Lesereise Schottland
der 1997 den Anstoß gegeben hat. Die Einwohner kauften ihre kleine Hebrideninsel. Die Geschichte ging um die Welt, in Schottland rief sie das mittelalterliche Landrecht auf die politische Tagesordnung. Die Labour Party hat einen Reformvorschlag gemacht, wichtigster Punkt ist die Informationspflicht: Will ein Landbesitzer verkaufen, so muss er die Bewohner davon unterrichten. In der Vergangenheit erfuhren sie meist erst dann vom Verkauf des Grund und Bodens, auf dem sie lebten, wenn der neue Besitzer auftauchte und sich vorstellte – falls er das überhaupt für nötig hielt. In vielen Fällen setzte er nie einen Fuß auf sein Land, wie der berüchtigte Pathologe John Green aus Sussex, der als »Dr. No« bekannt wurde. Nachdem er die Hebrideninsel Raasay gekauft hatte, begann dort schon bald der Niedergang. Green unterband jedes Bauprojekt und verhinderte sogar die Errichtung eines Landestegs für die Autofähre, aber besucht hat er seine Insel nie. In solchen Extremfällen soll das Land künftig an die Bewohner zwangsverkauft werden, so sieht es der Labourvorschlag vor. Die Politiker beeilten sich aber hinzuzufügen, dass ein solcher Fall »selten, vielleicht nie« eintreten werde. Im Normalfall, wenn also ein Landbesitzer freiwillig verkaufen will, soll ein staatlicher Schätzer den Wert der Ländereien festlegen. Die Bewohner haben dann das Erstkaufsrecht, und es muss ihnen genügend Zeit eingeräumt werden, einen Finanzierungsplan aufzustellen. Dabei soll ihnen mit Lotteriegeldern unter die Arme gegriffen werden, um die Anschubfinanzierung zu sichern, denn eine solche großzügige Spende wie im Falle Eigg dürfte wohl einmalig bleiben.
Freilich ist der Labourvorschlag weit von der Revolution entfernt, die mancher Landbesitzer bereits witterte. Er behebt lediglich mittelalterliche Zustände, und das auch nur ganz allmählich und auf freiwilliger Basis. Der Verband schottischer Landbesitzer, eine Art Club der Feudalherren, kann damit gut leben. Sein Vorsitzender Andrew Dingwall-Fordyse sagte: »Die Tage der Dinosaurier sind vorbei. Wir schauen voraus in positivem Geist.« Landbesitzer hätten von der geplanten Reform nichts zu befürchten, fügte er hinzu, warnte aber davor, »Steuergelder für den Kauf von Ländereien zu verschwenden, die niemals profitabel sein werden«.
Die Menschen von Knoydart werden es schaffen, davon sind sie überzeugt. »Manche Leute mit Geld kaufen sich ein Stück Land aus Eitelkeit«, sagt Roger Trussell. »Es ist ein Statussymbol. Aber die Landreform wird kommen, auch wenn es schrittweise passiert. Ein schottisches Parlament kann nicht funktionieren, wenn der überwiegende Teil des Landes englischen lairds gehört, die sich nicht um ihre Ländereien kümmern.«
»Ich rieche Torf und Seetang«
Auf der kurzen Überfahrt von Mallaig nach Armadale auf der Insel Skye ging Henry Vollam Morton vor siebzig Jahren der Gedanke durch den Kopf, dass er dabei sei, sich einen Traum zu zerstören: »Vielleicht wird es ebenso enttäuschend sein, Skye zu sehen, wie später im Leben eine Frau zu treffen, die man als Achtzehnjähriger heiraten wollte. Etwas aber, das aus den blauen Bergen herausleuchtet, bringt mir meine Fassung zurück. Die Wolken lichten sich, und ich sehe seltsame und groteske Berge. Dunkel und heroisch liegen sie da.«
Die Isle of Skye ist mit tausenddreihundertachtzig Quadratkilometern die größte Insel der Inneren Hebriden. Die Autofähre der Reederei Caledonian MacBrayne, die viele Inseln vor der schottischen Küste versorgt, benötigt eine halbe Stunde, um Passagiere zur Insel zu transportieren. Skye ist auf der berühmten schottischen Landkarte des Claudius Ptolemäus aus dem zweiten Jahrhundert verzeichnet. Allerdings verlagerte der Mathematiker und Geograf aus Alexandria die Hebrideninsel in die Nähe von Norwegen und nannte sie »Skitis«. Über die frühen Siedler ist wenig bekannt. Die spätere Geschichte hat jedoch bis heute ihre Spuren hinterlassen. Vor allem im Norden und Westen der Insel zeugen viele nordische Orts- und Familiennamen davon, dass Skye vierhundert Jahre lang unter norwegischer Herrschaft stand.
Auf Skye und im übrigen Hochland hielt sich das keltische Gesellschaftssystem bis ins 18. Jahrhundert. Grundeinheit war der clan , die erweiterte Familie. Ihr stand der chief vor, dem alle zu gehorchen hatten. Nach seinem Tod wählte die Ratsversammlung einen Nachfolger. Auf Skye herrschten drei clans : die MacDonalds, die MacLeods und die MacKinnons.
Die
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