Lesereise Schottland
Geschichte hörte«, sagt Francis, »besuchte er die Gräber auf dem Reilig Odhráin und ließ den Obelisken als Denkmal errichten.«
Auch John Smith ist hier begraben, der britische Labour-Führer, der 1994 an einem Herzschlag starb. Seine Tochter Catherine ist mit Gordon Grant verlobt, dem einzigen Überlebenden des Bootsunglücks. Seine Freunde liegen an der Ostmauer in einem Dreieck, um das der Friedhof vor ein paar Jahren erweitert wurde.
»Es leben nur noch gut hundert Menschen auf Iona«, sagt Francis. »In den vergangenen sieben Jahren hat die Bevölkerung um vierzig Prozent abgenommen. Vor hundertfünfzig Jahren waren es noch mehr als fünfhundert Einwohner auf Iona.« Lediglich vier Kinder besuchen die kleine Grundschule, zum Ende des Schuljahres wechseln alle auf die höhere Schule in Oban auf dem Festland. Dann wird die Grundschule auf Iona wohl schließen müssen, denn es gibt nur ein einziges Baby auf der Insel. »Es wäre sehr schade«, sagt Evelyn McPhail vom Bezirksrat, »denn die Schule ist ein wichtiger Teil der Gemeinde.«
Fast wäre Iona 1979 an reiche US -Amerikaner verkauft worden. Der Herzog von Argyll, dem die Insel damals gehörte, benötigte Geld und setzte ein Verkaufsinserat in die New York Times . In ganz Schottland machte sich Entsetzen breit, doch die Spenden, zu denen der National Trust, eine Treuhandgesellschaft, aufgerufen hatte, reichten bei Weitem nicht zum Kauf Ionas. Da stiftete Hugh Fraser, der damalige Besitzer des berühmten Londoner Kaufhauses Harrods, anderthalb Millionen Pfund, Iona blieb schottisch.
Zwei Fünftel der Einwohner sind über sechzig. Nun geben die Insulaner Anzeigen in der Oban Times auf: »Haus auf Iona nur an Familie mit kleinen Kindern zu vermieten.« Doch es ist nicht einfach, Leute dazu zu bringen, sich auf Iona niederzulassen. »Es gibt keine Arbeit«, sagt Francis, »im Sommer bringt der Tourismus etwas Geld. Viele vermieten ihre Häuser in der Zeit, wir haben jeden Sommer rund zweihunderttausend Besucher.« Da auch die Fischerei und die Landwirtschaft immer weniger einbringen, sind die meisten auf Sozialhilfe angewiesen. Die Arbeitslosigkeit liegt weit über dem Landesdurchschnitt, Zuwanderern kann man nicht viel bieten. So sind die Zukunftsaussichten langfristig schlecht. Die Einwohner hatten große Hoffnungen auf die vier jungen Männer gesetzt. »Vielleicht wären sie auf der Insel geblieben und hätten Familien gegründet«, meint Francis. »Für ein Touristenreservat ist Iona zu schade.«
Wem gehört Schottland?
Wer möchte schon in Knoydart wohnen? Die Halbinsel im Nordwesten Schottlands gegenüber der Insel Skye ist nur zu Fuß über die dreißig Kilometer lange Bergkette zu erreichen, die Straße bricht hinter Kinloch Hourn ab. Im Schnee ist der Weg über die Berge unpassierbar. Das Postschiff, das von Mallaig aus dreimal die Woche in Inverie auf Knoydart anlegt, verkehrt bei diesen Wetterverhältnissen noch unregelmäßiger. Die Überfahrt über Loch Nevis dauert eine Stunde. Die meisten der fünfzig Bewohner von Knoydart stehen an der Pier, als das Schiff im Hauptort Inverie anlegt. Sie bilden eine Kette, um Lebensmittel und Getränke zu entladen.
Das Land, auf dem sie leben, gehört einem Unternehmen mit drei Direktoren: Einer sitzt in einem Frankfurter Gefängnis, gegen den anderen hat das Betrugsdezernat ein Verfahren eingeleitet. Nur Stephen Hinchcliffe, der früher Direktor des Fußballclubs Sheffield United war, hat sich einmal auf dem hundertdreißig Quadratkilometer großen Land sehen lassen. Er sei der neue laird , der Landbesitzer, so stellte er sich den Bewohnern vor. Doch wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten darf er sieben Jahre lang keine Firma leiten, Knoydart steht unter Konkursverwaltung. Über Generationen gehörte die Halbinsel dem clan MacDonald, dessen Mitglieder in die ganze Welt ausgewandert sind und es oft zu etwas gebracht haben, und sei es zu einem Fleischbrötchenimperium. 1984 verkaufte ein Nachfahre, Nigel Chamberlain MacDonald, das Land an einen Geschäftsmann aus dem südenglischen Surrey, der Knoydart in den folgenden Jahren stückchenweise an einen Reg Brealey verkaufte. Der wollte auf der Halbinsel ein Heim für straffällig gewordene Jugendliche bauen, doch seine Firma geriet in finanzielle Schwierigkeiten. Das bisschen Infrastruktur auf Knoydart, darunter der Generator für die Stromversorgung, verfiel zusehends.
Die Knoydart-Stiftung, eine lokale Initiative, machte ein Angebot über
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