Leopardenblut (German Edition)
„Warum?“
3
„Sie besitzen nicht das Privileg.“
Mit einem leisen Lachen ließ er den Zopf durch die Finger gleiten. Kaum hatte die Spitze Saschas Rücken berührt, drehte sie sich weg. Genug gespielt. „Bei meiner Entscheidung für dieses Land“, nahm er ihre frühere Frage wieder auf, „war die Nähe zur Natur ausschlaggebend. Obwohl die meisten Gestaltwandler inzwischen in einer zivilisierten Umgebung leben, sind wir immer noch ebenso Tier wie Mensc h – das Bedürfnis in der Wildnis herumzustreunen liegt uns im Blut.“
„Wie sehen Sie sich selbst?“, fragte sie. „Sind Sie Menschen oder Tiere?“
„Wir sind beides.“
„Ein Teil muss dominant sein.“ Auf ihrer vollkommenen Stirn erschienen ein paar Falten.
Ein Stirnrunzeln? Bei einer Medialen? Schon im nächsten Moment war es verschwunden, aber er hatte es gesehen. „Nein. Wir sind ein Ganzes. Ich bin ebenso sehr Panther wie Mensch.“
„Ich dachte, Sie wären ein Leopard.“
„Schwarze Panther kommen bei vielen Katzenarten vor. Wir sind Panther, weil wir ein schwarzes Fell haben und nicht weil wir einer bestimmten Familie angehören.“ Ihre Unwissenheit überraschte ihn nicht. Für die Medialen waren die Gestaltwandler allesamt Tiere, alle ein und dasselbe. Das war ein Fehler. Ein Wolf war nicht dasselbe wie ein Leopard und ein Adler war kein Schwan.
Und ein Panther auf der Jagd war wild und gefährlich.
Lucas holte sein Telefon aus dem Wagen, um die SnowDancer-Wölfe anzurufen. Da er Sascha den Rücken zudrehte, konnte sie in aller Ruhe den schönen Körper dieses Mannes bewundern. Er war einfac h … sinnlich. Sie hatte dieses Wort noch nie vorher benutzt, nie hatte es auf irgendwen oder irgendwas gepasst. Aber bei Lucas Hunter passte es wie kein anderes.
Anders als die kalten und förmlichen Männer der Medialen war er verspielt und zugänglich. Was ihn nur noch gefährlicher machte. Sie hatte das Raubtier unter der Oberfläche gesehen. Lucas konnte nett sein, aber er würde jemandem an die Gurgel springen, wenn es sein musste.
Niemand wurde in diesem Alter zum Alphatier in einem Raubtierrudel erhoben, wenn er nicht an der Spitze der Nahrungskette stand.
Das machte ihr keine Angst. Vielleicht weil sie auf den verschlungenen Wegen des Medialnets schon so gemeine und grausame Dinge gesehen hatte, dass die offen raubtierhafte Art von Lucas ihr dagegen so angenehm wie ein frischer Luftzug vorkam. Er hatte versucht, mit ihr zu flirten, aber er hatte sich nicht verstell t – er war durch und durch ein Jäger, mit jeder Faser ein Raubtier, ein sinnlicher Mann, der sich seiner Wirkung bewusst war.
Er weckte Verlangen in ihr, ungestüm und wild drohte es die ohnehin schon zerbrechliche kalte Fassade zu zerstören, die sie zum Überleben brauchte. Sie hätte auf der Stelle wegrennen sollen, so weit fort von ihm wie nur möglich. Stattdessen ging sie ihm sogar entgegen, als er wieder zurückkam. Das silberne Gerät an seinem Ohr war Lichtjahre von der ursprünglichen Erfindung Bells entfernt.
„Sie würden es für zwölf Millionen verkaufen.“ Er blieb etwa einen Meter vor ihr stehen und signalisierte, dass er jemand am Apparat hatte.
„Das ist das Doppelte von dem, was man für dieses Land auf dem freien Markt bekommen würde.“ Sie würde sich nicht einschüchtern lassen. „Ich biete ihnen sechseinhalb.“
Lucas wiederholte ihre Antwort nicht, also musste der Wolf am anderen Ende sie wohl gehört haben. Dies erinnerte Sascha daran, dass – entgegen der egoistischen Annahme ihrer Rasse, sie seien eine allen überlegene Führungsschicht – auch die Gestaltwandler über einige bemerkenswerte Fähigkeiten verfügten.
„Sie sagen, sie hätten kein Interesse daran, die Medialen noch reicher zu machen. Es juckt sie nicht, wenn Sie das Land nicht kaufen. Sie geben es auch gerne einem anderen Bewerber.“
Sascha hatte sich gut vorbereitet. „Können sie gar nicht. Die Rika-Smythe-Familie hat gerade alles vorhandene Kapital in ein Projekt in San Diego investiert.“
„Dann lassen sie es brachliegen. Zwölf Millionen oder sie legen auf.“ Lucas sah sie eindringlich mit diesen unglaublich grünen Augen an und sie fragte sich, ob er wohl versuchte, in sie hineinzusehen. Sie hätte ihm sagen können, dass er sich vergeblich anstrengte. Sie war eine Medial e – sie hatte keine Seele.
„Wir können es uns nicht leisten, so viel Geld auszugeben. Suchen Sie nach einem anderen Ort“, sagte sie und versuchte, trotz der verwirrenden
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