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Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Titel: Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo
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Mutter?«
    »Nein.«
    »Was gibt’s denn noch?«
    »Wir haben noch nicht für den leeren Sarg gesorgt.«
    Wieder folgte eine Pause. Fauchelevent und die Priorin dachten nach.
    »Vater Fauvent, was soll mit dem leeren Sarg geschehen?«
    »Nun, der wird begraben.«
    »Leer?«
    Wieder eine Pause. Fauchelevent machte mit der Linken eine Geste, wie wenn er eben eine beunruhigende Frage gelöst hätte.
    »Ehrwürdige Mutter, ich nagle auch diesen Sarg in dem niedrigen Saal in der Kirche zu. Niemand außer mir braucht dorthin zu kommen. Dann breite ich das Totentuch darüber.«
    »Ja, aber wenn die Träger kommen und den Sarg in den Leichenwagen bringen, und die Totengräber, wenn sie ihn hineinlassen … die werden doch merken, daß nichts drin ist!«
    »Hol’s der Teu…!«
    Die Priorin bekreuzigte sich und sah den Gärtner streng an. Der …fel blieb in der Kehle stecken.
    Er beeilte sich, eine gute Idee vorzubringen, damit sein Fluch in Vergessenheit gerate.
    »Ehrwürdige Mutter, ich tue Erde in den Sarg. Das wiegt ebensoviel wie ein Mensch.«
    »Sie haben recht. Erde und Mensch ist das gleiche. Sie wollen also die Sache mit dem leeren Sarg in Ordnung bringen.«
    »Alles soll erledigt werden.«
    Das Gesicht der Priorin, das bisher düster gewesen war, heiterte sich auf. Sie entließ den Gärtner mit einem Wink, und Fauchelevent ging zur Türe. Als er sie eben öffnen wollte, sagte die Priorin sanft:
    »Vater Fauvent, ich bin zufrieden mit Ihnen. Führen Sie mir morgen nach dem Begräbnis Ihren Bruder vor und sagen Sie ihm, er soll die Kleine mitbringen.«
Jean Valjean scheint Austin Castillejo gelesen zu haben
    Die Schritte eines Lahmen sind wie die Blicke des Einäugigen, sie kommen langsam ans Ziel. Überdies war Fauchelevent sehr versonnen. In diesem Zustand brauchte er eine Viertelstunde, um in seine Gartenbaracke zurückzukehren.
    »Nun, wie steht’s?« fragte Jean Valjean.
    »Die Schwierigkeiten sind behoben, und sie sind auch wieder nicht behoben. Ich habe die Erlaubnis, Sie einzulassen; aber bevor ich von ihr Gebrauch machen kann, müssen Sie erst hinauskommen. Darüber stolpern wir. Für die Kleine ist gesorgt.«
    »Werden Sie sie hinaustragen?«
    »Wird sie schweigen?«
    »Dafür bürge ich.«
    »Aber Sie, Vater Madeleine? Gehen Sie doch da hinaus, wo Sie hereingekommen sind!«
    Jean Valjean beschränkte sich darauf, wie das erstemal zu antworten:
    »Unmöglich.«
    Fauchelevent, der eher mit sich selbst zu sprechen schien, murmelte:
    »Die andere Sache geht mir auch im Kopf herum. Ich habe gesagt, ich werde Erde hineintun, aber Erde statt eines Menschen, das ist ganz etwas anderes, das rutscht und verschiebt das Gleichgewicht. Die Träger werden es gleich merken. Verstehen Sie, Vater Madeleine, die Regierung wird uns darauf kommen.«
    Jean Valjean sah ihn scharf an, denn er hielt ihn für betrunken.
    »Wie zum Teu…, na, sagen wir Deubel, wie sollen Sie hinauskommen? Und alles das muß morgen geschehen! Morgen soll ich Sie auch hereinbringen. Die Priorin erwartet Sie.«
    Jetzt erklärte er Jean Valjean, daß es sich um eine Belohnung füreinen Dienst handle, den er, Fauchelevent, der Gemeinde geleistet. Er erzählte ihm alles, was vorgefallen war.
    »Was tu ich nur mit dem leeren Sarg?« schloß er.
    »Legen Sie etwas hinein.«
    »Einen Toten? Ich hab doch keinen.«
    »Nein.«
    »Was dann?«
    »Einen Lebenden.«
    »Wen denn?«
    »Mich«, schlug Jean Valjean vor.
    Fauchelevent fuhr auf, als ob eine Bombe unter seinem Stuhle geplatzt wäre.
    »Sie?«
    »Warum nicht?«
    Jean Valjean lächelte so selten, wie die Sonne im Winter scheint, aber jetzt lächelte er.
    »Erinnern Sie sich, Fauchelevent, wie Sie gesagt haben: Mutter Crucifixion ist tot. Da habe ich hinzugefügt: und Vater Madeleine begraben. So steht die Sache.«
    »Ach so, Sie machen Spaß!«
    »Ganz und gar nicht. Ich meine es todernst. Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen auch für mich eine Butte und eine Plane besorgen. Nun, die Butte wird aus Tannenholz sein, ein Sarg, und die Plane ein schwarzes Tuch.«
    »Ein weißes Tuch. Nonnen bekommen ein weißes Tuch.«
    »Meinetwegen ein weißes.«
    »Sie sind kein gewöhnlicher Mensch, Vater Madeleine!«
    Diese verwegene, wilde Idee, die typische Erfindung eines Bagnosträflings, die hier den friedlichen Trott des Klosterlebens durchbrechen sollte, versetzte Fauchelevent in kein geringeres Staunen als etwa eine Möwe einen Pariser, der ihr auf der Rue Saint-Denis begegnet.
    »Wer vernagelt den

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