Lesley Pearse
meinem Leben einen Sinn verliehen, James. Du hast mich stark genug gemacht, allen Hindernissen zu trotzen. Dich zu lieben ist alles, was ich jemals von meinem Leben erwartet habe. Wenn ich noch einmal von vorne anfangen könnte, würde ich alles genauso wiederholen, nur dass ich dir an jeden Ort folgen würde, sei es in das abgelegenste Fort, in die Berge oder die Wüste. Ich werde dich immer bei mir behalten, in meinem Herzen, Kopf und Körper.«
Tränen liefen unkontrolliert ihre Wangen herab. Sie strich mit einem Finger über seine Lippen, seine Nase, sein Kinn und seine Ohren, wobei sie sich jedes kleinste Detail für immer einprägte.
Ein rasselndes Geräusch entrang sich seiner Brust, und er klammerte sich an sie. »Küss mich!«
Seine Lippen waren trocken und aufgesprungen, aber sie löste sich nicht von seinem Mund, bis sie seinen letzten Atemhauch spürte und seine Hand in der ihren erschlaffte. »Adieu, mein Liebster«, flüsterte sie.
Sie schloss ihm die Augen und versiegelte sie mit einem Kuss. Dann rief sie die Krankenschwester.
»Möchten Sie seine Habseligkeiten mitnehmen?«, erkundigte sich die Frau freundlich. »Das mag vielleicht ein wenig hastig klingen, aber manchmal ist es gut, etwas zu haben, woran man sich festhalten kann.«
Trotz ihrer Verzweiflung spürte Matilda, dass diese kräftige, einfache Frau kürzlich ebenfalls einen großen Verlust erlitten hatte, und sie umarmte sie für einen Moment stumm.
»Er hatte einen Säbel und eine Pistole bei sich … und die Dinge, die sich in den Taschen seiner Uniform befanden«, sagte die Frau mit zitternden Lippen.
Matilda nickte. Peter sollte seinen Säbel bekommen, und die Pistole würde sie selbst behalten.
Sie setzte sich an James’ Bett, als die Krankenschwester fortging. Er sah genauso aus wie an diesem Tag am Strand von Santa Cruz, als er im Sand neben ihr eingeschlafen war. Es war schwer, sich vorstellen zu müssen, dass diese Augen sich nie wieder öffnen oder diese Lippen sie niemals mehr anlächeln würden. Sie hatte ihn vor fünfzehn Jahren kennen gelernt, war zehn Jahre seine Geliebte gewesen, doch wenn sie die Zeit, die sie tatsächlich miteinander verbracht hatten, aufrechnete, kam sie vielleicht auf sechs Monate.
Der Tod war für sie so alltäglich geworden, dass sie langsam angenommen hatte, sie wäre abgestumpft. Aber dem war nicht so, das merkte sie jetzt. Sie fühlte sich tödlich verwundet und glaubte, ihr Herz würde jeden Moment aufhören zu schlagen. Amelias Tod hatte sie zusammenbrechen lassen, doch sie hatte ihn ertragen müssen, weil sie noch die anderen Kinder gehabt hatte, die auf sie angewiesen waren. Aber seit Amelias Tod war James ihr leuchtender Stern gewesen, der ihr Orientierung geschenkt hatte. Er hatte ihr versprochen, dass sie gemeinsam alt werden würden, und sie hatte ihm geglaubt. Er war ihre Liebe und ihr Leben. Ohne ihn hatte nichts mehr einen Wert.
Die Krankenschwester kehrte ein paar Minuten später zurück und trug den Säbel und die Pistole in einem mit Stoff zusammengebundenen Bündel, an dem ein Schild mit der Aufschrift Brigadier Russell befestigt war.
»Das hier war auch dabei«, meinte die Krankenschwester und reichte ihr eine kleine Brieftasche aus Leder.
Eine von Matildas Locken fiel heraus, als sie das Täschchen öffnete. Innen fand sie die Fotografie von sich, die sie vor Jahren in San Francisco aufgenommen hatten. Das Bild war verblasst und durch die ständige Berührung verknittert. Als sie eine kleine Seitentasche öffnete, fand sie das rote Strumpfband, das er ihr in dieser Nacht in Santa Cruz abgeluchst hatte. Auch das war verblichen und inzwischen nur noch hellrosa. Sie verwahrte das andere zu Hause in einer Schublade, und es war noch leuchtend rot. Sie hatte es in ihrer ersten gemeinsamen Nacht nach seiner Rückkehr aus dem Krieg tragen wollen.
Tränen liefen ihre Wangen herab, als sie ihre Locke mit dem Foto und dem Strumpfband wieder in seine Brieftasche zurücklegte und sie der Krankenschwester zurückgab. »Ich denke, er würde dies gern bei sich behalten«, sagte sie einfach. »Werden Sie darauf Acht geben, dass es mit ihm beerdigt wird?«
Die Schwester nickte und legte eine Hand auf Matildas Schulter. »Mir tut es so Leid«, sagte sie mit sanfter Stimme. »Er war ein guter Mann und ein tapferer Soldat.«
»Der beste«, flüsterte Matilda und kämpfte die Tränen zurück. Als sie das schwere Bündel aufnahm und es sich an die Brust presste, sah sie der Frau noch ein
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