Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
in das nächste Abteil und holst Kaldherman und Cannialin; führe sie leise her, ganz leise. Sei ein einziges Mal ein Schleicher, ein Heimlichtuer. Genau wie ich. Es wird dir gefallen, Mor.“
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Alles, was du je getan hast, ist Training für den nächsten Augenblick.
M. A. F., A tropin
Draußen im Korridor warteten Morlenden und Fellirian und hielten durch das einzige Fenster Ausschau nach der nächsten Untergrundstation; sie sahen ununterbrochen Dunkelheit an sich vorüberziehen, eine verwischte, leere Mauer, nur von dem undeutlichen, flüchtigen Licht erleuchtet, das durch die wenigen Fenster des Zuges nach außen drang. Das Licht reichte nicht aus, um irgendwelche Details erkennen zu können, und die wenigen, die es gab, wurden von der irrsinnigen Geschwindigkeit verwischt, mit der der Zug durch die Tunnels in der Erde gejagt wurde.
Sie waren nicht in der Lage, eine Veränderung in der Höhe des Zugs oder in der Verringerung oder Erhöhung seiner unbekannten Geschwindigkeit zu bemerken. Es zeichnete sich jedoch eine Veränderung ab, denn plötzlich blitzten eine Reihe von hellen Lichtern ohne Warnung vor den Fenstern auf, zu schnell für mehr als einen hastigen Blick. Welche Botschaft es auch immer war, die die Lichter übermittelten, sie war auf jeden Fall nicht verbal, denn die Muster bildeten keine Buchstaben, die Fellirian erkennen konnte. Kurz nach den Lichtern bemerkten sie, wie der Zug langsamer wurde, und zur gleichen Zeit verriet ihnen ein leichter Druck, daß die Fahrt nach oben ging. Der Zug wurde noch langsamer, nun ganz unverkennbar, und dann entfernten sich die nahen Wände von den Fenstern, wurden zu der leeren schwarzen Wand der Finsternis und dann zu einem offeneren Raum, der von Leuchtkörpern, die in gleichmäßigen Abständen an der Decke befestigt waren, düster erhellt wurde. Die Station hatte eine niedrige Decke, und die Leuchtkörper waren schon lange nicht repariert worden; viele von ihnen funktionierten überhaupt nicht. Das Tempo des Zuges verlangsamte sich nun zu einem Schrittempo, und sie konnten ein großes, verdrecktes Schild erkennen, das auf die Betonwand der Untergrundbahn gemalt war und „CPXO10“ verkündete. Dann hielt die Untergrundbahn an.
Wie Fellirian vorausgesagt hatte, herrschte in dem ganzen Zug ein erhebliches Kommen und Gehen, eigentlich mehr als vorher in der Bezirkszentrale. Die Aktivität vermittelte einen Eindruck von Geschäftigkeit und lockeren Konventionen, aber dieser frühere Eindruck korrigierte sich nach einem Augenblick auf eine nähere Prüfung hin; die Prozedur war formal, absichtlich unterbrochen und sehr stark formalisiert. Reisende, die mit dem Zug abfahren wollten, gingen zu den gleitenden Türen und schoben ihre Fahrkarten in einen passenden Schlitz daneben, um dann darauf zu warten, daß die Türen aufgingen. Als sie dies taten, hasteten sie über die Türschwelle, und die Türen schlossen sich schnell wieder hinter ihnen, und zwar mit genug Wucht, um jemanden, der in seinen Bewegungen nicht schnell genug war und zögerte, zu verletzen. So schoben sie sich also mit ruckartigen, ungelenken Bewegungen durch, taten das aber dennoch mit der Geübtheit von Menschen, die solche Bewegungen bei ähnlichen Türen oft, wohl täglich, vollzogen.
Fellirian paßte genau auf, bis der größte Teil des Verkehrs im Untergrundbahnhof erstorben war. Auf dem Bahnsteig waren noch einzelne Personen zu sehen, aber sie schienen es entweder nicht eilig zu haben oder tief in ihre eigenen Angelegenheiten versunken zu sein. Sie waren an dem Zug oder irgendeinem der Passagiere völlig uninteressiert. Auf ein Zeichen von Fellirian hin nahmen alle Mitglieder der Gruppe ihre Positionen ein: Alle außer Morlenden und Fellirian verbargen sich sorgfältig in dem Abteil. Sie verhielten sich alle still und holten tief Luft. Morlenden klopfte laut an die Tür des Abteils der Agenten. Merkwürdigerweise dauerte es einige Zeit, bis sie Antwort gaben; ihre beiden Wachen waren entweder eingeschlafen oder dösten.
Der ältere Agent, höchstwahrscheinlich der Vorgesetzte, erschien mit einem Ausdruck an der Tür, der sich zu neun Zehnteln aus Ärger über die Belästigung und zu einem Zehntel aus Verdacht zusammensetzte. „Ja, was gibt es für ein Problem?“
Morlenden hoffte, daß er sich anhörte, als sei er in Panik. Er rief hastig: „Das Mädchen! Sie ist weg! Wir waren mit unserem Ritual fertig und sind eingeschlafen – alles schien in Ordnung zu sein. Als wir aber
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