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Lesereise Zypern

Lesereise Zypern

Titel: Lesereise Zypern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knut Diers
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dreißigtausend Freiwillige aus Zypern teil und kämpften Seite an Seite mit den Briten, um ihrem Wunsch Nachdruck zu verleihen. Die Briten aber gaben ihre Kronkolonie nicht her, sodass ein blutiger Kampf einer Untergrundbewegung von 1955 bis 1959 den Besatzern die geruhsame Teestunde gehörig vermieste. Als Zypern 1960 endlich unabhängig wurde, hatte es die Königin von England allerdings geschafft, drei Prozent der zypriotischen Landesfläche forever als eigenes Hoheitsgebiet zu erhalten. Im Falle Hongkongs hatten sich die Briten 1898 noch auf einen Pachtvertrag für neunundneunzig Jahre eingelassen – und mussten schweren Herzens danach abziehen. Hier aber können sie sich im Glanze der unbegrenzten Reichweite einer Zeitmaschine sonnen. So ist Englisch neben Neugriechisch und Türkisch die dritte Landessprache – bloß zu Griechenland gehörte Zypern nie!

Hier Café Berlin
Schlendern durch die letzte geteilte Hauptstadt der Welt
    Die schwarz-weiß gefleckte Katze ist die wahre Heldin dieser überflüssigen Grenzanlage mitten in Nikosia. Sie wechselt die Seite, wie sie will. Gerade ist sie wieder in den türkisch besetzten Norden entwichen, hier am Ende der Sackgasse, wo das Café »Berlin No. 2« Rauchzeichen setzt. Aus einem langen Aluminiumrohr steigt Grillgeruch über die Green Line . Diese grüne Grenze wird allerdings scharf bewacht. Sie heißt nur so, weil die britischen Offiziere die Trennlinie zwischen den türkisch besetzten Vierteln und den griechischen in der Stadt mit einem grünen Stift in ihren Stadtplan einmalten. Es hätte auch ein orangener oder blauer sein können, aber sie hatten gerade diesen auf dem Schreibtisch liegen.
    Wer Niklas beim Zubereiten der Souflaki -Spieße jetzt gegen elf Uhr zusieht, bekommt Appetit. Das Snack-Café ist stadtbekannt für die hohe Qualität seines Angebots, weshalb es auch Kebab-Haus heißt. Doch ist »Berlin No. 2« treffender, denn die meisten sind hier Gast, weil dieses Café mit dem großen Vorzelt, das im Winter mit Heizstrahlern gewärmt wird, eine Teilung verdeutlicht wie einst im fernen Berlin. Keine fünf Meter entfernt steht ein UN -Soldat im halbhohen Wachturm und wacht. Er lässt sich beim griechischen Kaffee für einen Euro fünfzig von hier aus prima beobachten. Sein Blick senkt sich. Liest er? Konzentriert er sich? Will er die Wirklichkeit, die er als belebtes Straßenviertel vor Augen hat, ausblenden? Die einzigen Worte, die er spricht, sind nur durch seine Lippenbewegungen zu sehen. Er telefoniert. Sind es die Vorgesetzten, die er am Apparat hat, oder ist es seine Freundin?
    Antworten liefert nicht einmal die Katze, die gerade von ihrem Streifzug in den Grenzsaum wieder zurück ist und vor dem Café »Berlin No. 2« ihre Pfoten leckt. Dieser Grillgeruch, der muss dem Grenzsoldaten kräftig in die Nase ziehen. Muss man Angst haben, dass ihn das nervt und er fuchtig wird? Niklas sagt nur: »Der kommt nicht hierher!« Die Situation ist grotesk. Da sichern die Vereinten Nationen mit neunhundert Soldaten, die zwischen den verfeindeten Truppen Stellung bezogen, für viele Millionen Dollar im Jahr die oft nur zehn Meter breite Pufferzone zwischen beiden Welten auf der einen Insel. Es sind Soldaten aus aller Welt, die hier Wache schieben. Argentinier und Kanadier sind an den Aufnähern an ihren Uniformen leicht zu erkennen. Doch das ganze Getue ähnelt einem Sandkastenspiel, das die Vereinten Nationen auch schon oft genug fast aufgegeben hätten. Nord und Süd verhandeln oft miteinander. Jede Woche treffen sich zudem die Bürgermeister aus dem Nord- und dem Südteil Nikosias oder deren Delegationen, um Dinge von Abwasserleitungen über Straßennamen bis hin zu Neubauten zu klären. Doch die sind zumindest hier quer durch die Stadt entlang der Grünen Linie nicht zu sehen. Die besten Lagen für Immobilien werden durch mehr als hundert Jahre alte, seit der Teilung leer stehende Häuser mit Einschusslöchern blockiert.
    Da, er hat sich bewegt, der Soldat im Fünfmeterraum neben der Bar. Sie befindet sich unter dem Zeltdach des Cafés »Berlin No. 2« und nennt sich »Checkpoint Charly«. Auch das soll an den früheren Übergang zwischen Ost und West in Berlin erinnern. Nur ist hier kein Übergang, er befindet sich etwas weiter westlich. Jeder kann, wenn er sich in die Schlange stellt und den Pass vorzeigt, mit einem ausgefüllten Zettelchen, das dann amtlich bestempelt wird, in den türkischen Teil gehen und wieder zurück. Seit einiger Zeit sind die

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