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Lesereise Kulinarium - Spanien

Lesereise Kulinarium - Spanien

Titel: Lesereise Kulinarium - Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothea Loecker , Alexander Potyka
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Flakons umgefallen und hundert Aromen würden sich zu einer neuen Kreation vermischen.
    Spaziergänger zieht es zu dieser Zeit auf schmalen Feldwegen durch die endlosen Orangenhaine, entlang an einem Netz ausgeklügelter Bewässerungsrinnen und -kanäle, den acequias , das in seinem Funktionsprinzip auf die maurischen Invasoren des 8. und 9. Jahrhunderts zurückgeht. Wanderer tanken diesen Duft und bewahren ihn in ihrer Seele auf.
    Die Eroberer aus dem Morgenland waren es, die die Orangen nach Spanien brachten. Und den Reis, die Basis für die paella . Und die Mandeln. Sie sind verantwortlich dafür, dass die Täler rund um Pego im Hinterland der Costa Blanca im Januar und Februar in einen rosa Schleier gehüllt sind, wenn dort Aberzehntausende Mandelbäumchen in voller Blüte stehen.
    Bereits im 4. vorchristlichen Jahrhundert sollen die ursprünglich nur als Zierpflanzen kultivierten Orangen erstmals über phönizische und römische Handelswege bis in den östlichen Mittelmeerraum gekommen sein – jedoch ohne sich groß auszubreiten. Der älteste nachgewiesenermaßen kommerziell genutzte Orangengarten an Spaniens Ostküste ist unterdessen weniger als zweihundertfünfzig Jahre alt. Seitdem wuchs das Anbaugebiet rasant an – um zurzeit durch Straßenbau, Urbanisierung und schlicht Betriebsaufgabe wieder zu schrumpfen.
    Rund zwei Millionen Tonnen Orangen werden in Spanien Jahr für Jahr geerntet – die meisten davon im Land Valencia. Doch der arbeitsintensive und vergleichsweise brotlose Beruf des Orangenbauern ist heute bei jungen Leuten nicht mehr gefragt. Lieber bemühen sie sich, die ererbten Orangenhaine nach Möglichkeit als Bauland ausweisen zu lassen oder verkaufen die Familien- Finca inmitten der Pflanzungen mitsamt der Agrarfläche an zahlungskräftige Ausländer, die die Bäume dann allenfalls noch als Hobbybauern pflegen und längst nicht die Erträge ihrer Vorbesitzer vom Fach erwirtschaften.
    In den letzten Jahrzehnten sind vor allem niedrig wachsende Sorten gezüchtet worden, um die Ernte zu erleichtern, die noch immer komplett von Hand erledigt wird. Dabei müssen die Bauern ihre Früchte in großen Körben oft weit schleppen, denn die Lastwagen der Kooperativen passen im seltensten Fall zwischen die Baumreihen und warten meist abseits an einer Zufahrt.
    Viel Profit ist mit den Früchten aller harten körperlichen Arbeit zum Trotz nicht zu machen. Der Preis verdreifacht sich zwar auf dem Weg bis zum Gemüsehändler oder der Supermarkttheke in Hamburg, in Salzburg oder Bern, aber das Wenigste davon fließt in die Kassen des Erzeugers an der Costa Blanca und der nördlich von Valencia gelegenen Costa del Azahar, der »Küste der Orangenblüte«. In jüngster Zeit sind es vor allem Import-Orangen aus Südafrika, die trotz ihres langen Reisewegs die Preise kaputt machen. Der spanische Südfrüchte-Export nach Mittel- und Nordeuropa ist um über die Hälfte eingebrochen.
    Und in Zeiten des weltweiten Klimawandels sehen sich die Bauern noch vor ein neues Risiko gestellt: Sie müssen ihre oft viele Jahrzehnte alten Bäume vor dem Unbill des Wetters schützen – oder verlieren sie. Keiner weiß so recht, wie ihm das gelingen soll. Spätestens seit dem Februar 2005 denken sie über winterharte Züchtungen nach, was wiederum Jahrzehnte dauern wird und erst künftigen Setzlingen eine zusätzliche Chance geben wird, nicht aber dem Bestand. Damals schneite es an der Costa Blanca, ungewöhnlich genug, und der Schnee blieb mancherorts ein paar Stunden liegen. Für viele alte Orangenbäume insbesondere unmittelbar südlich und westlich von Valencia war der Frost zu viel. Sie verloren ihre Blätter – und erholten sich nicht mehr von diesem Klimaschock. Versichert ist ein Bauer gegen so ein Naturereignis nicht. Erwartet hatte es darüber hinaus ebenfalls niemand: Es ist Berufsrisiko – und führte zur Aufgabe weiterer Betriebe.
    Was das für diesen besonderen Duft nach Flirt und Verführung bedeutet? Er liegt nicht mehr als Schleier über dem ganzen Land. Er wird seltener. Und immer kostbarer. Aber es gibt ihn noch. Zum Glück gibt es ihn noch!
    Helge Sobik

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