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Lesereise Südengland - Tea Time vor Land’s End

Lesereise Südengland - Tea Time vor Land’s End

Titel: Lesereise Südengland - Tea Time vor Land’s End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bengel
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weggerissen. Der Tag hat sich gelohnt wie alle. Wanderzeit ist jederzeit.
    Der South West Peninsula Coast Path, der von Somerset bis Dorset reicht, fünfhundertfünfzehn Meilen auf und ab am Meer entlang, ist das ganze Sommerhalbjahr über gut belebt. Von Ostern bis Oktober dauert die Saison, verrät uns Martin Hunt, ein Wanderführer, den wir zuletzt für einen Tag begleiten. Manche kommen auch im Winter für ein Wochenende her, vier Stunden mit dem Zug von Paddington bis Bodmin, fünfeinhalb bis nach Penzance, um den Alltag ein paar Tage auf der Klippe in den Wind zu hängen.
    Durch hartes Heidekraut erreichen wir den Felsenrand der Robbenbucht, in der die See wie wütend schäumt und weiße Muster auf das Wasser wirft. Nanjizal heißt die Bay, zwei Kilometer südlich von Land’s End. Die weißen Bauten auf der flachen Höhe wären keine halbe Stunde weit entfernt. Doch Martin Hunt schwenkt links, und wir mit ihm, und Englands Ende liegt nun hinter uns. »Forget about Land’s End!«
    Hier splittert nun kein Schiefer mehr, hier mahlen wir beim Wandern den Granitstaub in der dünnen Spur im Gras; es geht hinauf und wieder auf das Meer mit den Zyklopenmauern zu, vier Meilen senkrechten Granits, und bis zu sechzig Meter hoch. An den Abrisskanten ragt der braune Fels in hohen Quadern aus dem Wasser, tief unten in steilen, gekanteten Säulen, zum torfig-weichen Erdreich hin in Blöcken voller Spuren der Verwitterung.
    Buchstäblich en passant zeigt Martin eine Ader Turmalin im aufgerichteten Granit, erklärt den Quarz, der in der Sonne funkelt, und lässt uns an den Flechten fühlen, die bei Trockenheit so hart wie eine Küchenreibe sind und wie ein Lappen, wenn es regnet. Im Hafen von Porthgwarra tätschelt er den Felsen: Das alles hier, so sagt er, ist ungefähr fünfmal so alt wie die Alpen. In einer Handvoll Sätzen lässt er leicht dreihundert Jahrmillionen spielerisch vorüberziehen. Hier standen einmal Berge, höher als der Himalaya. Cornwall war ihr Untergrund, freigelegt vom Regen in den feinen Rissen des erkalteten Gesteins, verweht vom Wind und abgetragen von den Flechten, die beharrlich Feldspat in Hefe und Zucker zerlegen.
    Drei Boote liegen auf dem slipway von Porthgwarra, das uns wie von fern bekannt erscheint, oberhalb die kleinen cottages aus graubraunem Granit, ein rauer Anblick hinter zarten Tamarisken, die den Golfstrom ahnen lassen. Von dort aus führt ein Tunnelgang gleich durch den Fels hinab ans Wasser, wo braune Algenbänder dicht gepackt den Seewind würzen.
    Auf der Höhe deutet Martin hinter uns auf Gwennap Head, die flache Höhe, die wir vor Porthgwarra überwunden haben. – »Das ist Land’s End, das richtige Land’s End: Das ist die Klippe, die den Atlantik vom Kanal trennt, dort stoßen Süd und West zusammen.« Dann geht es weiter durch die Brombeerranken aufwärts, weiter nach St. Levan’s Bay mit schweren Stufen bis zum Strand, die von St. Levan selber stammen sollen, vorüber an Porth Curno mit dem griechisch inspirierten »Minack Theatre«, wo neben Sophokles und Shakespeare der Wolkenhimmel auf dem Spielplan steht, am Logan Rock entlang und auf dem Coast Path bis zur Penberth Cove, wo Martins Frau Elizabeth im Hafen schon mit dem VW -Bus wartet – dazu mit Cornish Cream Tea , malerisch auf einer Decke und auf einer fremden Motorhaube ausgebreitet: Tee aus dicken braunen Kannen, Erdbeermarmelade, zähe, schwere clotted cream und scones , für die sie heute früh um fünf schon aufgestanden ist.
    Und irgendwann auf diesem letzten Stück des Weges fällt uns wieder ein, woher wir Porthgwarra kennen: Hier geht ein Buch von Le Carré zu Ende, »Der Nacht-Manager«, bis hierher zieht er sich zurück, bis nach Land’s End, als endlich alles überstanden ist. So wie sein Autor immer wieder: fernab von der Welt, am Rand von England – und doch nur eine Nacht im Zug entfernt von Paddington.

Entscheidend is’ auf’m Wasser
    Im Hausboot auf der Themse
    Ein Reiher steht im Schilf der Penton Hook Marina wie ein Denkmal seiner selbst aus grauem Stein. Ein Haubentaucher schaukelt unterdessen vor ihm auf und ab und hin und her. Dann, hast du nicht gesehen, ist er weg, taucht vor der Bootswand wieder auf, kippt noch einmal nach vorne und wiederholt das Spiel, sooft wir ihn beobachten. Wir sehen ihn am Swan Hotel vor Staines, in Windsor an der großen Wiese, bei den kleinen Inseln in der Themse und an den Ufern voller Weißdorn und Kastanien. Wir sind die Hasen aus dem Märchen, unterwegs

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