Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lesebuch für Katzenfreunde

Lesebuch für Katzenfreunde

Titel: Lesebuch für Katzenfreunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse Autoren
Vom Netzwerk:
Geschöpf, bei den Bellefleurs; er durfte im Schloß frei aus und ein gehen und genoß jedermanns ehrfurchtsvolle Bewunderung – jedermanns, Gideon ausgenommen. Von Zeit zu Zeit stieg in Gideon wieder der Wunsch auf, er hätte damals in der Gewitternacht dem Geschöpf den Hals umdrehen sollen. Denn es schien (obwohl niemand wußte, warum es so schien), als habe in jener Nacht alles angefangen. Und nachdem es einmal angefangen hatte, konnte es nicht mehr aufgehalten werden.
    Peter Rühmkorf
    Das Katzenforum
    Damnio schüttelte sich. So hatte er den klebrigen Compagno denn glücklich hinter sich gebracht, mit einem heftigen Satz über dessen Rücken hinweg und in den braun-rot-gold verschossenen Garten hinein und dabei sogar noch eine brauchbare Adresse mit auf den Weg bekommen. Wie beredt der tugendsame Totengräber ihm immer die Katakomben ausgemalt und mit welcher Begeisterung die Unterwelt geschildert hatte, in der sie gemeinsam Grabsteine wälzen und Gerippe putzen wollten, so verdächtig war dessen Redefluß doch an einer Stelle ins Stocken geraten. Das war, als er gelegentlich auf einen »Friedhof der Unfrommen« zu sprechen kam, »das ist kein guter Ort für uns, mein treuer Freund; dort herrscht mehr Leben als Tod und irren mehr unerlöste Reisende hin und her, als würdige Gebeine in den Tiefen ruhen.« Es versteht sich für uns von selbst, daß die Erwähnung fremder Pilgersleute des Katers Interesse sogleich in Anspruch nahm. Da der Hund aber selbst auf das äußerste Drängen hin keine weiteren Erklärungen von sich geben mochte, steigerte sich die Wißbegierde des Damnio so mächtig, daß er sich seiner Spannungen nur noch durch besagten Sprung in den fremden Garten entledigen zu können glaubte. Fort fort, dachte es gleichzeitig in seinem rappeldummen Kopf, nur fort aus der Nähe dieser leichensüchtigen Nase, und wie heftig ihm auch die Dornen um die Ohren peitschten und die engen Stakete ihn zwängten, der Gedanke an reisige Ausländer rief sogleich die schönsten Auferstehungsfreuden in ihm wach. Der Ort, an dem er sich am ersten taufrühen Morgen wiederfand, hatte mit einem Friedhof nicht eben viel zu tun. Die Trümmer einer untergegangenen Welt bedeckten ein Areal von etwa einer Viertelmeile im Quadrat, ein wenig vielleicht an die Ruinenstatt von Kenilworth erinnernd, ein wenig mehr vielleicht an die Hadrianische Mauer, aber das war es nicht allein, was einen gewesenen Menschen und eine frischgebackene Katze interessieren konnte. Hinter schiefen Säulenstümpfen hervor und aus unkrautüberwucherten Kellerlöchern heraus drängten bunt gefleckte Rücken und wild beschriftete Stirnen ans Tageslicht, bis es auf einmal vielhundertpfötig den verschlafenen Platz belebte, hier noch die Keulen reckend, dort schon in den Schultersehnen federnd, anderswo bereits die Krallen durch die Zähne ziehend, Damnio hätte schwören mögen, noch niemals so viele Katzen auf einem Haufen gesehen zu haben. Vollends verrückt schien ihm jedoch und beinahe verwirrend, daß man einen Fremdling nicht nach dem Wohin und Woher seines Weges fragte, sondern nach dem Wohin und Woher des ganzen Katzengeschlechtes.
    »Und Ihr, Herr Vetter, habt gewiß auch Eure eigene Meinung zu den neuen Anpassungstheorien?!« Damnio hob eine Braue und zog ein krauses Gesicht. »Nun, Ihr werdet doch wohl eine Ansicht haben!« Damnio leckte sich verlegenheitshalber erst einmal die Nase. »He! munter, Kamerad. Soll sich die Katzenheit noch weiter an die Menschenrasse anpassen, oder wollen wir lieber unsere alten Sitten pflegen?«
    »Die alten Sitten. Selbstverständlich!« raunzte im Vorübertrotten ein verstimmter Brummbaß, der seinen Schwanz wie einen schweren Säbel durch die Minze schleifen ließ, »wo kämen wir hin, wenn wir uns auch noch unseren prächtigen Katzencharakter abkaufen lassen würden!« Aber ein kleines schwarz und rot gepunktetes Katzenfräulein antwortete vorwitzig-spitz: »Wir müssen ihm nur tüchtig um die Beine streifen. Je angenehmer wir ihm erscheinen, um so freundlicher wird er uns aufnehmen.« Das zierliche Kätzchen sprach gewiß aus Erfahrung, anders es sich nicht so gefällig und beifallssicher in seinen Hüften gewendet hätte, aber auch der Haudegen sprach aus der seinen, denn sein Reden klang realistisch: »Wir müssen ihm deutlich zeigen, daß er uns den Buckel herunterrutschen kann.«
    »Ja, uns den Buckel herunter!« und »Heraus mit dem wahren Katzencharakter!« und »Den Faulpelz hochgehalten!« echote es

Weitere Kostenlose Bücher