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Letale Dosis

Letale Dosis

Titel: Letale Dosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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unbedingt wollen. Der Teufel ist der Vater des Neids. Er hat keinen Körper wie wir, er möchte aber einen haben, doch weil er weiß, daß er nie einen Körper besitzen wird, möchte er, daß wir alle so werden wie er. Schlecht, gemein, hinterhältig, verdorben. Und dazu ist ihm jedes Mittel recht. Schauen Sie, mein Bruder hatte alles, wovon ein Mensch nur träumen kann, eine intakte Familie, ein gutes Zuhause, eine erstklassige Erziehung. Er hätte sich um Geld niemals Sorgen zu machen brauchen, vor allem aber hatte er die Gewißheit, daß unser Vaterim Himmel ihm stets zur Seite stand. Doch was machte er? Er hat genau das getan, was der verlorene Sohn in dem Gleichnis tat – er trat das, was ihm gegeben war, mit Füßen, wandte sich von seinen Eltern und Geschwistern und, was am schlimmsten ist, von Gott ab, und jetzt ist er dort gelandet, wo der Abschaum unserer Gesellschaft lebt. Es tut mir leid um ihn, doch helfen kann ich ihm nicht. Und ich bezweifle, daß er es kann. Nein, das ist falsch, es tut mir nicht leid, es wäre eine Vergeudung von Gefühlen. Er hat dieses Leben gewählt und er muß damit zurechtkommen.«
    »Aber ist der verlorene Sohn nicht wieder von seinem Vater aufgenommen worden?«
    »Ja, nachdem er bereut hatte. Mein Bruder würde auch alles machen, nur nicht bereuen, denn er ist überzeugt davon, damals richtig gehandelt zu haben, als er sich von der Familie lossagte. Aber Sie konnten sich ja selbst überzeugen, in welch verkommenem Zustand er sich befindet. Er hat sich entschieden, und diese Entscheidung hat ihm das Genick gebrochen. Ich weiß, es hört sich hart an, aber diese Welt ist hart. Und nur die Starken überleben. Das ist das Gesetz der Natur, und diese Gesetze wurden nicht von Menschen gemacht, sondern von Gott. Es ist das Gesetz der natürlichen Auslese. Die Spreu wird vom Weizen getrennt.«
    Julia Durant wußte, daß sie einem gerade einmal dreißigjährigen Mann gegenübersaß, doch was er sagte und vor allem, wie er es sagte, glich den Äußerungen alter, innerlich versteinerter Menschen, die nicht mehr nach links oder nach rechts schauten, sondern nur noch geradeaus. Sie war entsetzt, versuchte sich diese Regung aber nicht anmerken zu lassen..
    »Trauen Sie Ihrem Bruder wirklich einen Mord zu?«
    »Ich sagte doch schon, ich traue ihm alles zu. Er ist doch nicht mehr in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Und er will sich für das an ihm begangene Unrecht rächen. Dabei hat ihmkein Mensch etwas getan, er hat sich alles selbst zugefügt. Er leidet, aber er hat dieses Leid selbst gewählt. Und trotzdem will er sich rächen.«
    »Hat er Ihnen das gesagt?« fragte Durant mit zu Schlitzen verengten Augen.
    »Nein, das braucht er nicht«, erwiderte Stephan Fink mit abfällig heruntergezogenen Mundwinkeln. »Ich kenne genügend Menschen von der Sorte meines Bruders. In ihnen ist Haß und Rache. Aber es wird der Tag kommen, an dem sie der vollkommenen Liebe gegenüberstehen werden, doch die Gegenwart dieser vollkommenen Liebe werden sie nicht ertragen können, denn diese Liebe ist wie ein Licht, heller als die Sonne, und dieses Licht wird die, die im Dunkeln lebten, dorthin zurückschicken, wo sie herkamen, in die vollkommene Finsternis. Und dann wird jeder mit seinesgleichen zusammen sein. Dann wird jeder den Lohn bekommen, den er verdient. Die einen werden in der Herrlichkeit Gottes wohnen, die andern in der des Teufels, Satans, Luzifers. Wenn man in diesem Fall überhaupt von einer Herrlichkeit sprechen kann.«
    »Gut«, sagte Durant mit eisiger Kälte, »was haben denn Rosenzweig und Schönau verdient? Oder Ihr Vater? Was gibt es denn in der Vergangenheit dieser Männer, das einen Menschen dazu bringt, sie zu töten oder töten zu wollen?«
    »Hören Sie nicht zu – Neid! Und Haß! Haß auf jeden, der sein Auge auf die Herrlichkeit Gottes gerichtet hat, wozu derjenige selbst nicht in der Lage ist.«
    »Dann waren Rosenzweig und Schönau also absolut integre Männer, genau wie Ihr Vater, richtig?«
    »So wird es wohl sein.«
    »Was verstehen Sie denn unter integer?« fragte Durant weiter.
    »Nun, ich denke, der Begriff integer ist klar definiert. Aber wenn Sie es genau wissen wollen – integer bedeutet, aufrichtig und ehrlich zu sein und ein gottgefälliges Leben zu führen, wozu esnicht mehr bedarf, als nach den Zehn Geboten zu leben. Und ich weiß, jeder kann das schaffen.«
    »Was ist, wenn einer von ihnen Ehebruch begangen hat?«
    »Dann hat er eine schwere Schuld und

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