, vermutlich in einem Krankenhaus arbeitet. Dann der Benutzername des PC s in der Kadokfabrik: Nashville. Das ist der Name eines Films unter Regie von …«
    »Robert Altman, 1975«, sagte Sigurd. »Ein verkanntes Meisterwerk.«
    »Und der Klappstuhl im Hauptquartier war natürlich ein Regiestuhl. Für den Meisterregisseur Sigurd Altman.«
    Sigurd antwortete nicht.
    »Aber mir war immer noch nicht klar, was für ein Motiv Sie hatten«, fuhr Harry fort. »Der Schneemann hat mir gesagt, ein Mörder würde vom Hass angetrieben. Und dass dieser Hass auf einem einzigen Vorfall begründet sein kann, der weit in der Vergangenheit liegt. Vielleicht hatte ich da bereits eine Ahnung. Die Zunge. Das Lispeln. Ich habe eine geisteskranke Frau in Bergen dazu gebracht, alles über Sigurd Altman in Erfahrung zu bringen. Sie brauchte etwa dreißig Sekunden, um Ihre Namensänderung im Einwohnerverzeichnis zu finden und Ihren alten Namen mit dem Urteil gegen Tony Leike zu verknüpfen.«
    Eine Zigarette wurde aus dem Fenster des Cherokee geschnippt und zog einen Funkenschweif hinter sich her.
    »Blieb also nur die Zeitfrage«, sagte Harry. »Wir haben Ihren Dienstplan im Krankenhaus überprüft. Er gibt Ihnen ein vordergründiges Alibi für zwei der Morde. Sie hatten Dienst, als Marit Olsen und Borgny Stem-Myhre ermordet wurden. Aber beide Morde geschahen in Oslo, und es gibt niemanden im Reichshospital, der sich ganz konkret daran erinnern kann, Sie zu der betreffenden Zeit wirklich gesehen zu haben. Und da Sie zwischen den Abteilungen springen, hätte Sie wohl auch niemand vermisst, wären Sie mal für ein paar Stunden nicht zu sehen gewesen. Wenn ich mich nicht irre, werden Sie mir sagen, dass Sie in Ihrer Freizeit meistens allein sind. Und drinnen sitzen.«
    Sigurd Altman antwortete mit einem Achselzucken. »Vermutlich.«
    »So, das wär’s also«, sagte Harry und klatschte in die Hände.
    »Einen Moment noch«, sagte Altman. »Was Sie da erzählt haben, ist bloß eine Geschichte. Sie haben keinen einzigen handfesten Beweis.«
    »Oh, das habe ich ganz vergessen«, sagte Harry. »Erinnern Sie sich an die Bilder, die ich Ihnen heute gezeigt habe? Ich hatte Sie gebeten, sie anzusehen, und Sie haben festgestellt, dass sie noch feucht sind.«
    »Was ist damit?«
    »Es gibt perfekte Fingerabdrücke, wenn man solche Bilder anfasst. Ihre Fingerabdrücke stimmen mit denen überein, die wir im Haus von Tony Leike gefunden haben.«
    Sigurd Altmans Gesichtsausdruck veränderte sich, je klarer ihm wurde, in welcher Situation er sich befand. »Sie haben mir die Fotos nur gezeigt … damit ich sie anfasse?« Altman starrte Harry wie versteinert ein paar Sekunden an. Dann legte er sein Gesicht in die Hände. Und ein neues Geräusch drang zu ihnen. Lachen.
    »Sie haben an fast alles gedacht«, sagte Harry. »Warum nicht daran, sich ein Alibi zu beschaffen?«
    »Ich bin nicht auf die Idee gekommen, dass ich eins brauchen würde«, sagte Altman, noch immer lachend. »Außerdem hätten Sie das dann ja doch durchschaut, nicht wahr, Harry?«
    Die Augen hinter den Brillengläsern waren feucht, aber nicht gebrochen. Resigniert. Harry hatte das schon öfter erlebt. Die Erleichterung darüber, gefasst worden zu sein. Endlich erzählen zu können.
    »Vermutlich«, sagte Harry. »Das heißt, offiziell habe nicht ich das Ganze durchschaut, sondern der Mann da drüben in dem Auto. Deshalb wird er Sie auch festnehmen.«
    Sigurd nahm die Brille ab und trocknete sich die Lachtränen ab. »Sie haben also gelogen, als Sie gesagt haben, Sie bräuchten mich, um Ketanomin zu identifizieren.«
    »Ja, aber ich habe nicht gelogen, als ich gesagt habe, dass Sie dabei sein werden, wenn ein Stück norwegischer Kriminalgeschichte geschrieben wird.«
    Harry nickte Bjørn zu, der mit der Lichthupe ein Zeichen gab.
    Ein Mann stieg aus dem Cherokee vor ihnen.
    »Ein alter Bekannter von Ihnen«, sagte Harry. »Auf jeden Fall kennen Sie seine Tochter.«
    Der Mann kam mit leichten O-Beinen auf sie zu und zog seine Hose am Gürtel hoch. Wie ein alter

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