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Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Titel: Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo
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zwei riesenhaften Rädern getragen wurde. Das Ganze sah plump und mißförmig aus. Man hätte sagen können, es sei das Fahrgestell einer großen Kanone.
    Wozu stand dieses Gefährt dort auf der Straße? Zunächst wohl, um den Verkehr zu hemmen, dann aber auch, um weiter zu rosten. In der alten sozialen Ordnung gibt es eine Unmenge von Dingen, die solchermaßen herumstehen und keine weitere Daseinsberechtigung haben als eben die, daß sie eben behinderlich sind.
    Unter der Achse hing eine Kette so tief herab, daß sie fast bis zur Erde reichte, und in der Krümmung dieser Kette, wie auf einerSchaukel, saßen an diesem Abend zwei kleine Mädchen, eines von etwa zweieinhalb Jahren, das andere, jüngere, vielleicht achtzehn Monate; die Kleinere in den Arm der Größeren gelehnt. Ein geschickt verknotetes Tuch verhinderte, daß sie herunterfielen. Eine Mutter hatte diese Kette gesehen und hatte gedacht: halt, das ist ein Spielzeug für meine Kinder!
    Die beiden Kleinen waren nett und sogar etwas gewählt angezogen; ihre Augen leuchteten, ihre frischen Wangen lachten; die eine war kastanienbraun, die andere brünett. Ihre naiven Gesichter strahlten Entzücken aus, ein Blumenbeet in der Nähe sandte einen Duft aus, der den Vorübergehenden von den beiden Kindern zu kommen schien. Die Kleine von achtzehn Monaten zeigte mit der keuschen Unbefangenheit des frühesten Kindesalters einen niedlichen kleinen Bauch.
    Einige Schritte abseits saß auf der Schwelle der Herberge die Mutter, eine Frau von wenig einnehmendem Äußern, die aber in diesem Augenblick immerhin etwas Rührendes an sich hatte; mittels eines langen Stricks brachte sie die Kette zum Schaukeln und überwachte dabei ängstlich die beiden Kleinen mit jenem halb tierischen, halb himmlischen Ausdruck, der der Mutterschaft eigentümlich ist. Bei jeder Bewegung kreischten die Eisenringe gellend auf, die kleinen Kinder jubelten, und die untergehende Sonne mischte ihr Licht in all die Freude; es war, als ob diese Laune des Zufalls eine Titanenkette in eine Girlande der Cherubim verwandelt hätte.
    Während die Mutter die Kleinen wiegte, sang sie eine damals berühmte Romanze:
    »So muß es sein, sagt der Soldat …«
    Ihr Gesang und die Beobachtung der Kinder hinderte sie zu hören oder zu sehen, was auf der Straße vorging.
    Inzwischen war, als sie die erste Strophe jener Romanze anstimmte, jemand näher getreten, und plötzlich hörte sie knapp über ihrem Ohr eine Stimme.
    »Zwei hübsche Kinderchen haben Sie, Frau!«
    »… Zur schönen, süßen Imogen«, fuhr die Mutter fort, wie es im Text wohl lautete; dann wandte sie sich um.
    Eine Frau stand vor ihr. Auch sie hatte ein Kind in den Armen.
    Überdies schleppte sie einen recht umfangreichen Reisesack, der ziemlich schwer zu sein schien.
    Das Kind dieser Frau war das entzückendste Wesen, das man sich nur vorstellen konnte. Ein Mädchen von zwei oder drei Jahren. Und nicht weniger kokett herausgeputzt wie die beiden andern Kleinen. Es trug ein Häubchen aus feinem Linnen, war mit Bändern und Spitzen geschmückt. Das Kleidchen war zurückgeschoben und ließ die weißen, prallen, wohlgeformten Schenkel sehen. Das Gesicht war rosig und verführerisch. Die Kleine verlockte den Beschauer, sie anzubeißen wie einen Apfel. Von ihren Augen konnte man nur sehen, daß sie sehr groß sein mußten und schöne Lider zeigten; denn sie schlief.
    Sie schlief den ungestörten Schlaf ihres Alters. Mutterarme sind Zärtlichkeit; Kinder schlafen darin tief.
    Was die Mutter betraf, so machte sie einen ärmlichen und traurigen Eindruck. Gekleidet war sie wie eine Arbeiterin, die wieder Bäuerin werden will. Sie war jung. War sie auch schön? Vielleicht, aber in dieser Kleidung kam es nicht zur Geltung. Ihr Haar, von dem nur eine blonde Locke sichtbar war, schien sehr dicht, aber es war sorgfältig unter einer Art Nonnenhaube, die am Kinn zusammengebunden war, verborgen. Schöne Zähne kommen nur beim Lachen zum Vorschein, und diese Frau schien nicht fröhlich gestimmt. Es war, als ob ihre Augen noch nicht lange trocken wären. Sie war blaß, sah müde und kränklich aus. An der Art, wie sie das schlafende Kind in ihren Armen ansah, war zu erkennen, daß sie es selbst genährt hatte. Um ihre Hüften hatte sie ein breites, blaues Tuch, wie es die Invaliden gebrauchen, geschlungen. Sie hatte sonnenverbrannte, mit Sommersprossen bedeckte Hände, und der Zeigefinger der Rechten war hart und zerstochen; ein brauner Mantel aus dicker Wolle

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