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Lesereise Normandie - der Austernzüchter lädt zum Calvados

Lesereise Normandie - der Austernzüchter lädt zum Calvados

Titel: Lesereise Normandie - der Austernzüchter lädt zum Calvados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Picus-Verlag
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hier – mit Ausnahme der Kriegsjahre – zu dem Wettbewerb, der ursprünglich Coupe de Deauville hieß, aber schon 1871 in den Großen Preis von Deauville umbenannt wurde. Heute trägt er zusätzlich den Namen des Großinvestors Lucien Barrière (1923–1990), dessen Unternehmen neben vielen anderen auch ein Grand Hôtel und das Casino in Deauville betreibt und das Rennen sponsert.
    Während auf der Bahn dreijährige und ältere Vollblüter rennen und den Zockern auf der Tribüne den Schweiß auf die Stirn treiben, zelebrieren die meisten Zuschauer ein gesellschaftliches Ereignis, das, was die Opulenz der ausgeführten Hüte sowie die Anwesenheit von Geldadel und Aristokratie betrifft, mit dem Meeting im englischen Ascot durchaus mithalten kann. Anderntags werden bei der Yearlings-Auktion in der Salle Elie-de-Brignac einige der wertvollsten Nachwuchsrennpferde der Welt versteigert. Diese Pferde sind eher Kapitalanlagen als Haustiere. Viele von ihnen erzielen Preise, die denen der Luxusautos ihrer neuen Besitzer nahekommen. Interessenten aus der ganzen Welt reisen an und bieten in Euro, Dollar oder Pfund für die jungen Pferde, von denen viele Gestüten der Normandie entstammen.
    Im Kurort Bagnoles de l’Orne, dessen warmes Quellwasser seit Ende des 19. Jahrhunderts als Heilmittel vor allem bei Venenleiden herangezogen wird, ist mit dem »Village du Cheval« ein ganzes Pferdedorf zu Hause, das sich eher an Freizeitreiter richtet. Hier ist außer zahlreichen Pferden und Ponys auch eine Kollektion von Kutschen versammelt. Wer schon immer mal in einer Kutsche aus dem 19. Jahrhundert chauffiert werden wollte, hat hier Gelegenheit dazu. Natürlich stilecht hinter normannischen Pferden.
    Die gutmütigen Schwergewichter aus der Grafschaft Perche werden in Frankreich heiß geliebt. Das Nationalgestüt Le Haras national du Pin im Département Orne, dem am dünnsten besiedelten Gebiet der Normandie, hat sich ihre Förderung zum Ziel gemacht. Denn der Bestand der Rasse, die früher ihrer Kraft wegen vor allem in der Landwirtschaft eingesetzt wurde, war zeitweise dramatisch gesunken. Ihre Geduld und Geschicklichkeit machen die Pferde aber auch zu idealen Reittieren. Und das womöglich schon seit langer Zeit: Wissenschaftler halten es für möglich, dass sie Nachfahren der Pferde normannischer Ritter sind. Äußerst ansehnlich sind sie außerdem. Wenn sich der Vergnügungspark Eurodisney in Paris der schönsten Percherons Europas rühmt, verweisen die Pferdepfleger von Haras du Pin stolz darauf, dass die prachtvollen Tiere in ihren Ställen geboren wurden.
    Haras du Pin ist, ebenso wie das Schwestergestüt Haras de Saint Lô, selbst eine Klasse für sich: Zwölfhundert Hektar misst das Gestüt, zehn Pferderassen werden hier gezüchtet. Die Anlage mit den Großen Stallungen, in denen die Zuchthengste untergebracht sind, mit der Remise für die historischen Kutschen, der alten Schmiede und der Sattlerei steht unter Denkmalschutz. In dem Nobelgestüt gelingt auch der in der Normandie nicht ungewöhnliche Brückenschlag zwischen Reitsport und Kulturgenuss besonders eindrucksvoll: bei Opern und Konzerten in der alten Reithalle. Nach »Carmen« in voller Länge und bei deutlich wahrnehmbarem Pferdeduft erwartet die Besucher im Freien als Zugabe eine Show von Kutschern, die komplizierte Gespanne unterm Sternenhimmel zu den Klängen von Wiener Walzer um den weiten Innenhof des Gestüts jagen. Dessen prunkvolle Architektur erinnert nicht ohne Grund ein wenig an Versailles. Immerhin war es Ludwig XIV ., der den 1715 begonnenen und fünf Jahre später fertiggestellten Bau in Auftrag gegeben hatte. Warum hier? Weil das fette Gras normannischer Weiden als das saftigste und gesündeste im Land galt. Und weil für die Gäule das Beste gerade gut genug ist, sehen viele Gestüte und Reitställe in der Normandie auch so aus wie anderswo die Herrensitze.
    Die gibt es allerdings auch, und zwar sehr zahlreich: sechsundsiebzig Schlösser, ungezählte Herrenhäuser und rund neunzig Parks und Gärten sollen es sein. Wer Kultur und Pferdesport in normannischer Weise miteinander verbinden will, erkundet das Hinterland bei einer Reitwanderung von Schloss zu Schloss. Wer das Glück der Erde eher hinter dem Steuer eines wetterfesten Fahrzeugs vermutet, findet neben Reitwegen durch Wiesen und Wälder freilich auch ein Straßennetz vor.
    Kaum ein Hügel kommt in der malerischen grünen Wiesen- und Heckenlandschaft ohne ein mit Türmen verziertes Schlösschen,

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