Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
untersuchen, jetzt in diesem Moment, da wir miteinander sprechen; vielleicht läuft sie gerade jetzt in eine Falle. Aber es ist einen Versuch wert – zumindest mit Fellirian zu reden.“
„Natürlich, ja.“
„Kannst du jetzt mitkommen?“
„Ja. Ich will kommen. Nicht mit dir zusammen, aber ich kann euch morgen an eurem yos treffen. Ich habe eine feste Abmachung mit den Hulens getroffen, und ich muß ihnen sagen, daß ich nicht liefern werde.“
„Und anschließend wirst du zu uns kommen.“
„Ja, ich werde kommen. Und unterwegs werde ich üben, wenn ich so allein durch den Wald gehe, wo niemand die Zauberworte hören wird, die ich in der Multisprache spreche.“
„Bist du sicher, daß dir die Steine nicht antworten werden?“
„Nein, das werden sie nicht.“
„Gut!“ Morlenden langte über den niedrigen Tisch und klopfte Krisshantem auf die mit einem Mal erstarrte Hand. „Und vielleicht können wir herausfinden, was das war, das Mevlannen Srith Perklaren erhalten oder auch abgeben sollte. Aber zuerst suchen wir Mael und bringen sie zurück. Dann werden wir alles erfahren.“
„Aber von wem, Ser Deren? Perwathwiy?“
„Das bezweifle ich“, sagte Morlenden.
„Von den Revens?“ fragte Kris hoffnungsvoll.
„Vielleicht sogar von Maellenkleth selber.“ Und Morlenden fügte hinzu: „Wer weiß, vielleicht hat sie uns ja doch irgend etwas hinterlassen. Ich weigere mich einfach zu glauben, daß eine so komplizierte und dunkle Angelegenheit, wie diese es zu sein scheint, einfach damit endet, das jemand freiwillig vergißt, mit einer Tabula rasa.“
11
Die Dinge, die in deiner Erinnerung an die Vergangenheit wirklich herausragend sind, waren zu der Zeit, als du sie erfaßtest, so gewöhnlich und reizlos, daß sie dir wahrhaftig nicht erinnerungswürdig erschienen. Dennoch kannst du dich an die Dinge, die du dir als unglaublich interessant und auf ewig erinnerungsunwürdig vorstelltest, nur noch wie an vage Schatten, Phantome, verwischte Eindrücke erinnern. Man wird zugeben müssen, daß hierin ein Problem liegt: Es gelingt uns nicht zu begreifen, was von Bedeutung ist, bevor seine Bedeutung keinem anderen Zweck mehr dient außer dem, uns ständig zu verfolgen.
Die Spieltexte
Morlenden erwachte, als das Sonnenlicht durch das Fenster auf der nach Osten gelegenen Seite des Baumhauses strömte, hinein in einen Alkoven, in dem ein großes und geräumiges Schlafbord in die unregelmäßige, der natürlichen Form folgenden Konstruktion eingepaßt war. Eine Flickendecke, ein flaumweicher Sack. Er dazwischen. Langsam wurde ihm wieder bewußt, wo er war. Dies war das Baumhaus in den Wäldern, das Haus, von zwei Heranreifenden, Krisshantem und Maellenkleth, die ein Liebespaar gewesen waren. Und noch mehr … Verbündete in einem Krieg gegen einen Gegner, der sich von Tag zu Tag wandelte und sich der klaren Bestimmung zu entziehen schien. Morlenden blinzelte und rieb sich die Augen, als ob das den Nebel in seinem Inneren vertreiben würde. Vielleicht lag die mangelnde Klarheit an ihm, nicht an dem Jungen und dem Mädchen. Besser gesagt, vielleicht litten sie alle unter dem gleichen mangelnden Wahrnehmungsvermögen. Ein Mensch aus der chinesischen Militärgeschichte, ein Mann, dessen Texte die Leute oft lasen, Sun-Tzu, hatte behauptet, daß einer, wenn er seinen Feind und sich selbst kannte, nicht verlieren könne. Maellenkleth schien verloren zu haben; folglich … Der Ler-Geist, stark auf dem Gebiet der Intuition, tat den letzten Sprung für ihn: Sie hatte ihren Feind nicht gekannt. Und dies verursachte ihm ein Kribbeln auf der Kopfhaut, denn er kannte ihren Feind ebenfalls nicht, und er selbst schien drauf und dran zu sein, diesen Feind auch zu dem seinen zu machen.
Ihr Haus, ihr Bett. Ganz und gar nicht wie das yos mit seiner Tendenz, über dem Individuellen zu stehen. Das yos gehörte der gegenwärtigen Webwoge an, gehörte zur Zeit. Wenn es für sie an der Zeit war, verließen sie es, um nie wieder auch nur einen Fuß in dasselbe oder irgendein anderes zu setzen. Die Dinge waren die Artefakte, die von den Lebensformen zurückgelassen wurden. Dieses Baumhaus war ein solches Artefakt von einer Lebensform … etwas Mächtiges und Vitales. Anderes. Fremdartiges. Es gab ihm ein unheimliches Gefühl, ähnlich dem, das einen überfiel, wenn man die Kleidung eines anderen trug: Sie war sauber und hatte die richtige Größe, mehr oder weniger jedenfalls, aber irgendwie stimmte sie nicht, sie war
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