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Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Titel: Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo
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aussteigt. Ich für meinen Teil verlasse die Post in Vernon. Seine Route kenne ich nicht.«
    »Denke dir nur, Marius! Was für ein scheußlicher Name! Was für eine Idee, ihn so zu nennen. Da ist doch Théodule viel schöner!«
    »Ich möchte gerne Alfred heißen.«
    »Hör mal, Théodule!«
    »Ich höre ja, Tantchen.«
    »Marius bleibt oft von zu Hause fort. Macht Reisen.«
    »Soso!«
    »Er schläft außer Haus.«
    »Oho!«
    »Und wir möchten gerne wissen, was dahintersteckt.«
    Mit tiefster Ruhe erwiderte Théodule:
    »Irgendein Frauenzimmer.«
    »Offenbar«, rief die Tante, die glaubte, Herrn Gillenormand zu hören. »Tu uns einen Gefallen. Geh dem Marius ein wenig nach. Er kennt dich ja nicht, du hast es leicht. Suche dieses Frauenzimmer zu sehen und sage uns, was es damit auf sich hat. Es wird dem Großvater Spaß machen.«
    Théodule hatte keine große Neigung zu solchen Diensten, aber die zehn Louis hatten auf ihn einen großen Eindruck gemacht, und er dachte, man könne es auf eine Fortsetzung ankommen lassen. Darum nahm er den Auftrag an und sagte:
    »Ganz wie Sie wünschen, Tante.«
    Ich als Duenna, dachte er belustigt.
    Fräulein Gillenormand schloß ihn in ihre Arme.
    »Er ist nicht wie du, Théodule, du würdest so etwas nicht tun. Du folgst der Disziplin, hältst dich streng an die Vorschriften, bistein Mann mit Gewissen und Pflichtgefühl. Du würdest nicht deiner Familie entlaufen, um solch ein Geschöpf zu sehen.«
    Der Kavallerist schnitt ein Gesicht wie ein Gauner, der wegen seiner Ehrlichkeit gelobt wird.
    Am selben Abend stieg Marius in die Postkutsche, ohne zu ahnen, daß er einen Wächter bekommen hatte. Dieser Wächter allerdings hatte zunächst nichts Wichtigeres zu tun, als einzuschlafen. Er gab sich dem Schlaf der Gerechten hin. Argus schnarchte eine Nacht lang.
    Im Morgengrauen hörte er den Kondukteur rufen:
    »Vernon! Pferdewechsel in Vernon! Die Reisenden für Vernon aussteigen!«
    Er wurde munter.
    »Richtig«, murmelte er, »hier muß ich ja heraus!«
    Allmählich ordneten sich seine Gedanken, die Tante fiel ihm ein, er gedachte der zehn Louis und des Auftrags, über Marius Bericht zu erstatten. Er mußte lachen.
    Wahrscheinlich ist er schon längst ausgestiegen, dachte er, während er seinen Uniformrock zuknöpfte. In Boissy, Triel, Meulan oder sonstwo. Lauf ihm nach, Tantchen! Was soll ich ihr nur schreiben, der braven Alten?
    In diesem Augenblick wurden vor der Fensterscheibe des Coupés zwei schwarze Hosenbeine sichtbar, die gerade vom Verdeck herabkletterten.
    Es war Marius.
    Ein Bauernmädchen stand vor dem Wagen, zwischen Pferden und Postillons, und bot den Reisenden Blumen zum Kauf.
    Marius trat zu ihr und kaufte die schönsten aus ihrem Korb.
    Holla, dachte Théodule und sprang aus dem Coupé, das ist ja interessant! Was mag das nur für ein Weib sein, dem er solche Blumen bringt? Das muß ja ein Prachtexemplar sein, nach dem Bukett zu schließen. Das muß man sich anschauen!
    Jetzt war es nicht mehr sein Auftrag, sondern die persönliche Neugierde, die ihn veranlaßte, Marius zu folgen; er war gewissermaßen ein Hund, der auf eigene Rechnung jagt.
    Marius achtete nicht auf Théodule. Elegante Damen stiegen aus der Kutsche. Er würdigte sie keines Blickes. Er schien nichts zu sehen.
    Er ist liebestoll, dachte Théodule.
    Marius ging zur Kirche.
    Fabelhaft, dachte Théodule, die Kirche! Ein Rendezvous, geschmackvoll mit einer Messe verbunden, läuft immer gut ab. Man macht den Frauen besonders schöne Augen, wenn der liebe Gott zusieht.
    Aber Marius trat nicht ein. Er ging um die Kirche herum und verschwand hinter einem der Strebepfeiler der Apsis.
    Aha, sie treffen sich draußen, meinte Théodule. Jetzt aufgepaßt!
    Auf den Zehenspitzen schlich er näher. Plötzlich blieb er verblüfft stehen.
    Marius kniete, den Kopf in den Händen vergraben, vor einem Grabhügel. Ein schwarzes Holzkreuz am Kopfende des Grabes zeigte die Aufschrift:
    Oberst Baron Pontmercy.
    Marius schluchzte.
Marmor gegen Granit
    Leutnant Théodule verlor vollkommen die Fassung. Ein peinliches, unanalysierbares Gefühl bemächtigte sich seiner, eine Mischung aus Scheu vor dem Grabe und Respekt vor dem Oberst. Als er zurücktrat, war in seiner Bewegung etwas wie Disziplin. Hier trat ihm der Tod mit großen Epauletten gegenüber, fast hätte Théodule salutiert.
    Er wußte nicht, was er der Tante schreiben sollte, und beschloß, überhaupt nichts zu tun. Vielleicht wäre aus Théodules Entdeckung gar nichts

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