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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Bezeichnung Dschungelfieber zusammengefasst wurden. Eine solche Krankheit hatte auch Herman Kluit, und obgleich sie ihn über lange Phasen in Ruhe ließ, wurde er sie nie ganz los. Die einzige Linderung, die Herman Kluit kannte, war Singapore Sling. Er hatte diesen Drink in Goma kennengelernt, bei einem Belgier, der eine traumhafte Villa besaß, angeblich von König Leopold erbaut, als der Kongo noch Freistaat Belgisch-Kongo hieß und die private Spielwiese und Geldgrube des Monarchen war. Die Villa lag am Ufer des Kivu-Sees, mit Frauen und Sonnenuntergängen, die so wunderschön waren, dass man für eine Weile Dschungel, Mai-Mai und Erdfliegen vergessen konnte.
    Der Belgier hatte Herman Kluit in seinem Keller die kleine Schatzkammer des Königs gezeigt, in der dieser alles gesammelt hatte, ausgeklügelte Uhren, seltene Waffen, phantasievolle Folterinstrumente, Goldklumpen, ungeschliffene Diamanten und präparierte Menschenköpfe. Dort hatte Kluit auch zum ersten Mal die sogenannten Leopoldsäpfel gesehen, die ein belgischer Ingenieur des Königs für widerspenstige Stammeshäuptlinge entwickelt hatte, die nicht verraten wollten, wo sie ihre Diamanten fanden. Zuvor waren zu diesem Zweck Büffel eingesetzt worden. Man schmierte die Häuptlinge mit Honig ein und band sie an einen Baum. Dann wurde ein Waldbüffel geholt, der gierig den Honig abzuschlecken begann. Dazu muss gesagt werden, dass die Zunge des Waldbüffels so rau ist, dass sie mit dem Honig auch gleich die Haut und das Fleisch ableckte. Von Nachteil war, dass Waldbüffel schwer zu fangen und oft noch schwieriger zu bremsen waren, wenn sie erst einmal zu lecken begonnen hatten. Darum also Leopoldsapfel. Nicht vorrangig wegen seiner Effektivität als Folterwerkzeug – schließlich hatte er den Nachteil, dass er den Gefangenen am Sprechen hinderte. Aber die Wirkung auf die Eingeborenen, die bei der Prozedur zusahen, wenn man zum zweiten Mal an der Schnur zog, ließ keine Wünsche offen. Der nächste, der aufgefordert wurde, seinen Mund zu öffnen, damit der Apfel hineingeschoben werden konnte, redete garantiert wie ein Wasserfall.
    Herman Kluit gab seiner philippinischen Hausangestellten ein Zeichen, dass sie das leere Glas mitnehmen konnte.
    »Ihre Erinnerung trügt Sie nicht, Harry«, sagte Herman Kluit. »Er liegt nach wie vor auf meinem Kaminsims. Ob er jemals zum Einsatz gekommen ist, entzieht sich glücklicherweise meiner Kenntnis. Ein Souvenir. Das mich daran erinnert, was im Herzen der Finsternis auf uns wartet. Das ist immer von Nutzen, Harry. Nein, ich habe weder gesehen noch gehört, dass es anderswo benutzt wurde. Das ist ein kompliziertes Stück Technologie, wissen Sie, all die Federn und Nadeln. Man braucht eine ganz spezielle Legierung dafür. Koltan, genau. Sicher. Sehr selten. Der Mann, von dem ich meinen Apfel erstanden habe, Eddie van Boorst, behauptete, dass überhaupt nur 24 dieser Gerätschaften hergestellt worden seien und dass 22 davon sich in seinem Besitz befänden, davon eine aus zwanzigkarätigem Gold. Stimmt, es sind 24 Nadeln, woher wussten Sie das? Die Zahl 24 hat irgendetwas mit der Schwester des Ingenieurs zu tun, aber ich krieg das nicht mehr zusammen. Möglicherweise hat van Boorst das auch nur gesagt, um den Preis in die Höhe zu treiben. Er ist Belgier, nicht wahr?«
    Kluits Lachen ging in ein Husten über. Verdammtes Fieber.
    »Er dürfte den Überblick haben, wo die Äpfel sind. Er wohnte in einer entzückenden Villa in Goma in Nord-Kivu, gleich an der Grenze zu Ruanda. Seine Adresse?« Kluit hustete stärker. »Goma kriegt jeden Tag eine neue Straße, und inzwischen ist die halbe Stadt unter Lavamassen begraben, da existieren keine Adressen, Harry. Aber das Postamt kennt seine Weißen. Nein, ich kann nicht sagen, ob er immer noch in Goma wohnt. Oder ob er überhaupt noch lebt. Die durchschnittliche Lebenserwartung im Kongo liegt bei etwas über dreißig Jahren, Harry. Auch für Weiße. Außerdem befindet sich die Stadt praktisch gesehen im Belagerungszustand. Exakt. Nein, natürlich haben Sie von dem Krieg nichts gehört. Das hat keiner.«
     
    Gunnar Hagen starrte Harry ungläubig an und beugte sich über
    seinen Schreibtisch.
    »Du willst nach Ruanda?«, fragte er.
    »Eine kleine Spritztour«, sagte Harry. »Zwei Tage, die Reise inklusive.«
    »Um was zu untersuchen?«
    »Das sagte ich doch. Eine Vermisstenanzeige. Adele Vetlesen. Kaja fährt nach Ustaoset, um rauszufinden, mit wem Adele unterwegs war, bevor sie

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