Lesereise Normandie - der Austernzüchter lädt zum Calvados
am Strand, die die Namen der Hollywood-Legenden zieren: Bette Davis, Douglas Fairbanks Jr., Rita Hayworth, Janet Leigh, Debbie Reynolds, Grace Kelly, Rock Hudson, Elizabeth Taylor, Shirley MacLaine, Jack Nicholson, Richard Chamberlain, Farrah Fawcett, Lee Marvin und Timothy Dalton – sie alle und noch viele mehr adelten das elegante Kleinstädtchen mit ihrem Besuch und ließen bei geeigneter Witterung am Strand die Hüllen fallen.
Ein Stückchen weiter reihen sich mondäne Strandcafés aneinander, auf deren Sesseln ebenfalls schon viele prominente Darsteller Platz genommen haben. Hier sehen auch die Kellner aus wie Filmstars. Wendet man sich wieder der Strandstraße und dem Casino zu, werben dort schöne alte Litfasssäulen für brandneue Kinofilme. Deauville macht es seinen Gästen leicht, zu glauben, dies sei wirklich eine Außenstelle Hollywoods, eine Art Malibu in der Normandie.
Dabei war dies in den frühen Tagen auch ein Treffpunkt bildender Künstler. Zu den frühen Fans Deauvilles zählte Eugène Boudin (1824–1898), einer der ersten Freiluftmaler, der sich hier in seiner Begeisterung für das Seebad gleich ein Haus erbauen ließ: La Breloque, eine bis heute erhaltene, aber der Öffentlichkeit nicht zugängliche Villa, die Boudin den Rest seines Lebens bewohnte. Boudin war an den Ufern des Ärmelkanals aufgewachsen: In Honfleur geboren, arbeitete er im Kindesalter als Schiffsjunge auf einer Fähre zwischen Honfleur und Le Havre. Später studierte er in Paris und unternahm ausgedehnte Reisen. Doch er trennte sich nie lange von der Normandie. Wiewohl er seine letzte Ruhestätte in Paris fand, bewahren das Musée Malraux in Le Havre und das Musée Eugène Boudin in Honfleur den Großteil seiner Werke.
Eigentlich war das alte Fischerdorf Étretat seinerzeit der erklärte Lieblingsort vieler Maler. Claude Monet stellte im Schatten der dramatischen Kreideklippen seine Staffelei auf, ebenso die Kollegen Eugène Delacroix und Georges Seurat. Obwohl die Motivlage in Deauville deutlich weniger spektakulär war, wirkte der Magnetismus der Mode auch auf die Künstler. Deauville war neu und spannend, man wollte nichts verpassen. Also schaute man sich auch hier einmal um. Aber erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts entschied sich der Geldadel endgültig für Deauville; in Étretat wurde fortan wieder mehr gefischt (und gemalt) als gebadet.
Natürlich gehörten und gehören auch adrenalingeladene Stunden am Spieltisch zu den Freuden eines Aufenthalts in Deauville. Die Schriftstellerin Françoise Sagan, die noch als Teenager mit dem Roman »Bonjour Tristesse« einen Riesenerfolg gelandet hatte, gewann an einem Roulettetisch in Deauville am 8. August des Jahres 1958 mit der Zahl Acht achtzigtausend Francs. Das Geld trug sie nicht weit, sondern kaufte sich gleich anderntags davon – nein, nicht acht Häuser, aber immerhin eines in abgeschiedener Lage in Équemauville, nur ein paar Kilometer von Honfleur.
Im älteren, kaum weniger gediegenen, aber urwüchsigeren und auch etwas ruhigeren Trouville fühlt sich seit jeher auch unkonventionelle Prominenz heimisch. Schon seit dem 17. Jahrhundert besitzt der hübsche kleine Ort, der bereits im Mittelalter die Heimat von Fischern war, einen öffentlichen Strand. Besonders gut besucht war der in jenen frühen Tagen vermutlich nicht; ein Badebetrieb, der den Namen verdient, kam erst zweihundert Jahre später auf. Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Trouville ein bescheidenes Fischerdorf, dessen Einwohner nebenbei fünf Austernbänke bewirtschafteten. Dass das Leben leichter sein könnte, ahnte man allerdings auch in Trouville. Schon 1812 wurde deshalb das Glücksspiel legalisiert – als Köder für spielwütige Touristen aus Paris.
Wie in Deauville sind Sandstrand und Casino bis heute hier die beiden Pole sommerlicher Vergnügungen. Tatsächlich schaffte es der kleine Fischerort schon mit Eröffnung des ersten Casinos »Le Salon des Bains« 1838 ins Weltbild der Sommergäste aus Paris. Das heutige Casino entstand 1912; entworfen wurde es unter Beteiligung von Gustave Eiffel.
Ein Künstler aus Paris hatte schon vorher den Weg nach Trouville gefunden: Charles Mozin (1806–1862), der hier Szenen aus dem Alltag des Fischerdorfs malte und sich so wie viele Maler nach ihm um den schnell wachsenden Ruhm der Küste verdient machte. Mit neunzehn Jahren kam er zum ersten Mal hierher. Es gefiel ihm so gut, dass er Kollegen aus der Hauptstadt herlockte und schließlich für immer
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