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Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Titel: Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo
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sie ging zu Eponine, die jetzt zwischen dem Frauengefängnis und der Salpêtrière die Verbindung bilden konnte, denn man hatte die beiden Töchter Thénardiers in Ermangelung von gegen sie zeugenden Tatsachen auf freien Fuß gesetzt. Als Eponine das Untersuchungsgefängnis verließ, wartete Magnon schon an der Türe und überbrachte ihr Brujons Schreiben an Babet mit dem Auftrag, die Sache auszubaldowern.
    Eponine ging sofort nach der Rue Plumet, erkannte den Garten und das Gitter, beobachtete das Haus einige Tage lang und brachte schließlich Magnon einen Zwieback, den die Freundin Babets in die Salpêtrière einschmuggelte. Ein Zwieback bedeutet in der symbolischen Sprache der Gauner:
    »Nichts zu machen.«
    Eine Woche später begegneten Babet und Brujon einander auf einem Transport im Korridor des Untersuchungsgefängnisses; der eine kam vom Untersuchungsrichter, der andere wurde gerade hingeführt.
    »Na?« fragte Brujon, »Rue P.?«
    »Zwieback«, erwiderte Babet.
Marius hat eine Begegnung
    Eines Morgens, es war an einem Montag, und Marius hatte eben von Courfeyrac für Thénardier die wöchentlichen fünf Franken entliehen, steckte der junge Mann die Münze in seine Tasche und beschloß, bevor er zum Gefängnistor ging, ein wenig zu lustwandeln. Er hoffte, er werde dann besser arbeiten können.
    So war es nun schon seit langem. Er stand früh auf, setzte sich an seinen Arbeitstisch und begann mit seiner Übersetzung. Damals arbeitete er an einer Übertragung eines berühmten Rechtsstreits zwischen zwei deutschen Gelehrten, Gans und Savigny; er nahm zuerst den Gans vor, las vier Seiten, versuchte etwas zu Papier zu bringen, hatte aber zwischen der weißen Schreibfläche und seinen Augen ein störendes Flimmern; verärgert stand er auf und sagte:
    »Ich gehe aus. Vielleicht komme ich dann in Zug.«
    Dann spazierte er zu dem Lerchenfeld.
    Wohl ging er wieder nach Hause, versuchte sich auf die Arbeit zu stürzen, aber er kam nicht weiter. Es war schier unmöglich, die zerrissenen Fäden in seinem Gehirn wieder zu verknüpfen. Dann dachte er wohl: morgen geh ich aber nicht aus, das hindert mich nur an der Arbeit.
    Und er ging alle Tage aus.
    Bald wohnte er mehr auf dem Lerchenfeld als in Courfeyracs Bude.
    An diesem Tag hatte er am Ufer der Gobelins Platz genommen. Eine heitere Morgensonne schimmerte durch das frische Laub der Bäume.
    Plötzlich hörte er mitten in seiner Niedergeschlagenheit eine bekannte Stimme, die sagte:
    »Holla, da ist er ja!«
    Er blickte auf und erkannte das unglückliche Mädchen, das einmal zu ihm gekommen war, die ältere von den beiden Töchtern Thénardiers, Eponine. Jetzt wußte er sogar, wie sie hieß. Seltsam, sie sah jetzt noch dürftiger, aber schöner aus als einst. Sie hatte in zwei verschiedenen Richtungen Fortschritte gemacht. Einerseits war sie barfuß und in elende Lumpen gehüllt, oder ihre Lumpen waren wenigstens um einige Monate älter geworden: die Risse verbreitert, der Schmutz undurchdringlicher. Die Stimme war noch immer heiser, die Stirn gefurcht, der Blick unstet und frech. Aber es war irgend etwas Beklagenswertes, Verschüchtertes dazugekommen. Die Untersuchungshaft hatte ihre Züge verändert.
    Sie hatte einige Strohhalme in den Haaren, nicht wie Ophelia, die von Hamlets Wahnsinn angesteckt worden war, sondern weil sie die Nacht in einer Scheune zugebracht hatte. Und doch sah sie hübsch aus. O welch ein Stern bist du, Jugend!
    Jetzt blieb sie vor Marius stehen, und ihr bleiches Gesicht zeigteeinen Schimmer von Freude, etwas wie ein Lächeln. Erst nach einigen Sekunden konnte sie sprechen.
    »Also habe ich Sie doch gefunden! Ich war bei Vater Mabeuf, um nach Ihnen zu fragen. Er hatte recht, als er sagte, ich würde Sie hier finden. Wie ich Sie gesucht habe! Wenn Sie wüßten …! Ich war auch im Gefängnis. Vierzehn Tage! Dann haben sie mich laufen lassen. Erstens konnten sie gegen mich nichts sagen, und dann bin ich noch zu jung. Erst in zwei Monaten erreiche ich das nötige Alter. Oh, wie ich Sie gesucht habe! Sechs Wochen lang. Wohnen Sie denn nicht mehr dort?«
    »Nein.«
    »Ah, ich verstehe. Wegen der Sache damals. Solche Geschichten sind ekelhaft. Da sind Sie also ausgezogen. Aber warum tragen Sie nur einen solchen alten Hut? Ein junger Mensch wie Sie soll hübsche Kleider haben. Wissen Sie das, Herr Marius? Der Vater Mabeuf nennt Sie sogar Baron … weiter weiß ich nichts. Sind Sie wirklich Baron? Barone sind doch immer alte Männer, die in den

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