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Letale Dosis

Letale Dosis

Titel: Letale Dosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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»Geradeaus ist das Wohnzimmer.«
    Es war ein nicht sonderlich großer, heller Raum, der von Sonnenlicht überflutet war. An der Wand hingen Bilder, wie Jürgen Fink sie beschrieben hatte – Christus, Engel, Himmel. Auf dem Wohnzimmertisch lag eine aufgeschlagene Bibel, daneben ein Block und ein Stift. Irgendwie erinnerte sie das Zimmer an einen Raum, den sie schon einmal betreten hatte, vor einigen Jahren; alles wirkte steril, eine seltsame Stille umgab sie, der Raum strahlte trotz der Hitze draußen eine ungewöhnliche Kälte aus. Alles versprühte Heiligkeit, doch war es wirklich Heiligkeit oder nur der Schein davon?
    »Nehmen Sie Platz«, sagte Fink und deutete auf einen der beiden weißen Ledersessel. »Meine Frau ist heute vormittag nicht da, sie ist mit dem Kleinen beim Arzt. Sie müssen also mit mir allein vorliebnehmen.«
    »Ich wollte sowieso nur mit Ihnen sprechen«, sagte Durant und setzte sich. Fink, der eine helle Sommerhose und ein weißes Hemd trug, nahm schräg gegenüber auf der Couch Platz.
    »Also«, sagte er und schaute zur Uhr, als wäre er in Eile, »was gibt es Dringende?«
    »Ich komme gerade von Ihrem Bruder. Er …«
    »Er ist ein Säufer und ein Junkie. Das schwarze Schaf der Familie. Von ihm brauchen Sie nicht allzuviel zu erwarten«, sagte Stephan Fink schnell mit kühlem Blick und abfälligem Ton. »Für ihn ist die Welt und alles, was darauf lebt, schlecht und verkommen.Ich würde nicht zuviel auf das geben, was er im Suff von sich gibt.«
    »Nun, es mag sein, daß er trinkt, aber ob er ein Junkie ist, kann ich nicht beurteilen, den Eindruck hat er nämlich auf mich nicht gemacht. Und was meinen Sie damit, ich solle nicht zuviel auf das geben, was er sagt? Was hätte er denn Ihrer Meinung nach sagen können?«
    Stephan Fink lächelte überheblich, schlug die Beine übereinander, verschränkte die Arme über der Brust. Körpersprache.
    »Ich weiß ja nicht, was Sie ihn gefragt haben.«
    »Sie haben offensichtlich kein gutes Verhältnis zu ihm, wie mir scheint. Aber Sie sind doch Brüder.«
    »Na und? Was bedeutet es heutzutage schon noch, Brüder oder Schwestern zu haben? Brüder töten Brüder, Schwestern töten Schwestern. Er hätte den Himmel auf Erden haben können, statt dessen hat er die Hölle gewählt. Nun, jedem Menschen wurde die Entscheidungsfreiheit gegeben, und die einen machen das Beste daraus, die andern mißbrauchen sie. Jürgen hat sich leider für letzteres entschieden. Aber das ist allein sein Problem. Er hätte eben auf Vater hören sollen.«
    »Was hat Ihr Vater denn gesagt?«
    »Sind Sie gekommen, um über Familienangelegenheiten mit mir zu sprechen? Ich denke doch nicht, oder? Außerdem ist meine Zeit knapp bemessen.«
    »Gut, ich will es so kurz wie möglich machen. Ich weiß nicht, ob Ihr Vater seit gestern mit Ihnen gesprochen hat, aber er hat mir einen Brief gezeigt, in dem ihm recht unmißverständlich gedroht wurde …«
    »Ja, ja, ich weiß, mein Vater hat mich gestern abend angerufen. Und er hat auch gesagt, daß die Polizei sich weigere, ihm Schutz zu gewähren. Das stimmt doch, oder?« fragte er mit einem zynischen Grinsen, für das Durant ihm am liebsten eine runtergehauen hätte.
    Sie ließ sich ihre Emotionen nicht anmerken, erwiderte statt dessen mit kühler Gelassenheit: »Das ist nur zum Teil richtig. Wir können ihm jedoch keinen Personenschutz gewähren, der ihn rund um die Uhr bewacht. Dafür ist die Polizei nicht zuständig. Aber was ist denn Ihre Meinung, wer hinter diesem Brief stecken könnte?«
    »Keine Ahnung. Wahrscheinlich irgendein Verrückter. Vielleicht sogar mein lieber Bruder, dem ist alles zuzutrauen.«
    »Sie trauen Ihrem Bruder so etwas zu? Würden Sie ihm auch die Morde an Rosenzweig und Schönau zutrauen?«
    »Warum nicht?«
    »Und das Motiv?«
    »Neid. Menschen, die nichts haben, oder besser gesagt, die alles verloren haben, sind zu allem fähig. Sie blicken voller Neid auf das, was andere besitzen, und wenn sie es nicht bekommen können, dann holen sie es sich einfach. Neid ist eine Eigenschaft des Teufels … aber was rede ich da, Sie haben sicherlich nicht viel mit Religion am Hut …«
    »Erzählen Sie ruhig weiter, mein Vater ist Priester. Es interessiert mich. Was hat es mit dem Teufel auf sich?«
    »Ach, vergessen Sie’s. Es ist unwichtig.«
    »Aber Sie haben eben Neid als Motiv für die Morde genannt. Und Sie verdächtigen Ihren Bruder. Deshalb würde ich gern mehr dazu von Ihnen hören.«
    »Also gut, wenn Sie

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