Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
sich plötzlich für einen weiteren Blick um, ging zurück und dieses Mal in das Abteil hinein, das die Ler gerade verlassen hatten. Sie hörten, wie er etwas zu sagen begann, aber was er auch sagen wollte, er brachte es nicht zum Ende. „Aha, da ist ein Hau…!“ Plötzlich herrschte Stille, der leicht raschelnde Geräusche folgten, und kurz darauf erschienen die vier anderen: Kaldherman, Cannialin, Schaeszendur, Krisshantem. Kris kam als letzter, und er schloß beim Hinausgehen sorgfältig die Abteiltür, behielt aber den Schlüssel in der Hand. Er sagte: „Wieviel Zeit noch?“
„Keine Zeit mehr!“ zischte sie. „Schnell jetzt! In die Station!“
Sie gingen nacheinander in den Bahnhof hinaus, betraten ruhig und gesetzt die Betonhöhle. Geräusche hallten von den Betonwänden wider und verloren sich in der düsteren Entfernung. Diese Station war rauchiger als die der Bezirkszentrale. Sie kämpften gegen den Impuls an, loszurennen und gingen scheinbar fast desinteressiert zu einem leeren Unterstand an der Wand, der halb im Schatten lag und dessen eigene Beleuchtung außer Betrieb war. Sie konnten sich nicht alle darin verstecken, aber sie verbargen sich, so gut sie konnten, und standen ganz still, genau wie Kris es ihnen gezeigt hatte, still und schweigsam wie Steine. Und fast bevor sie Zeit gehabt hatten, ihre Positionen einzunehmen, kam der ältere Agent zurück, hastig die verdreckte Treppe herabrennend, und ließ eine Spur von lauten Fußtritten zurück, die sie alle mit ihren Ohren verfolgen konnten. Er trug kleine Metallbeschläge unter seinen Schuhen. Er erschien schwer schnaufend, noch immer in einer schnellen Gangart, murmelte weiter vor sich hin und bestieg den Zug, ohne nach links oder rechts zu schauen, klappte die Brieftasche mit den Fahrkarten auf und schob eine grüne Karte in den Schlitz an der Tür. Die Tür schloß sich, und fast sofort setzte sich der Zug in Bewegung, zuerst leise und langsam, aber dabei in ständiger Beschleunigung. Sie konnten ihn deutlich durch die sich vorbeibewegenden Fenster sehen, wie er ohne nachzusehen in sein eigenes Abteil hineinging und die Tür zuschlug, daß sich die Plastikfenster nach außen wölbten. Der Zug begann, in der Dunkelheit des Tunnels zu verschwinden, der am äußersten Ende des Bahnsteigs begann. Sie standen in dem Unterstand völlig still. Als der Teil des Zugs, in dem sie sich aufgehalten hatten, sich der Tunneleinfahrt weit unten am Bahnsteigende zu nähern begann, beobachteten sie durch ein anderes Fenster, wie plötzlich eine Gestalt aus dem Abteil herausstürzte und verzweifelt den Gang hinauf- und hinabsah. Sie verschwand, ging offensichtlich in ihr Abteil. Als der Agent am Fenster vorbeikam, sah er hinaus und ließ seine geübten Augen über den Bahnsteig schweifen; es war ein geschulter Blick, und doch war dieser Blick nur darauf geschult, Bewegung gegen einen ruhenden Hintergrund, der einen Kontrast bildete, auszumachen. Was menschliche Objekte anbetraf, so bildete die fleckige graue Betonwand einen ausgezeichneten Hintergrund, um nervöse, ruckartige Bewegungen von Menschen auszumachen, die dunkle Kleidung trugen. Das waren genau die Bewegungen, die man den Menschen mit Absicht anerzogen hatte, und dunkle Kleidung war die einzige Kleidung, die zu bekommen war. Die Ler aber waren ruhig und bewegungslos, obwohl sie offen sichtbar dastanden; ihre Winterüberhemden und Umhänge jedoch waren grau, und so waren sie für den Agenten praktisch unsichtbar, und das wären sie auch gewesen, wenn der Zug still am Bahnsteig gestanden hätte. Er hatte sie nicht gesehen, und aus seiner Panik war deutlich ersichtlich, daß er natürlich auch an der Oberfläche von Komplex zehn nichts gefunden hatte.
Der Zug glitt weiter, von Magnetfeldern getragen, erhöhte gleitend seine Geschwindigkeit, und plötzlich verschwand der letzte Wagen in dem klaffenden Maul der Tunnelöffnung. Der Tunnel gähnte leer. Eine Schwingtür mit Ventilen schloß sich lautlos vor dem Tunneleingang. Über dem Tor brannte noch kurz ein gelbrotes Licht, wurde dann grün und ging aus.
Morlenden, der noch keine Bewegung wagte, sagte aus dem Mundwinkel zu Fellirian: „Wie du schon sagtest, ein guter Trick. Ja, der hat mir gefallen. Wieviel Zeit bleibt uns jetzt?“
„Mehr. Vielleicht eine Stunde. Mit ein bißchen Glück, das heißt, wenn jemand anders Fehler macht, noch mehr. Diese Agenten bekommen jetzt normalerweise pro Einsatz nur noch ein Überbrückerticket. Sie haben
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