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Letale Dosis

Letale Dosis

Titel: Letale Dosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Straße, steckte die Hände in die Hosentaschen, schüttelte den Kopf.
    »Er will also nichts über seine Vergangenheit sagen. Das kann ich mir denken, ich kann es mir sogar lebhaft vorstellen. Und jetzt wollen Sie von mir, dem verstoßenen Sohn, hören, was denn an der Vergangenheit meines Vaters nicht stimmt. Nun, nichts stimmt, gar nichts! Aber Einzelheiten werden Sie von mir nicht erfahren. Ich sage Ihnen nur, wenden Sie sich an ihn. Löchern Sie ihn, vielleicht gelingt es Ihnen ja, ihm ein paar Geheimnisse zu entlocken. Ich werde jedenfalls meinen Mund halten. Mir ist esegal, ob es jemanden gibt, der ihm droht, mir ist es sogar egal, ob ihn jemand umbringen will. Ich würde nicht einmal zu seiner Beerdigung gehen. Ich habe keinen Vater mehr.«
    »Das tut mir leid, Herr Fink. Ich meine es wirklich so. Aber wenn Sie schon nicht über Ihre Familie reden wollen, dann sagen Sie mir doch wenigstens bitte, was Sie über Rosenzweig und Schönau wissen.«
    Fink drehte sich um, lehnte sich gegen die Fensterbank, kniff die Lippen aufeinander, sein Blick war ernst.
    »Ehrlich, ich weiß über die beiden fast gar nichts. Ich bin seit beinahe sieben Jahren nicht mehr in der Kirche gewesen, und ich kenne sie einfach zu wenig. Laura oder Stephan können Ihnen sicher eine ganze Menge sagen …«
    »Aber Sie kennen die beiden doch aus Ihrer Jugend, oder?«
    »Natürlich. Aber als Jugendlicher achtet man nicht so sehr auf die alten Herren. Ich weiß nichts«, sagte er, den Blick zu Boden gerichtet. »Ich weiß absolut nichts. Und wenn Sie jetzt bitte gehen wollen, ich möchte allein sein. Ich habe alles gesagt, was ich weiß …«
    »Nein, das haben Sie nicht. Ich könnte unter Umständen verhindern, daß ein weiterer Mord geschieht, wenn Sie mir mehr erzählen würden …«
    »Ich kann nicht«, sagte er leise, mit flehendem Blick. »Ich kann es wirklich nicht. Bitte, gehen Sie. Sprechen Sie mit Laura oder Stephan. Sprechen Sie von mir aus auch mit meiner Mutter, vor allem aber – reden Sie mit
ihm
. Nur er kennt
alle
seine Geheimnisse. Und womöglich auch die von Rosenzweig und Schönau.«
    Er hat Angst
, dachte Durant und stand auf. Sie ging zu ihm, reichte ihm die Hand. Seine Handflächen waren verschwitzt, er zitterte. Als sie ihn ansah und sich ihre Blicke trafen, traten Tränen in seine Augen. Er wandte sich ab, fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht.
    »Hier«, sagte sie und gab ihm ihre Karte. »Wenn Sie mit mirsprechen wollen, rufen Sie mich an. Überlegen Sie es sich. Manchmal hilft es, über den eigenen Schatten zu springen.«
    Er nickte nur. Als Durant schon an der Tür war, rief er ihr hinterher: »Ihre Zigaretten …«
    »Behalten Sie sie. Ich hol mir neue.«
    Sie lief die acht Stockwerke nach unten. Schmierereien an den Wänden, die Betonstufen vollgespuckt und verdreckt, die dicken Milchglasscheiben erinnerten sie an ein Gefängnis, es stank nach Urin, Kot und Erbrochenem. Sie atmete so flach wie möglich, um dem Gestank keine Chance zu geben. Erst im Freien holte sie tief Luft, ging mit schnellen Schritten zu ihrem Wagen, stieg ein, startete den Motor und verließ das Viertel. Ihr nächstes Ziel war Stephan Fink. Sie hielt an einem Kiosk, kaufte eine Schachtel Zigaretten. Während der Fahrt dachte sie an Jürgen Fink und seine Angst. Sie fragte sich, was wohl das große Geheimnis des Karl-Heinz Fink sein mochte. Und sie bezweifelte, aus Stephan Fink mehr herauszukriegen. Sie würde es trotzdem versuchen.

Freitag, 10.10 Uhr
    Sie hielt vor dem kleinen Haus in Unterliederbach, stieg aus, sah zum Himmel, der von einer milchigen Wolkenschicht überzogen war. Die Schwüle war erdrückend. Sie ging zum Tor, das offenstand und von dem aus es etwa zehn Meter bis zur Haustür waren. Auf einem kleinen Schild stand der Name Fink. Sie klingelte, es dauerte einen Moment, bis ein großer, untersetzter, dunkelhaariger Mann in der Tür stand, der ihr auf den ersten Blick unsympathisch war, warum, vermochte sie nicht zu sagen; vielleicht war es sein düsterer Blick, vielleicht seine Haltung, vielleicht der harte Zug um den Mund, vielleicht auch alles zusammen.
    »Ja, bitte?« fragte er mit ungewöhnlich heller Stimme, den Kopf leicht zur Seite geneigt.
    »Durant, Kriminalpolizei«, sagte sie. »Ich würde mich gern einen Augenblick mit Ihnen unterhalten.«
    »Worüber?« fragte Stephan Fink mißtrauisch.
    »Über die Herren Rosenzweig und Schönau, und über Ihren Vater.«
    »Kommen Sie rein«, sagte er und machte die Tür frei.

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