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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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ich dir, wie die Lämmer ihre Jungen bekommen. Es ist ganz ähnlich wie bei Mama.«
    Die Geburt der Lämmer fiel in dieselbe Zeit, in der auch die ersten Reisenden nach Independence kamen, um am nächsten Planwagentreck teilzunehmen. Giles fuhr Matilda und Tabitha aus der Stadt heraus zu einer nahe gelegenen Farm, wo ein paar Schafe schon ihre Lämmer geboren hatten und die Geburt einiger weiterer gerade bevorstand. Tabitha sah mit Faszination und Schrecken dabei zu, wie sich ein Schaf niederlegte und langsam sein Junges zur Welt brachte.
    »Es sieht gar nicht aus wie ein Lamm«, rief Tabitha, als sie betrachtete, was ihr wie ein blutiger Haufen Fleisch erscheinen musste. Aber plötzlich lag der Klumpen auf dem Gras, und das Muttertier begann, die Haut fortzulecken, die das Kleine umgab. Die dünnen Beinchen traten um sich, und als es ein schwaches, klägliches Meckern von sich gab, verriet es eindeutig, dass es tatsächlich ein Lamm war.
    »Schau dir das an«, meinte Matilda halb lachend und halb weinend, während sie das Lamm bei seinen ersten Versuchen beobachteten, sich auf seinen wackligen Beinen aufzurichten. »Schau, es sucht schon die Muttermilch. Ist es nicht clever?«
    Tabitha war nur halb befriedigt, und auf dem Weg nach Hause stellte sie noch dutzende Fragen, die Giles und Matilda kaum ehrlich beantworten konnten.
    »Der Doktor wird da sein und Mama helfen«, erklärte Matilda schließlich. »Ihr Kind wird in einem gemütlichen Bett zur Welt kommen. Schafe sind anders, sie brauchen keine Hilfe.«
    »Ich will auch einmal ein Doktor sein, wenn ich groß bin«, verkündete Tabitha wichtig. »Ich möchte eine Menge Babys auf die Welt bringen. Darf ich ein Doktor werden?«
    Giles und Matilda sahen sich einen Moment lang hilflos an. Tabitha war außerordentlich intelligent, ihr Lehrer hatte schon oft betont, wie ungewöhnlich es war, dass ein siebenjähriges Mädchen den zwölfjährigen Kindern in der Klasse überlegen war. Sie las jedes Buch, das zur Verfügung stand, und hatte den größten Spaß, wenn ihr Vater ihr komplizierte mathematische Aufgaben stellte.
    »Du darfst alles werden, was dir in den Sinn kommt«, antwortete Giles schließlich. »Vielleicht sogar Doktor.«
    »Dann werde ich es auch«, entschied sie und faltete die Arme vor der Brust. »Und wenn der Doktor zu Mama kommt, werde ich zusehen, damit ich weiß, was ich machen muss.«
    Ein paar Tage später, als Giles außer Haus und Tabitha in der Schule war, backten Lily und Matilda gemeinsam in der Küche, als es plötzlich an der Tür klopfte. Zu Matildas vollkommener Überraschung standen Cissy und Sidney vor der Tür.
    »Cissy, Sidney!«, rief Matilda aus und trat vor Schreck einen Schritt zurück. »Was um alles in der Welt macht ihr hier?«
    »Wie ziehen nach Oregon in den Westen«, berichtete Cissy mit breitem Lächeln und schritt auf Matilda zu, um sie zu umarmen. »Ich habe eure Briefe bekommen und versucht, jemanden zu finden, der für mich eine Antwort schreibt, aber ich wollte dir Dinge erzählen, die Miss Rowbottom nicht unbedingt lesen sollte.«
    »Wo ist Peter? Oh, Sidney, du siehst so erwachsen aus!« Matilda schloss nun auch ihn in die Arme. Es gab so viel, was sie erfahren wollte, doch der Schock, sie plötzlich auf ihrer Veranda stehen zu sehen, hatte jeden Funken Verstand aus ihrem Kopf verscheucht.
    Lily trat auf sie zu und lächelte scheu. Es war erst während der Reise nach Independence gewesen, als sie von Matilda und Giles die gesamte, unbeschönigte Geschichte der Rettung in Five Points gehört und von diesen beiden führenden Charakteren erfahren hatte. Bei den Erzählungen war Lily aufgegangen, wie wichtig und notwendig diese Hilfe gewesen war. Seitdem war sie oft auf das Thema zu sprechen gekommen und hatte gehofft, dass Sidney und Cissy bald des Schreibens und Lesens mächtig sein würden, damit Matilda mit ihnen in Kontakt bleiben konnte. Ihr Lächeln verriet, dass sie ebenso begeistert wie Matilda war, die beiden vor ihrer Tür zu sehen.
    »Matty vergisst ihre Manieren«, sagte Lily. »Kommen Sie doch bitte herein. Bei einer Tasse Tee können Sie uns beiden alle Neuigkeiten erzählen.«
    Eine halbe Stunde später wusste Matilda, dass Cissy vor einem Jahr John Duncan getroffen hatte, einen Schotten, der im ›Trinity-Haus für heimatlose Kinder‹ in New Jersey vorbeigekommen war, als sein Pferd gelahmt hatte. Er war Zimmermann und hatte sich damals auf der Reise zu einem Haus etwa zwanzig Meilen entfernt befunden,

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