Lesley Pearse
Kindermädchens, nach denen ich suche«, bekannte er mit einem gezwungenen Lächeln.
»Sie meinen doch nicht, dass ich Ihnen in Five Points helfen soll, oder?« Die Überraschung ließ ihre Stimme lauter werden.
»Wer sollte mir helfen, wenn nicht du, Matty? Ich weiß, dass du vor einem schmutzigen Kind nicht zurückschreckst, weil du selbst eines warst. Auch ist dir bekannt, was es bedeutet, aus Armut und Elend herausgehoben zu werden. Du bist nicht zimperlich, hast Mut und einen gesunden Menschenverstand. Glaubst du, du kannst mir helfen, einige dieser Waisen für das Heim zu finden?«
Matilda fragte sich flüchtig, ob er nicht derjenige wäre, der an der Schwelle zum Wahnsinn stand. Seiner Frau hatte er nichts erzählt, und jetzt wollte er ihr die Bedienstete fortnehmen, damit sie ihm selbst zur Seite stand.
Als sie ihm dies sagte, lachte er zu ihrer Verblüffung. »Aber verstehst du denn nicht, dass wir ihr so ihre Ängste nehmen können? Sie weiß bereits, dass die Kirche Geld zur Verfügung gestellt hat, um ein Waisenhaus in New Jersey zu errichten. Es ist schon bald bereit, Kinder aufzunehmen. Wenn ich ihr erzählen würde, dass Darius Kirkbright und ich ein paar Kinder gefunden haben, die der Hilfe und Pflege bedürfen, und wir gern möchten, dass du uns hilfst, sie nach New Jersey zu bringen, um ihnen die Furcht zu nehmen, wird sie nie auf den Gedanken kommen, dass sie etwas anderes sind als gewöhnliche Waisenkinder, die um ihre Mütter trauern. Sie wäre nur zu glücklich, wenn du helfen könntest.«
Matilda wusste nicht mehr, was sie denken sollte. Einerseits schien es ihr ein gemeiner Betrug zu sein. Aber konnte es schlecht sein, kranke und hungrige Kinder zu retten?
»Erzählen Sie mir von diesem Heim!«, bat sie ihn.
Er beugte sich zu ihr hinüber, und seine Augen blitzten aufgeregt. Es soll ›Trinity-Haus für heimatlose Kinder‹ heißen. Es ist ein stabiles Gebäude, das von offener Landschaft umgeben ist. Früher wurde es als Quarantäne-Hospital verwendet.« Er hielt kurz inne und schaute ihr in die Augen. »Die größten Schwierigkeiten haben wir damit, die richtigen Kinder für das Heim zu finden. Du weißt sicher besser als ich, dass Straßenkinder jedem Menschen misstrauen, erst recht einem Pfarrer. Mit einer jungen Frau an unserer Seite, die ihre Sprache spricht, ihre Sorgen versteht und ihnen erklärt, was wir für sie tun möchten, könnten wir dieses Problem sicher überwinden.«
Matilda hatte es für einen Moment die Sprache verschlagen. Sie bewunderte seine Pläne und wollte ein Teil dessen sein. Doch in diesem Fall würde sie immer wieder in diese schreckliche Gegend gehen müssen, und wenn sie nach Hause kam, würde sie ihrer Herrin ins Gesicht schauen müssen und dabei niemals durchblicken lassen, was sie täglich sah. War sie dazu überhaupt fähig?
»Aber was ist mit dem Risiko einer Infektion, Sir?«, wandte sie ruhig ein. »Man kann diese Kinder nicht aus Five Points holen, ohne mit ihnen in Berührung zu kommen. Sie werden wirklich verlaust sein, und sie könnten Krankheiten haben, mit denen ich Tabitha anstecken könnte. Ich fürchte nicht um mich selbst, nur um sie und Mrs. Milson.«
Giles wusste plötzlich, dass es richtig gewesen war, Matilda in seine Pläne einzubeziehen. Obwohl er immer von der Richtigkeit überzeugt gewesen war, diesen Kindern zu helfen, hatte es ihn so unter Druck gesetzt, es vor Lily geheim zu halten, dass er manchmal das Gefühl gehabt hatte, er könnte nicht weitermachen. Doch indem er seine Begeisterung nun teilen konnte, waren auch seine Überzeugungen zu ihm zurückgekehrt. Jetzt konnte er den Weg vor sich klar erkennen. Wenn er Matilda mitnahm, würde dies Lilys Befürchtungen zerstreuen. Er fühlte sich, als wäre er wieder zwanzig, voller Stärke und Enthusiasmus.
»Wir haben eine Art Zwischenstation eingerichtet. Dorthin werden wir die Kinder zuerst bringen«, erklärte er. »Ein Arzt wird uns dort unterstützen. Wir werden jede Vorsichtsmaßnahme ergreifen.« Er nahm ihre Hand. »Nun, können wir Partner sein?«
Sie spürte eine Wärme, die ihren Körper durchströmte wie heißer Sirup. Vielleicht wäre es sicherer, abzulehnen und ihm zu versprechen, vor seiner Frau Stillschweigen zu bewahren. Doch damit würde sie ihn nicht unterstützen können. Matilda konnte nicht vergessen, was sie früher am Tag gesehen hatte, oder einem Mann ihre Hilfe verweigern, der kleine Kinder retten wollte.
»Sie werden Madam erzählen, dass ich Ihnen
Weitere Kostenlose Bücher