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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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was sie diesen Rassen in der Vergangenheit angetan haben. Die Engländer haben die Iren jahrhundertelang ausgenutzt und unterdrückt. Die Amerikaner haben die Schwarzen versklavt. Was die Iren und die Farbigen also gemeinsam haben, ist, dass sie aus einem Umfeld extremer Entbehrungen kommen. Hunger und erschreckende Lebensbedingungen sind nichts Neues für sie. Sie kommen in der Stadt mit nicht mehr als den Kleidern auf der Haut an, und der einzige Ort, an dem sie Schutz finden können, ist unter ihresgleichen.«
    »Warum finden sie keine Arbeit?«
    »Die Ehrgeizigen finden Arbeit. Jedem Iren, der in Five Points endet, stehen hundert Iren gegenüber, die in Amerika Erfolg haben und sogar über ihren früheren Status hinausgewachsen sind. Sie fahren Kutschen und machen Geschäfte auf jedem Gebiet, das man sich vorstellen kann. Die Situation der Schwarzen ist ähnlich, obwohl sie gegen noch mehr Vorurteile zu kämpfen haben. Doch die Unglücklichen, die in Five Points landen, sind dort gefangen. Du hast mir einmal erzählt, dass du keinen besseren Job als den der Blumenverkäuferin finden konntest, weil du keine Kleidung hattest. Für sie ist es genau das Gleiche.«
    »Aber mir ist es gelungen, dort herauszukommen, weil Sie mir geholfen haben«, wandte sie ein. »Sicher können wir das Gleiche auch für sie tun.«
    »Matty«, entgegnete er. »Wir sprechen hier über Menschen, denen teilweise gar nicht zu helfen ist. Die meisten sind Analphabeten ohne jegliche Ausbildung. Andere sind krank, und dieser Ort verdirbt sie und lässt sie sogar gewalttätig werden.«
    »Ich bin mir sicher, dass man ihnen irgendetwas beibringen könnte«, beharrte sie wütend. »Man kann sie nicht einfach ignorieren.«
    »Natürlich nicht«, bemerkte Giles sanft. »Doch wie sollen wir diejenigen erreichen, die so tief gesunken sind, dass sie nur noch nach dem Vergessen durch Alkohol streben? Sie sind keine Jungen und Mädchen, die begeistert nach jeder Chance greifen, die ihnen geboten wird, sondern kranke, verkommene Menschen, fast alle ohne jedes moralische Empfinden. Five Points ist ein Sündenpfuhl, Matty. Jede Nacht werden dort Menschen umgebracht. Diebstahl und Prostitution sind die einzigen Überlebenschancen der Menschen.«
    »Aber den Kindern müsste man doch wenigstens helfen«, sagte sie schwach und dachte an ihren Bruder George.
    Giles schaute Matilda an, und als er in ihren Augen dieselbe Qual entdeckte, die er selbst verspürte, hätte er sie am liebsten in seine und Darius Kirkbrights Pläne eingeweiht, an denen sie die vergangenen Wochen gearbeitet hatten. Aber der Gedanke, dass Lily oben schlief und nicht ahnte, in welche schrecklichen Gegenden seine Arbeit ihn geführt hatte, beunruhigte ihn tief. Wie würde sie reagieren, wenn sie erführe, dass er sich einer Bediensteten anvertraut, sie aber nicht informiert hatte?
    »Die Waisenkinder könnten gerettet werden«, gab er zögerlich zu und versuchte, so zu wirken, als wäre ihm der Gedanke eben erst gekommen. »Ich glaube, es gibt hunderte von ihnen. Man könnte sie sicher an einen anderen Ort bringen, an dem man sich um sie kümmern würde.«
    Matilda wollte gerade ausdrücken, wie hervorragend sie diese Idee fand, als ihr plötzlich dämmerte, dass die informierte Art, wie er über das Problem gesprochen hatte, darauf hindeutete, dass er vielfach dort gewesen sein musste. So wie sie ihn kannte, hatte er unmöglich einfach ignorieren können, was er gesehen hatte.
    »Oh, Sir! Sie haben es bereits geplant, nicht wahr?«, platzte Matilda plötzlich heraus.
    Er errötete und schaute zur Seite.
    »Oh, Sir!«, rief sie aus. »Sie arbeiten bereits seit Wochen daran, oder? Was wird Mrs. Milson sagen, wenn sie davon erfährt? Sie denkt, Sie besuchen Kranke und mischen sich unter die feinen Herrschaften in der Gemeinde.«
    Obwohl Matilda schockiert war, musste sie beinahe lachen, weil Giles wie ein begossener Pudel dreinschaute. Sie kannte diesen Gesichtsausdruck von ihren Brüdern, wenn sie sie bei etwas Verbotenem erwischt hatte.
    »Ich möchte mir lieber nicht vorstellen, wie sie es aufnehmen wird«, gestand er leise. »Ich vermute, sie würde sich Tabitha schnappen und nach England zurückgehen. Aber ich muss es tun, Matty. Wenn Mrs. Milson einen Soldaten geheiratet hätte, würde sie akzeptieren, dass er kämpft. Ich bin ein Soldat Gottes, und dies ist mein Kampf. Sie darf mich nicht dazu bringen, dass ich meine Pflichten aufgebe, nur damit in meinem Heim Ruhe und Harmonie

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